Gottes kleiner Finger - [Thriller]
hatte.
Aber die Desert Queen war immer noch an ihrem Platz.
Dann fiel ihr etwas anderes ein. Jaime! Als sie nach oben schaute, sah sie keinerlei Bewegung. Vor der Explosion hatte Jaime sich zehn, fünfzehn Meter vom Fahrstuhl entfernt am Rande des Turms befunden, aber jetzt war dort niemand mehr. Hatte die Druckwelle ...
Katharine wollte den Gedanken nicht bis zu Ende denken.
Beim nächsten Mal buche ich wirklich eine Pauschalreise, dachte sie wieder. Ich begreife nicht, dass ausgerechnet ich Lauri gezwungen habe, hierherzukommen. Wie blöd der Mensch doch manchmal sein kann, für diese Geschichte müsste ich eine Zipfelmütze und den Preis »Idiot des Jahres« bekommen. Katharine Henshaws Fröhliche Gruppenreisen, ja denkste. Es hätte mehr Sinn, eine Pauschalreise zum Beispiel bei Osama bin Laden zu buchen. Das wäre sicherer als das hier!
Beim nächsten Mal, dachte Katharine und machte sich wieder auf den Weg zum Cockpit der Desert Queen.
Kurz darauf war sie auf gleicher Höhe mit dem Cockpit. Die Scheibe mit dem Spinnennetz war nur noch zwei Meter entfernt. Aber sie konnte noch immer nicht hindurchsehen.
»Razia!«, rief Katharine. »Razia! Nersi! Raphaela!«
Sie bekam keine Antwort. Von niemandem.
Sind sie alle tot?, überlegte Katharine. Wie würde sie ohne Jaimes Hilfe in das Luftschiff gelangen? Jaime hätte sie näher heranziehen können, aber jetzt war sie offenbar auf sich selbst angewiesen, und zwar buchstäblich.
Moment mal, jetzt sehe ich bestimmt falsch, dachte Katharine. Denn einen Augenblick lang hatte sie aus dem Augenwinkel zu sehen gemeint, wie eine kleine Gruppe von Leuten, die vom Zaun her kamen, unter dem Dach des Gewächshauses verschwunden war. Mindestens sechs oder sieben, vielleicht noch mehr. Sie registrierte auch, dass die am Horizont erkennbaren Staubsäulen jetzt viel größer und höher waren als vorhin. Hier kann es bald ganz lebhaft werden, dachte sie.
Katharine schwang die Beine zum Luftschiff und dann wieder zurück, fort vom Luftschiff. Diese Bewegung wiederholte sie immer wieder, bis die Pendelbewegung sie bis zu den Fenstern des Cockpits brachte und sie gegen die Scheibe treten konnte. Die zerbrach nicht, bog sich aber einige Zentimeter nach innen.
Zum Glück war ich diesmal so schlau, Schuhe anzuziehen, dachte sie, holte wieder Schwung und trat kräftiger zu. Diesmal gab das Glas nach und fiel nach innen ins Cockpit. Einige Scherben, die sich von den Rändern gelöst hatten, spritzten zur Seite und stürzten mit zunehmender Geschwindigkeit abwärts. Katharine sah ihnen nicht nach, und sie hörte nicht das Geräusch, das entstand, als sie drei Kilometer weiter unten klirrend auf das Dach des Gewächshauses fielen. Einige Glasstückchen verblieben wie scharfe Zähne in den Fensterrahmen. Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht verletze, dachte sie.
Wieder holte Katharine Schwung und pendelte auf das Cockpitfenster zu. Sie bekam den Rahmen zu fassen, gerade bevor die Pendelbewegung sie wieder zurückgeführt hätte. Ein kleiner Glassplitter stach sie in die Hand, und sie spürte, wie das Blut ihr über die Finger rann. Aua, dachte sie. Vorsichtig hielt sie sich mit der anderen Hand an einer Stelle fest, wo keine Splitter waren. Dann zog sie sich weiter hinein und setzte die Füße auf den unteren Rand des Fensters.
Aber in der Sekunde, als sie mit ihrem ganzen Gewicht das Wrack betrat, sackte es einen bis anderthalb Meter ab, und sie hörte von oben ein schneidendes Knirschen.
Oh nein, dachte Katharine, was für ein Klischee, jetzt nicht auch noch das. Das ist nicht fair!
9
»Ich hab den Araber ins Bein geschossen, so wie du befohlen hast«, drang Sarah Birkins Stimme knasternd an Janets Ohr.
»Und die anderen?«, fragte Janet. »Sind sie umgekehrt?«
»Zwei bringen den Verwundeten fort, sechs kommen weiter in unsere Richtung. Soll ich sie auch außer Gefecht setzen?«
»Nein, lass sie kommen«, befahl Janet.
Janet brach das Gespräch ab. Ihr Telefon klingelte sofort wieder.
»Chefin, der Trupp kommt jetzt in die Nähe des Gewächshauses«, sagte Ulrich. »Wenn du willst, dass ich sie aufhalte, muss ich es jetzt tun.«
»Lass sie kommen. Wie verhalten sie sich?«
»Sehr zielstrebig. Sie kommen sehr schnell näher. Ich glaube, sie sind nicht am Gewächshaus interessiert. Ich glaube, sie wollen ihre Sprengladung am Fuß des Turms anbringen oder darin.«
Das glaube ich auch, dachte Janet.
»Schließ alle Luken der Turbinengehäuse«, sagte sie zu Keskitalo.
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