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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Sie waren ein junges Paar, das Antiquitäten kaufte, restaurierte und wieder verkaufte; und sie waren zu aktiv in ihrem Geschäft, um für ein kleines Kind zu sorgen, hatten aber viel Energie, die sie an Wochenenden und an den Abenden einem älteren Kind widmen konnten. Die junge Frau hatte einer kleinen Schwester sehr nahegestanden; sie war »hingerissen von Mädchengesprächen«, wie sie Dr. Larch erzählte. (Anscheinend hatte die kleine Schwester einen Ausländer geheiratet und lebte nun im Ausland.)
    Und Wilbur Larch hatte ein gutes Gefühl wegen Bath; er hatte mit dem Pathologen des Spitals von Bath stets einen freundlichen Briefwechsel geführt; von dort war die gute alte Clara gekommen. Und darum schien es ihm völlig in Ordnung, daß Mary Agnes Cork nach Bath gegangen war.
    Mary Agnes hing an ihrem Namen und durfte ihn sogar behalten, nicht nur das Mary Agnes, sondern auch das Cork. Immerhin waren sie ja Callahans; Cork vertrug sich mit Callahan, nicht wahr? Es klang ein wenig modern für Mrs. Grogans Geschmack, obwohl sie sich insgeheim über die Vorstellung freute, daß sie jemand einen Namen für immer gegeben hatte.
    Ted und Patty Callahan wollten, daß Mary Agnes Cork sie als Freunde betrachtete. Als ersten Freundschaftsbeweis nahm das junge Paar Mary Agnes in ihren ersten Kinofilm mit. Sie waren ein sportliches Paar und wohnten ihrer Meinung nach so nah beim Kino von Bath, daß sie zu Fuß hingehen konnten; es war ein langer Spaziergang, auf dem Ted und Patty ein paar grundlegende Unterschiede zwischen Foxtrott und Walzer demonstrierten. Der dezemberliche Bürgersteig war matschig, aber Ted und Patty wollten Mary Agnes ein wenig auf das Sinnbetörende an Fred Astaire einstimmen.
    Vom Kennebec wehte ein feuchter, schneidender Wind, und Mary Agnes spürte ihr Schlüsselbein; wenn sie mit den Callahans mitzutanzen versuchte, fühlte die alte Verletzung sich locker an, pochte und wurde taub. Der Bürgersteig war so glitschig, daß sie beinah stürzte und sich gerade noch am Kotflügel eines schmutzigen grünen Lieferwagens abfangen konnte. Patty bürstete ihr den Mantel ab. Leute standen vor dem Lichtspieltheater und kauften im schwindenden Licht Billetts. Auf der Schiebetür des Lieferwagens erkannte Mary Agnes Cork das Apfelmonogramm wieder – das w. w. und das ocean view. Zum erstenmal hatte sie dieses Emblem an einem Cadillac gesehen – mit einer Schlange hungriger Kinder davor; sie erinnerte sich an dieses schöne Mädchen, das abseits stand, und diesen schönen Jungen, der die Leckereien verteilte. Sie sind hier! dachte Mary Agnes, diese schönen Menschen, die Homer Wells mitgenommen hatten! Vielleicht war Homer noch immer bei ihnen. Mary Agnes begann sich umzuschauen.
    Homer und Candy hatten kein Glück und fanden das italienische Lokal nicht, das Ray ihnen empfohlen hatte; sie fanden zwei oder drei italienische Lokale, die allesamt Pizza und Meeresfrüchte-Sandwiches und Bier servierten und die allesamt so überlaufen waren von den Werftarbeitern, daß es keine Sitzplätze mehr gab. Sie hatten im Lieferwagen Pizza gegessen und waren frühzeitig vor dem Kino eingetroffen.
    Als Homer Wells vor dem Billettschalter seine Brieftasche öffnete, wurde ihm klar, daß er noch niemals im Freien – im Winterwind – seine Brieftasche geöffnet hatte. Er drehte den Rücken gegen den Wind, aber trotzdem flatterten die losen Banknoten; Candy schirmte mit ihren Händen seine Brieftasche ab, als wollte sie ein bedrohtes Flämmchen vor dem Verlöschen bewahren, und kam so dazu, ihr eigenes, sorgsam gehütetes Schamhaar aufzufangen, als es aus Homers Brieftasche fortgeweht wurde und am Ärmelaufschlag ihres Mantels hängenblieb. Beide griffen sie danach (und Homer ließ die Brieftasche fallen), aber Candy war schneller. Vielleicht entflatterten einige der feinen blonden Haare im Wind, doch Candy hielt das Büschel fest – und Homers Hand schloß sich sofort um die ihre.
    Sie traten zurück von dem Billettschalter; eine kleine Schlange rückte an ihnen vorbei in das Lichtspieltheater. Candy hielt weiter ihr Schamhaar fest, und Homer ließ ihre Hand nicht los – er wollte nicht, daß sie ihre Hand öffnete und nachschaute, was sie da umklammert hielt; das war auch nicht nötig. Candy wußte, was sie in der Hand hatte; sie sah es an Homers Gesichtsausdruck – und hatte das Schamhaarbüschel längst erkannt.
    »Ich würde gerne einen Spaziergang machen«, flüsterte sie.
    »Richtig«, sagte Homer Wells, ohne ihre

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