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Gottes Tochter

Gottes Tochter

Titel: Gottes Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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brannte Licht. Manche Frauen trugen Pelzjacken und Pelzmützen. Die Farbe der Giebelhäuser war kaum von der der Plattenbauten zu unterscheiden. Ein eisiger Ostwind trieb verfaultes Laub und Papier über das Kopfsteinpflaster. Es war, als wäre der Winter gegangen und hätte nur Ekel zurückgelassen.
    »Glauben Sie, Ihre Kollegen sagen Ihnen, was sie wirklich wissen?«, fragte Marlen und blinzelte gegen den scharfen Wind.
    »Nicht freiwillig«, sagte Süden.
    »Sagen Sie es mir, wenn Sie was rausgekriegt haben?«
    »Wem denn sonst?«
    Sein Lächeln erleichterte sie kurz. Sie wandte sich zum Gehen, da hörte sie in ihrer Tasche ein Klingeln. Sie holte das Handy heraus.
    »Hallo, Hanna!«, sagte sie und zu Süden: »Bis später.«
    »Bis später.« Er ging auf ein Taxi zu, das in der Nähe einer Bushaltestelle wartete, und wandte sich noch einmal um. Marlen, die ihm hinterhergesehen hatte, drehte ihm mit einer hastigen Bewegung den Rücken zu.

26
    » H ast du einen Streuselkuchen im Kopf!«, sagte der Mann im dunkelgrünen Rollkragenpullover voller Wut, packte Julikas Arm und zerrte sie in die Küche, in der es nach Fisch roch. »Ich hab euch verboten, auch nur den Kopf aus dem Fenster zu strecken! Was glaubst du denn, was mein Chef mit mir macht, wenn er mitkriegt, dass ich euch da illegal untergebracht hab! Verdammt verdammt verdammt!«
    »Wir sind nicht illegal«, sagte Julika.
    »Was denn sonst, du?«, schrie der Mann und blickte nervös zur Tür. »Was willst du denn? Mandy kommt jeden Moment, außerdem hat mein Sohn angerufen, der will mich sprechen. Du weißt, was heut Nacht passiert ist, weißt du das?«
    »Ja.«
    »Und? Wars so, wie mein Sohn mir erzählt hat? Wars so?«
    »Ich weiß nicht, was Ihr Sohn Ihnen erzählt hat.«
    »Stell dich nicht so dumm! Du gehst doch aufs Gymnasium! Lernt man da nicht denken bei euch? Hat Rico Steffen umgebracht? Ja?«
    »Nein.«
    »Hat er das behauptet?«
    »Ja.« Sie war eine erfahrene, gut ausgebildete Lügnerin.
    »Du lügst doch!«, sagte er.
    »Nein«, sagte sie. »Ich möcht eine Pistole von Ihnen kaufen, Sie haben gesagt, Sie hätten eine. Die möcht ich.«
    »Bist du besoffen, Mädchen? Verschwinde hier, geh zurück in den Bungalow und lass dich ja nicht am Fenster blicken! Verdammt!« Er horchte. Sein Gesicht war dunkelrot, und der Fischgeruch in der Küche vermischte sich mit den Ausdünstungen von Alkohol, die um den dicken Körper des Mannes waberten.
    »Ich geb Ihnen fünfhundert Euro.«
    »Verschwinde!«
    »Fünfhundert Euro, davon können Sie sich leicht eine neue Pistole kaufen, wahrscheinlich sogar zwei.«
    Der Mann holte eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und öffnete sie mit einem grünen Plastikfeuerzeug. Er trank die halbe Flasche in einem Zug aus, gab ein brummendes Geräusch von sich und schaute auf die rechteckige Uhr, die über der Durchreiche zur Gaststube hing. Es war zwanzig nach zehn am Vormittag.
    »Wo ist er?«, fragte der Mann.
    »Weg«, sagte Julika.
    »Die Polizei wird herkommen.«
    »Wir sind überhaupt nicht da.«
    »Die Polizei wird kommen, weil die werden rausfinden, dass Rico früher schon öfter hier war.«
    »Ach so«, sagte Julika. Rico hatte ihr erzählt, dass er sich manchmal mit Rosa in einer der Holzhütten getroffen hatte, wenn hier wenig los war. Das war zu der Zeit, die sie nichts anging.
    »Die werden die Bungalows durchsuchen, jeden einzelnen.«
    »Wir fahren heute Nacht weg«, sagte Julika.
    »Ihr fahrt weg«, sagte der Mann und trank den Rest aus der Flasche und stellte sie auf den Tisch zu den abgespülten Tellern und Gläsern. »Und wo fahrt ihr hin?«
    »Weg.«
    »Und womit? Kauft ihr euch vorher ein Auto?«
    »Rico leiht sich eines aus.«
    »Der kann doch gar nicht fahren!«
    »Er hat einen Führerschein.«
    »Aber er hat kein Auto, Mädchen! Der hat nie ein Auto gehabt, der hat den Führerschein umsonst gemacht.«
    »Jetzt kann er ihn gebrauchen«, sagte Julika, griff in die Tasche und zog Geldscheine heraus. Sie legte sie nebeneinander auf den Tisch, vor das Geschirr.
    »Fünfhundert. Die Pistole und Munition.«
    »Waffenbesitz ist illegal«, sagte der Mann. »Und ihr seid schon illegal genug.«
    »Ich bezahle dafür«, sagte Julika. »Brauchen Sie das Geld nicht?«
    »Wenn die Polizei rausfindet, dass ich euch auch noch eine Waffe verkauft hab, bin ich den Job los. Und darauf hab ich keine Lust. Einen anderen find ich nämlich nicht mehr. Und jetzt verschwinde endlich!«
    »Von wem soll die Polizei was erfahren?

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