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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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andere potentielle Unternehmer machen.«
    »Wir machen es so, wie du willst«, sagte Fouad. »Das heißt, falls wir den Job übernehmen. Bisher haben wir noch keine Auftragsarbeiten ausgeführt.«
    »Ihr solltet in Erwägung ziehen, solche Aufträge in größerem Umfang zu übernehmen«, spornte ihn Brunel an. »Auf diesem Gebiet gibt es sozusagen eine große Marktlücke.«
    Jetzt, wo Nurmi aus Siwa fort ist, liegt die gesamte Verteidigung der Baustelle wieder in den Händen der kleinen Kendall, dachte Brunel. Und die ist, wie man hört, nichts als ein zitterndes, nur allzu schnell losballerndes Nervenbündel. Jetzt ist der richtige Augenblick zum Handeln. Aber hol’s der Teufel, wenn jetzt noch etwas aus dem Ruder läuft, dann wird die ganze Geschichte zu einem absoluten Albtraum.

8
    Das im hellen Licht der Mondsichel badende Erg ist wirklich wie ein Meer, dachte Lauri. Wie ein uferloses Meer mit erstarrten Wellen. Er wusste, dass dieser Gedanke weder originell noch neu war, aber er konnte sich dieser Vorstellung nicht erwehren.
    Obwohl sich in Wirklichkeit die Dünen natürlich bewegten. Sie wanderten unaufhörlich vorwärts, indem sie einander unruhig jagten und sich übereinanderwälzten. Sie wanderten über das ganze große Sandmeer, in endloser, ruhiger Bewegung so wie die Wellen eines richtigen Ozeans. Nur war ihre Bewegung viel langsamer als die der Meereswellen, sodass das Auge und der Geist des Menschen sie nicht beobachten konnten.
    Wenn der Wind eine gewisse Stärke erreicht hatte, führte er kleine Quarzstückchen mit sich, die man Sandkörner nannte. Lauri wusste aus Erfahrung, dass man den Tanz der Sandkörner oft hören konnte. Das war ein seltsames, nahezu gespenstisches Zischen. Manchmal, bei starkem Wind, hörte es sich an wie tiefes Trommeln oder Dröhnen. Die Tuareg sagten, Raoul, der große Trommler des Todes, wandere inmitten der Sandstreifen. Wenn der Wind stark genug war, trieben die Quarzteilchen hüpfend und springend über die Wüstenoberfläche, bis der ganze gewaltige Sandhügel ein paar Tage oder Wochen später an eine andere Stelle gewandert war. Nur das Sandmeer blieb an seinem Platz, die einzelnen Dünen nicht.
    Der über ihnen strahlende Sternenhimmel war ein frappierender Anblick, und die schaukelnde Bewegung der Kamele hypnotisch und beruhigend. Die Landschaft wirkte ewig, und es war kaum zu glauben, dass das Sandmeer in seiner gegenwärtigen Form erst ein paar Tausend Jahre alt war. Früher waren die Dünen von Vegetation bedeckt gewesen, und die Graswurzeln hatten den Sand festgehalten. Im Verlauf von Jahrmillionen hatte das Sandmeer natürlich immer wieder einmal im Wesentlichen so ausgesehen wie jetzt. Und irgendwann in der Zukunft würde es bei feuchterem Klima wieder die umgekehrte Metamorphose erleben und zu einer hügeligen Grassteppe werden. Die Dünen würden, gehalten von zartem Gras und dessen in den Sand vordringenden Wurzelmassen, stehen bleiben.
    Als die Sonne hinter den Sandsteinbergen versunken war, fiel die Temperatur erstaunlich schnell. Über Mittag hatte sie mindestens vierzig Grad betragen, aber jetzt schwitzte Lauri nicht mehr, sondern zitterte vor Kälte. Seine geheimnisvolle, schwarz gekleidete Begleiterin bemerkte, wie unwohl Lauri sich fühlte, und brachte ihr Kamel zum Stehen. Sie entnahm ihrer Satteltasche einen dunkel türkisfarbenen Wollumhang und einen dazugehörigen Gürtel.
    »Er steht dir gut«, sagte die Frau, nachdem Lauri das Gewand übergestreift hatte. »Als stammtest du von hier.«
    Davon abgesehen hatte die Frau drei oder vier Stunden lang kaum ein Wort gesprochen.
    Die Gefährten der Frau waren nach Süden gezogen, während sie selbst die nördliche Richtung zu dem weit nach Libyen hinüberreichenden Westlichen Sandmeer eingeschlagen hatten. Lauri begriff, dass, wenn sie nur lange genug dieselbe Richtung beibehielten, sie schließlich direkt zu Gottes Kleinem Finger kämen.
    Ihre stolzen Meharikamele waren langbeinig und schnell, und sie hatten in wenigen Stunden einen erstaunlich langen Weg zurückgelegt. Zunächst war es Lauri kaum glaublich erschienen, dass ein Kamel in der Sandwüste schneller sein sollte als ein moderner Geländewagen, aber bald schon zweifelte er nicht mehr an den Worten der Frau. Der Dünensand war stellenweise von einer harten Kruste bedeckt. Besonders dann, wenn sie dem Grat der Dünen folgten, kamen sie oft weite Strecken voran, ohne dass die Füße der Kamele spürbar im Sand versanken. Auch an den Hängen

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