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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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und weiterlebte, um seine wichtigste Aufgabe zum Abschluss zu bringen. Sobald die Arbeit getan wäre, würde er gerne gehen. Der Tod würde für al-Masri in erster Linie die Befreiung von den endlosen Qualen bedeuten, die von den Verletzungen herrührten, die er in Damadola davongetragen hatte.
    »Sie wollen, dass wir ihnen helfen, die Bauarbeiten am Sonnenkraftwerk Wahat Siwah zu stoppen«, erläuterte Fouad. »Sie sind bereit zu zahlen. Viel Geld.«
    Al-Masris Miene wurde schwer durchschaubar. Er sagte nichts, sondern griff stumm nach seiner Pfeife. Fouad sah, wie diese Bewegung eine neue Welle von Schmerz in ihm auslöste. Al-Masris ganzer Körper krümmte sich gleichsam im eisernen Griff dieses Schmerzes zusammen. Als die Welle abebbte, stopfte al-Masri sich seine Pfeife mit Opium.
    »Sie bitten uns um Hilfe?«, sagte er schwärmerisch. »Das ist schwer zu glauben! Dass sie nicht verstehen, was wir planen. Obwohl al-Zarqawi in seiner Dummheit schon alles einem windigen jordanischen Journalisten ausgeplaudert hat.«
    Al-Masri zündete sich seine Pfeife an und sog probehalber eine kleine Menge Rauch ein.
    »Glaubst du, das ist eine Intrige?«, fragte Fouad.
    Al-Masri machte gierige Lungenzüge. Fouad sah, dass er allmählich Erleichterung spürte. Die Verkrampfung des Körpers ließ nach, und al-Masri entspannte sich. Sein Blick suchte das Schachbrett, das auf einem niedrigeren Diwan lag.
    Al-Masri stand auf, ohne sich um die Schmerzen zu kümmern, und schleppte sich zu dem Schachbrett hin. Er betrachtete es einen Augenblick lang und entfernte dann die beiden weißen Türme, die weiße Königin, einen Läufer und einen Springer.
    »Dies war es, wovon wir ausgegangen sind«, sagte al-Masri. »Wir waren sehr schwach, geschwächt von der langen Unterdrückung zuerst durch die Türken und dann durch die Briten. Wir sollten überhaupt keine Chance haben.«
    Ein müdes Lächeln flog über al-Masris von Narben und Furchen gezeichnetes Gesicht. Er nahm die schwarze Königin vom Brett, die beiden schwarzen Türme und einen der beiden schwarzen Springer.
    »Doch dann wendete sich unser Schicksal, und Gott schenkte uns die Schlüssel zum Sieg«, sagte al-Masri.
    Einen Augenblick lang klang er fast froh.
    Al-Masri sah, dass Fouad Badou ihn mit abgöttischer Verehrung im Blick ansah. Er wandte sich dem jungen Mann zu, und auf seinem Gesicht lagen plötzlich eine überraschende Wärme und Zärtlichkeit.
    »Also: Was genau schlagen sie vor?«, fragte al-Masri.

7
    Frau Schrader hatte das Schachbrett aufgeklappt und stellte die Spielfiguren auf ihre Plätze.
    »Wir haben schwere Fehler gemacht«, sagte sie. »Zu viele schlechte Züge. Afghanistan. Der Irak. Wir haben dem Iran mit Krieg gedroht. Und Kaschmir, im Oktober 2005. Das ist möglicherweise unser größter Fehler gewesen.«
    Lauri sah Schrader interessiert an, denn er war in dieser Sache völlig derselben Meinung. Nachdem am zweiten Weihnachtstag der Tsunami die Küsten von Indonesien, Indien, Sri Lanka und Thailand heimgesucht hatte, streuten die westlichen Länder Milliarden von Euro über dem Gebiet aus, obwohl nur ein Teil des Geldes sinnvoll hatte verwendet werden können. Als aber hunderttausend Muslime in Kaschmir zu Tode kamen und drei Millionen andere im Winter am Himalaja zu erfrieren drohten, erregte das nur wenig Interesse. Die Hilfe der westlichen Länder war gering und kam nur schleppend in Gang. Jamaat-al-Dawa, Jamaat-e-Islami, Khuddam-ul-Islam und viele andere, al-Qaida nahestehende Organisationen kamen von den Bergen herab. Sie unterstützten die Opfer des Erdbebens mit Nahrungsmitteln und Kleidung und halfen ihnen, sich vor dem Winter Unterkünfte zu bauen.
    Dasselbe Erdbeben hatte auch die Reihen von Gaszentrifugen der Forschungslabors von Khan in Kahuta zerstört. Lauri wusste, dass die Regierung Musharraf, als sie das nächste Mal eine Bestandsaufnahme des in Kahuta produzierten hoch angereicherten Urans machte, nur achtzig von insgesamt hundertzwanzig Tanks lokalisieren konnte. Einige der verschwundenen Tanks hatten die Größe eines Pkw gehabt. Die meisten waren sicherlich an die Kundenstaaten Pakistans verkauft oder zum Bau von fertigen, bereits in den Export gegangenen Kernwaffen benutzt worden. Aber waren einige der Tanks vielleicht in noch gefährlichere Hände gelangt? Niemand außerhalb Pakistans wusste das.
    »Wir müssen sicherlich davon ausgehen, dass einige der HEU-Tanks von Kahuta der al-Qaida in die Hände gefallen sind«, sagte Schrader.

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