Gottes kleiner Finger - [Thriller]
mit diesen verdammten Kameltreibern auskennen, dachte Cheney gequält. Scheiße, Dick hatte recht, wir hätten nicht hierherkommen sollen.
»Ich meine das Ungeheuer, das gerade bei der Oase Siwa entsteht«, erklärte Cheney. »Das ist für uns ein großes Problem. Und wie ich glaube, wird es auch für euch ein großes Problem werden.«
»Warum willst du mit mir darüber sprechen? Und warum sagst du, dass der sogenannte Kleine Finger Gottes auch für uns ein Problem ist?«
Der Mann sprach gebrochen Englisch mit arabischem Akzent und wirkte nicht besonders interessiert. Cheney schwitzte immer heftiger in der brennenden Sonne.
»Wenn der Strompreis zusammenbricht, wer will dann noch zweihundert Dollar für ein Barrel Öl bezahlen?«, sagte er.
Der Mann rieb sich das Kinn. Cheney fand, dass er jetzt zum ersten Mal etwas neugierig wirkte.
»Hast du einen Vorschlag?«
»Wir schlagen ein taktisches Bündnis vor. Im Geist von Kautilya und Arthashastra. Der Feind meines Feindes und so weiter.«
Das Gesicht des Arabers verzog sich zu einem angespannten Lächeln.
»Du schlägst uns ... ein taktisches Bündnis mit der amerikanischen Großindustrie vor?«
Der Gedanke schien ihn höchlich zu amüsieren.
»Ist das denn so befremdlich?«, wunderte sich Cheney.
Der Araber lachte laut auf. Auch seine Begleiter grinsten. Dann wurden sie ernst.
»Wenn ihr uns helft, können wir zumindest die Kosten abdecken, die durch die Arbeit möglicherweise entstehen. Vielleicht auch etwas mehr.«
»Erklär das.«
Konzentriert hörte der Mann zu, als Cheney seinen Vorschlag erläuterte.
Dann fragte er:
»Warum macht ihr das nicht selbst?«
»Es ist besser, wenn die Attentäter so aussehen wie Einheimische«, erklärte Cheney. »Wenn Vertreter westlicher Konzerne Eigentum der ägyptischen Regierung zerstören, ist die Wirkung vielleicht nicht die gewünschte.«
Der Araber nickte.
»Ich verstehe, was du meinst. Aber warum sollte euer Atomkraftwerk für uns weniger nachteilig sein als Gottes Kleiner Finger?«
Wieder wischte sich Cheney den Schweiß von der Stirn.
»Wenn die Elektroautos nicht mit Öl konkurrieren können, dann bekommt ihr für den Rest eures Öls die zweihundert Dollar pro Barrel«, sagte er. »Vielleicht auch ein bisschen mehr. Sonst könnte ein großer Teil eures geliebten Öls sogar im Boden bleiben. Das Geld entscheidet.«
Der Araber sah Cheney ungläubig an und schüttelte den Kopf.
»Eine solche Frage kann ich nicht allein entscheiden«, sagte er dann. »Warte hier.«
Cheney blickte zu der am Himmel glühenden Sonne hinauf.
»Hier ist es verdammt heiß. Könnte ich nicht mit ins Zelt kommen?«
»Wenn du willst. Aber wenn du siehst, wer alles dort ist, müssen wir dich töten.«
»Das war doch bestimmt ein Witz?«, fragte Cheney leicht besorgt.
Das Gesicht des Arabers war wie versteinert.
»Dann bleibe ich vielleicht hier«, brummte Cheney.
Der Araber ging zu einem Zelt und hob den Stoff an, der die Türöffnung bedeckte. Im Inneren schwebte stark duftender, süßlicher Rauch. Dort hielt sich nur ein einziger Mann auf. Sein Gesicht war übersät von entstellenden Narben, und einer seiner Arme endete oberhalb des Ellbogens. Sein richtiger Name war Midhat Mursi al-Sayid Umar, aber die ganze Welt kannte ihn unter einem anderen Namen. Abu Khalib al-Masri war der Leiter der Abteilung, die bei al-Qaida für die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen zuständig war. Die Welt glaubte, er sei im Januar 2006 bei einem Angriff der amerikanischen Kampfflugzeuge auf das Dorf Damadola in der nordwestlichen Provinz Pakistans ums Leben gekommen. In Wirklichkeit hatte Al-Masri jedoch nur einen Arm verloren. Außerdem war seine Wirbelsäule gebrochen, und er hatte an verschiedenen Stellen in seinem Körper Metallsplitter, von denen man nur einen Teil hatte entfernen können.
»Was will er, Fouad?«, fragte al-Masri.
Al-Masri änderte seine Lage auf den Kissen. Die Bewegung war langsam und vorsichtig, aber trotzdem verzog sich sein Gesicht vor Schmerzen zu einer Grimasse. Fouad Badou sah seinen Chef mitfühlend an.
»Sie wollen unsere Hilfe«, antwortete er.
»Was meinst du damit?«, fragte al-Masri, und die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Al-Masri keuchte ein wenig, und Fouad wusste, dass das von den ständigen Schmerzen in den Verletzungen herrührte. Nicht einmal das Opium, das al-Masri fast pausenlos rauchte, konnte die Schmerzen im Zaum halten. Fouad wusste, dass al-Masri nur am Leben blieb
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