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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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dem Krieg«, fing Candy an.
    »Doktor Larch macht es?« fragte Angel seinen Vater.
    »Richtig«, sagte Homer Wells. Er wollte Angel und Rose Rose möglichst bald in den Zug nach St. Cloud’s setzen; bei all den »Beweisen«, die dem Treuhänderausschuß vorlagen, wußte Homer nicht, wieviel Zeit Dr. Larch noch zum Praktizieren bleiben würde.
    »Ich werde Doktor Larch gleich anrufen«, sagte Homer. »Wir setzen dich und Rose Rose in den nächsten Zug.«
    »Oder ich könnte sie mit dem Cadillac fahren«, sagte Wally.
    »Es ist viel zu weit für dich, um mit dem Auto zu fahren«, sagte Homer zu ihm.
    »Baby-Rose kann hierbleiben, bei mir«, sagte Candy.
    Sie beschlossen, daß es am besten wäre, wenn Candy zum Ciderhaus fuhr und Rose Rose und ihr Baby ins Haus holte. Mr. Rose könnte Streit anfangen mit Rose Rose, wenn Angel in der Nacht auftauchte und Rose Rose und das Baby mitnehmen wollte.
    »Mit mir wird er nicht streiten«, sagte Candy. »Ich werde einfach sagen, ich hätte eine Menge alter Babysachen gefunden und Rose Rose würde das Baby einkleiden mit allem, was ihm paßt.«
    »Mitten in der Nacht?« sagte Wally. »Um Gottes willen, Mr. Rose ist doch kein Narr.«
    »Ist mir egal, ob er mir glaubt«, sagte Candy. »Ich will nur das Mädchen und das Baby dort herausholen.«
    »Ist es denn so eilig?« fragte Wally.
    »Ja, ich fürchte schon«, sagte Homer Wells. Er hatte Candy oder Wally nichts erzählt von Larchs Wunsch, sich ablösen zu lassen, und von den Erkenntnissen und Erfindungen, die dem Ausschuß übermittelt worden waren. Eine Waise lernt, Dinge für sich zu behalten; eine Waise hält sich zurück. Was aus Waisen herauskommt, kommt ganz allmählich aus ihnen heraus.
    Als Homer in St. Cloud’s anrief, bekam er Schwester Caroline an den Apparat; in ihrem Schock, in ihrem Schmerz, in ihrer Trauer um Dr. Larch hatten sie beschlossen, daß Schwester Caroline die kräftigste Stimme am Telephon hätte. Und sie alle hatten versucht, sich Dr. Larchs umfassende Pläne einzuprägen, und auch seine umfangreiche Kurze Geschichte von St. Cloud’s. Jedesmal, wenn das Telephon klingelte, vermuteten sie, es sei jemand vom Treuhänderausschuß.
    »Caroline?« sagte Homer Wells. »Hier ist Homer. Laß mich mit dem Alten sprechen.«
    Schwester Angela und Schwester Edna und sogar Mrs. Grogan sollten Homer Wells in alle Ewigkeit lieben – trotz seines abschlägigen Bescheids –, aber Schwester Caroline war jünger als sie alle; sie empfand nicht jene standhafte Milde gegen Homer Wells, die daher rührt, daß man jemanden schon als Baby kannte. Sie fand, daß er Larch im Stich gelassen hatte. Und natürlich war es ein schlechter Zeitpunkt für ihn, nach dem »Alten« zu fragen. Nach Larchs Tod hatten Schwester Angela und Schwester Edna und Mrs. Grogan gesagt, daß sie nicht imstande wären, Homer anzurufen. Schwester Caroline hatte ihn nicht anrufen wollen.
    »Was willst du?« fragte ihn Schwester Caroline kalt. »Oder hast du deine Meinung geändert?«
    »Hier ist eine Freundin von meinem Sohn«, sagte Homer Wells. »Sie gehört zu den Wanderarbeitern. Sie hat schon ein Baby, das keinen Vater hat, und jetzt bekommt sie ein zweites.«
    »Dann wird sie zwei haben«, belehrte ihn Schwester Caroline.
    »Caroline!« sagte Homer Wells. »Laß den Unsinn. Ich möchte mit dem Alten sprechen.«
    »Ich möchte selbst gerne mit ihm sprechen«, sagte Schwester Caroline mit erhobener Stimme. »Larch ist tot, Homer«, sagte sie ruhiger.
    »Laß den Mist«, sagte Homer Wells; er spürte, wie sein Herz raste.
    »Zuviel Äther«, sagte sie. »Es gibt keine Werke des Herrn mehr in St. Cloud’s. Falls du eine kennst, die’s braucht, wirst du’s selbst machen müssen.«
    Dann hängte sie auf – sie knallte tatsächlich den Hörer auf die Gabel. Er hatte Ohrensausen; er hörte das Geräusch der Balken wieder, die in dem Wasser zusammenkrachten, das einst die Winkles fortgespült hatte. Seine Augen hatten nicht mehr so scharf gebrannt seit jener Nacht im Heizungskeller der Drapers in Waterville, als er sich für seine Flucht ankleidete. Seine Kehle hatte nicht mehr so tief geschmerzt – weil sie die Qual in seine Lungen hinunterdrükken mußte – seit jener Nacht, als er über den Fluß gebrüllt und versucht hatte, aus den Wäldern von Maine Antwort zu bekommen auf den Namen Fuzzy Stone.
    Snowy Meadows hatte sein Glück bei der Möbelfamilie Marsh gefunden; gut für Snowy, dachte Homer Wells. Er nahm an, daß die anderen Waisen

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