Gottes Werk und Teufels Beitrag
Saison ist für Äpfel, Kinder«, sagte Wally. »Oder für Cider. Ihr alle könntet etwas Cider vertragen!« sagte er fröhlich, während er die Honigtöpfe verteilte und das Holzapfel- und Cidergelee. Gierige schmutzige Hände griffen zu. Mary Agnes Cork, die zweitälteste Waise in der Mädchenabteilung, bekam mehr, als ihr zustand. (Melony hatte sie gelehrt, wie man sich an die Spitze einer Schlange vorarbeitet.) Mary Agnes war einer von Mrs. Grogans Lieblingsnamen, und Cork war die Grafschaft in Irland, wo Mrs. Grogan geboren war. Es gab eine ganze Reihe kleiner Corks in der Mädchenabteilung.
»Es ist genug da für alle«, sagte Wally optimistisch, während Mary Agnes zweimal Honig und einmal Holzapfel in ihre Bluse schob – und mehr verlangte. Ein Junge namens Smoky Fields hatte seinen Krug Cidergelee geöffnet und aß es mit der Hand aus dem Krug. »Eigentlich ist es am besten am Morgen auf Toast«, sagte Wally mahnend, aber Smoky Fields starrte Wally an, als ob Toast kein regulärer Bestandteil seiner Diät, kein normaler Artikel auf seinem Speiseplan wäre oder am Morgen nicht verläßlich zu haben. Smoky Fields wollte den Krug Gelee sofort an Ort und Stelle aufessen. Mary Agnes erspähte eine horngeränderte Haarspange auf dem Rücksitz des Cabriolets – es war eine, die Candy beiseite gelegt hatte. Mary Agnes wandte sich zu Candy um und ließ einen zweiten Krug Holzapfelgelee vor Candys Füße fallen.
»Huch«, sagte Candy und bückte sich, um das Gelee für sie aufzuheben, während Mary Agnes die Haarspange klaute – und der kleine John Walsh ihre geschickten Handgriffe bewunderte. Eine Spur Blut, oder vielleicht Rost, auf Mary Agnes’ nacktem Schienbein zog Candys Blick auf sich, und ihr wurde übel; sie mußte sich beherrschen, um nicht ihren Finger anzufeuchten und den Streifen abzurubbeln. Als sie sich aufrichtete und dem Mädchen seinen Krug Gelee reichte, schwindelte es Candy ein wenig. Mehrere Erwachsene kamen aus dem Eingang des Spitals, und ihre Anwesenheit half Candy, ihre Fassung wiederzuerlangen: Ich bin nicht gekommen, um mit den Kindern zu spielen, dachte sie.
»Ich bin Dr. Larch«, sagte der alte Mann eben zu Wally, der gebannt beobachtete, wie gierig Smoky Fields den Krug voll Cidergelee verschlang.
»Wally Worthington«, sagte Wally und schüttelte Dr. Larchs Hand und überreichte ihm einen Krug von Ira Titcombs Honig. »Frisch aus den Ocean-View-Obstgärten. Das liegt in Heart’s Rock, aber wir sind ganz nah an der Küste – wir sind beinah in Heart’s Haven.«
»Heart’s Haven?« sagte Wilbur Larch und musterte den Honig. Eine Seebrise schien von dem Jungen auszugehen – so unverkennbar wie knisternd neue Hundertdollarscheine. Wessen Gesicht war doch eben auf einem Hundertdollarschein?, überlegte Larch.
»Sag’s ihr«, sagte Curly Day zu Homer Wells und deutete auf Candy, aber das Deuten wäre nicht nötig gewesen. Homer hatte sie gesehen, und nur sie, seit dem Augenblick, als er aus der Spitalpforte aufgetaucht war. Klein Copperfield umklammerte ihr Bein, aber dies schien ihren Liebreiz nicht zu vermindern – und nichts konnte ihr Strahlen beeinträchtigen. »Sag ihr, ich bin der Beste«, sagte Curly zu Homer.
»Hallo«, sagte Candy zu Homer, weil er die größte Person war, die anwesend war. Er war so groß wie Wally. »Ich bin Candy Kendall«, sagte sie zu ihm. »Ich hoffe, wir stören nicht bei irgend etwas.« Ihr stört bei zwei Abtreibungen, einer Geburt, einem Todesfall, zwei Autopsien und einem Streit, dachte Homer Wells, aber das einzige, was er sagte, war: »Er ist der Beste.« Zu automatisch! dachte Curly Day. Er hat nicht genug Überzeugungskraft!
»Ich«, sagte Curly Day und trat zwischen sie. »Er meint mich. Ich bin der Beste.«
Candy beugte sich über Curly und zauste sein klebriges Haar. »Natürlich bist du das«, sagte sie fröhlich. Und sich wieder aufrichtend, sagte sie zu Homer: »Und Sie arbeiten hier, oder sind Sie einer von …« War es höflich, zu sagen, von ihnen? fragte sie sich.
»Nicht eigentlich«, murmelte Homer und dachte: Ich arbeite hier uneigentlich, und ich bin uneigentlich einer von ihnen.
»Sein Name ist Homer Wells«, sagte Curly zu Candy, weil Homer versäumt hatte, sich vorzustellen. »Er ist zu alt, um adoptiert zu werden.«
»Das sehe ich!« sagte Candy und wurde verlegen. Ich sollte mit dem Arzt reden, dachte sie verwirrt; sie ärgerte sich über Wally, weil er solch einen Menschenauflauf verursacht hatte.
»Ich bin
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