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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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»Nicht wahr?«
    »Das ist gut möglich«, räumte Lauri ein.
    Die weißen Figuren standen jetzt alle an ihrem Platz, in zwei Reihen, vorn die Bauern und dahinter die schönen, nach indischer Art stilisierten Offiziere. Schrader stellte die schwarzen Figuren auf die Spielfelder am anderen Ende des Schachbretts.
    »Und dann noch die Krawalle von Gujarat«, erinnerte ihn Schrader.
    »Genau«, sagte Lauri trocken.
    Die Aktivisten von Vishwa Hindu Parishad hatten Hunderten von muslimischen Frauen die Kleider vom Leib gerissen, sie vergewaltigt, ihnen Kerosin in den Hals gegossen und sie angezündet. Die Botschaft an die hundertfünfzig Millionen Muslime Indiens hätte nicht deutlicher ausfallen können. Unterwerft euch! Unterwerft euch dem Gedanken, dass ihr künftig sogar noch unter den kastenlosen Hindus steht. Gebt das zu, denn ihr habt jetzt gesehen, wie es euren Frauen, Töchtern und Müttern ergeht, wenn ihr das nicht akzeptiert.
    »Wir hätten über Gujarat ein internationales Handelsembargo verhängen sollen«, erklärte Schrader. »Und dafür sorgen, dass die Schuldigen vor Gericht gestellt werden. Aber wir haben nichts getan.«
    Wir hatten vielleicht gerade damals etwas anderes zu bedenken, überlegte Lauri. Aber vielleicht war das keine Entschuldigung.
    »Machen wir ein Spiel?«, fragte Schrader und deutete auf das Schachbrett.
    »Warum nicht«, willigte Lauri ein.
    »Schwarz oder weiß?«
    »Na, vielleicht eher weiß.«
    Lauri eröffnete klassisch, indem er den Läufer und die Dame freisetzte.
    »Die ursprünglichen Ziele von al-Qaida waren eigentlich noch recht bescheiden, nicht wahr?«, fragte Schrader. »Oder was meinen Sie?«
    Sie zog den links von seiner Dame stehenden Bauern.
    »Die christlichen Soldaten raus aus dem Heiligen Land und den Ölpreis auf einhundertfünfzig Dollar das Barrel«, sagte Schrader. »Klingt denn das nun immer noch so schrecklich? Jetzt? Vielleicht hätten wir doch einwilligen sollen. Oder uns zumindest auf Verhandlungen einlassen.«
    Lauri verschob seinen Läufer, Schrader einen weiteren Bauern.
    »Das wäre vielleicht sinnvoll gewesen«, bestätigte Lauri.
    Lauri sah, dass Katharine ihr Spiel interessiert verfolgte. Er stellte seine Dame auf ein Feld, von dem aus sie Schraders König bedrohen konnte. Schrader wehrte seinen Angriff ab, indem sie ihren zweiten Springer in den Kampf warf.
    »Wir dachten, es sei das Beste, auf Gewalt mit Gewalt zu antworten«, erklärte Schrader. »Ihnen ist sicherlich bekannt, dass al-Qaida ursprünglich plante, zwei Kernkraftwerkkomplexe zu attackieren und nicht das Pentagon und die Doppeltürme? Schach.«
    »So ist es«, murmelte Lauri.
    Er musste seinen König in Sicherheit bringen.
    »Sie wissen wahrscheinlich, warum sie ihre Pläne geändert haben?«, fragte Schrader.
    Sie holte auch ihren zweiten Springer auf das Spielfeld. Lauri erkannte, dass sie schon einen neuen Angriff vorbereitete. Verdammt noch mal, Schrader spielte ein wirklich aggressives und hartes Spiel. Na, so etwas hätte man von der Geschäftsführerin eines großen multinationalen Unternehmenskonsortiums vielleicht auch erwarten können.
    »Ich habe gelesen, was sie selbst dazu behaupten«, sagte Lauri. »Sie haben ja kein Geheimnis daraus gemacht.«
    Lauri wusste, dass nach Ansicht von al-Zawahiri und den anderen Führern der alten Garde von al-Qaida ein Angriff gegen Atomkraftwerke falsch gewesen wäre, weil der genaue Umfang der davon verursachten Vernichtung nicht zuverlässig eingeschätzt werden konnte.
    Ihrer Meinung nach hatte al-Qaida nur das Recht, vier oder höchstens sechs Millionen Amerikaner zu töten. Nur einen Amerikaner für jeden Muslim, dessen Tod ihrer Meinung nach die Vereinigten Staaten zu verantworten hatten.
    »Wahrscheinlich wissen Sie auch, was die Anführer der neuen Generation zu dem Thema geschrieben haben?«, fragte Schrader. »Al-Suri und al-Zarqawi und diejenigen, die nach ihnen kamen?«
    »Ich habe ihre Texte gelesen«, bestätigte Lauri.
    Schrader schlug mit ihrer Dame einen von Lauris Bauern.
    »Schach«, sagte sie. »Macht einem das nicht ein wenig Angst?«
    »Abgesehen davon, dass sie so etwas natürlich nicht tun können.«
    Lauri schützte seinen König mit einem Springer. Schrader antwortete darauf, indem sie den Springer mit ihrem Läufer schlug. Oh Shit, dachte Lauri, das wird böse enden.
    »Sind Sie sich da ganz sicher?«, fragte Schrader.
    Lauri zuckte die Achseln und breitete die Hände aus.
    »Wie sollten sie das denn

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