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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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Strohhalm und warf dann den Pappbecher aus dem Fenster. Ein paar Passanten warfen ihr dafür böse Blicke zu, die sie jedoch ignorierte. Sie beobachtete weiterhin den Gerichtseingang. Jesse und der Anwaltsgehilfe traten durch den Torbogen ins Freie. Der Mann hinterm Steuer klappte sein Taschenmesser zusammen.
    In diesem Moment hielt eine Politesse auf einem dreirädrigen Motorroller neben dem Pickup und griff nach ihrem Strafzettelblock. Die Frau im Pickup begann dem Fahrer auf die Schulter zu trommeln. Er ließ den Motor aufheulen und raste davon. Die Politesse musste sich anstrengen, das Nummernschild noch entziffern zu können.
     
    Jesse stieß im Rocky Nook Park zu uns. Luke kletterte in einem ausgetrockneten Flussbett auf den Felsen herum, ich saß unter mächtigen Eichen an einem Picknicktisch und versuchte mit Eicheln einen Baum zu treffen. Wenn sie auf der Rinde aufschlugen, klang es wie Gewehrfeuer. Jesse kam langsam auf uns zu, das unebene Gelände machte es ihm mit seinen Krücken schwer.
    »Dein Gespräch mit Detective Ramseur war kein Erfolg?«, fragte er.
    »Ich glaube, er hält mich für eine Spinnerin.« Ich pfefferte die nächste Eichel gegen den Stamm. »Genauso gut hätte ich ihm eine außerirdische Versuchssonde und eine Karte mit UFO-Landeplätzen in die Hand drücken können.«
    »Das würde den Jungs in China Lake aber gar nicht gefallen, wenn du all ihre Geheimnisse verrätst.«
    Ich warf ihm einen bösen Blick zu.
    »Sorry.« Er setzte sich neben mich an den Tisch. »Erzähl mir, was du rausgefunden hast.«
    Ich erzählte ihm von dem gestohlenen Botox und der Unterhaltung über biologische Kriegsführung, die ich mit meinem Vater geführt hatte, von Jorgensens Dachboden und warum Leute, die von Fledermäusen gebissen wurden, es oft nicht merkten, bis es zu spät war. Dass ich noch mehr Beweise benötigte, um die Verbindung zwischen dem Tollwutausbruch und den Standhaften herzustellen. Und ich erzählte von dem Ticken in meinem Kopf, von der großen Uhr, deren Zeiger unerbittlich auf Halloween zuwanderten.
    Er starrte in das ausgetrocknete Flussbett.
    »Mir ist auch was eingefallen«, sagte er. »Tollwut hieß doch früher Hydrophobie, richtig?«
    »Ja, weil Betroffene Schwierigkeiten beim Schlucken haben und keine Flüssigkeiten zu sich nehmen wollen.«
    Er hob eine Eichel auf, warf sie hoch und fing sie wieder auf. »Erkrankte leiden außerdem unter Rastlosigkeit, Beklemmungen, Verwirrung, Taubheit und Schwäche.«
    »Und dann sterben sie.«
    Er warf die Eichel in die Luft und fing sie auf. Ich konnte an seinen Augen ablesen, dass ihn etwas bewegte.
    »Weißt du, bei wem sich all diese Symptome gezeigt haben?«, fragte er. »Bei Peter Wyoming.«
    Ich glotzte ihn ungläubig an.
    »Denk doch mal nach. An dem Tag, als wir Tabitha zu Hause besuchten, hat er ihr das Tablett mit Eistee aus der Hand geschlagen und nach Luft geschnappt. Und als Brian ihn in China Lake vor der Polizeiwache zur Rede stellte, hast du erzählt, dass er fast durchgedreht ist, weil Brian ihn am Arm packte.«
    Ich erinnerte mich, wie Wyoming sich dem Griff entwunden und entsetzt seinen Arm angestarrt hatte.
    »Ja, und er hat Brian angezischt: ›Sie legen Hand an mich, aber Sie sind nicht einmal da‹. Brian dachte, Wyoming wäre high.«
    »Hört sich doch an wie Parästhesie. Er konnte Brians Hand sehen, aber nicht spüren, wie er ihn berührte. Sein Arm war schon taub geworden. Von diesem Thema verstehe ich schließlich einiges.«
    »Mein Gott.«
    »Das ist die Verbindung zwischen der Tollwut und den Standhaften, nach der du gesucht hast.«
    Wir schauten uns an.
    »Glaubst du wirklich -«
    Er nickte.
    Er fing die Eichel ein letztes Mal und schleuderte sie dann hoch in die Blätter. Krähen stoben aus der Baumkrone auf.
    »Wer ist der Typ, mit dem du beim Gesundheitsamt gesprochen hast? Ich ruf ihn an.«
    Jetzt arbeitete mein Verstand auf Hochtouren. Tollwut – hatte Wyomings Mörder die Leiche angezündet, um Hinweise auf den Virus zu vernichten? Hatte der Gerichtsmediziner in China Lake Gewebeproben entnommen, die daraufhin untersucht werden konnten? Wenn nicht, konnten wir dann die Behörden davon überzeugen, den Leichnam zu exhumieren? Meine Güte, was für ein Durcheinander …
    »Was?«
    Ich sah Jesse an. Er hatte irgendwas gesagt, das ich nicht mitbekommen hatte.
    »Hast du wirklich mit deinem Vater über biologische Kriegsführung gesprochen?«
    »Ja.«
    »So ein Abendessen bei deiner Familie muss ja immer ein

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