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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Debra zusammen den Tanzkurs zu besuchen; wenn sie den Fred-Astaire-Film sehen wollte, dachte Homer, so konnte sie mit jemand aus ihrem Tanzkurs hingehen. Und es wurde allmählich zu kalt, um einfach zum Strand hinunterzufahren und dort zu parken. Olive war großzügig und ließ ihn den Lieferwagen benutzen. Bald würde die Benzinrationierung kommen und damit, wie Homer glaubte, ein willkommenes Ende all dieses rastlosen Umherfahrens.
    Er fuhr Debra Pettigrew hinaus zum Lunapark-Gelände von Cape Kenneth. Im Mondlicht ragte das verlassene, unbeleuchtete Riesenrad auf wie eine Abschußrampe für den ersten Raketenstart der Welt oder wie das Gerippe einer Spezies aus Dinosaurierzeiten. Homer versuchte Debra von Mr. Roses Messerkünsten zu erzählen, doch sie hatte ihr Herz an Fred Astaire gehängt; er hatte Besseres zu tun, als eine gute Geschichte an sie zu verschwenden, während sie schmollte. Sie fuhren zum Autokino von Cape Kenneth, das »für die Saison geschlossen« war; es schien, als besuchten sie noch einmal die Schauplätze einer Romanze, die andere Leute erlebt hatten – nicht sie selbst und nicht erst letzten Sommer.
    »Ich weiß nicht, was du gegen das Tanzen hast«, sagte Debra.
    »Ich auch nicht«, sagte Homer Wells.
    Es war immer noch früh, als er Debra zu ihrem Winterhaus in Kenneth Corners fuhr; dieselben grimmigen Hunde vom Sommer waren da, ihr Fell dichter geworden, ihr heißer Atem in Eistropfen an ihren Schnauzen erstarrt. Vorher hatten Debra und Homer ins Auge gefaßt, das Sommerhaus am Drinkwater-See für eine klitzekleine Party zu nutzen; das Haus war ungeheizt, und sie hätten kein Licht anmachen können, sonst hätte irgend jemand einen Einbruch oder Diebstahl angezeigt; doch trotz solcher Unannehmlichkeiten wäre es natürlich aufregend gewesen, ohne Anstandsbegleitung zu sein. Wieso? fragte sich Homer Wells. Er würde sowieso nicht an Debra Pettigrew herankommen – selbst wenn sie eine doppelte Vagina hätte. Nach dem langweiligen Freitagabend und als der Atem der Hunde sich jetzt an der Fensterscheibe auf der Fahrerseite des Lieferwagens niederschlug, war natürlich keine Rede mehr von so einer verlockenden kleinen Party für den Abend.
    »Also, was machen wir morgen abend?« fragte Debra seufzend.
    Homer beobachtete einen Hund, der seinen Außenspiegel benagte.
    »Ach, ich bin mit Candy verabredet – sie ist aus Camden zurück«, sagte Homer. »Ich habe sie kein einziges Wochenende gesehen in diesem Herbst, und Wally bat mich, auf sie aufzupassen.«
    »Du wirst sie ohne Wally sehen?« fragte Debra.
    »Richtig«, sagte Homer. Der Lieferwagen war so stumpfnasig, daß die Hunde sich direkt gegen die Windschutzscheibe werfen konnten, ohne über die Motorhaube klettern zu müssen. Die Pfoten eines großen Hundes harkten einen der Scheibenwischer von der Windschutzscheibe und ließen ihn krachend zurückschnellen; er schien verbogen und würde die Glasoberfläche nicht mehr richtig berühren.
    »Du wirst sie allein sehen«, sagte Debra.
    »Oder mit ihrem Daddy«, sagte Homer.
    »Klar«, sagte Debra Pettigrew und stieg aus dem Lieferwagen. Sie ließ die Tür ein bißchen zu lange offen. Ein Hund mit dem spatenförmigen Kopf eines Dobermanns stürzte sich in die offene Tür; er war halb im Lieferwagen, sein mächtiger Brustkasten drückte gegen den Beifahrersitz, seine vereiste Schnauze geiferte über dem Schaltgehäuse, als Debra ihn am Ohr packte und ihn aus dem Lieferwagen herauszerrte.
    »Bis dann«, sagte Homer Wells leise – nachdem die Tür zugeknallt war und er den schaumigen Geifer des Hundes vom Schaltknüppel abgewischt hatte.
    Er fuhr zweimal an Kendalls Hummerbassin vorbei, wo ihm aber nichts zu verraten schien, ob Candy zu Hause war. Wenn sie fürs Wochenende nach Hause kam, nahm sie den Zug; dann fuhr Ray sie am Sonntag zurück. Ich werde sie morgen, am Sonnabend, anrufen, dachte Homer.
    Als Candy sagte, daß sie den Fred-Astaire-Film sehen wolle, hatte Homer keine Einwände. »Ich wollte ihn immer schon sehen«, sagte er. Bath war schließlich nur eine knappe Stunde entfernt.
    Auf der Brücke über den Kennebec River sahen sie ein paar große Schiffe im Wasser, und ein paar mehr auf dem Trockendock; die Schiffswerften von Bath lagen ausgebreitet an der Küste – ein rhythmisches Hämmern und andere Eisengeräusche erklangen sogar am Samstag. Sie waren viel zu früh für den Film und machten sich auf die Suche nach einem italienischen Lokal, von dem Ray ihnen erzählt hatte

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