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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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Riesenspaß gewesen sein. Gespräche über Streubomben, Biowaffenangriffe und gibst du mir mal bitte die Erbsen, Schatz.«
    Ich war überhaupt nicht in der Stimmung für diesen spöttischen Ton – schon gar nicht, wenn es um meine Familie ging. »Und wo isst du heute zu Abend?«
    Er wusste, dass er es vergeigt hatte, da half ihm sein reuevoller Schulbubenblick auch nichts. »Vielleicht fahre ich am besten gleich zurück in die Kanzlei.«
    »Hervorragende Idee. Oder vielleicht könntest du das Beleidigen von Leuten als Vollzeitjob übernehmen. Die würden dich dafür bezahlen, dass du still bist.«
     
    Ich fuhr an der alten Missionskirche vorbei. Im Kopf kaute ich an meinem Streit mit Jesse wie an einem zähen Stück Kaugummi, aber in erster Linie beschäftigte mich Pete Wyoming. Wenn er tatsächlich mit Tollwut infiziert gewesen war – hatte er sich die Ansteckung versehentlich zugezogen, vielleicht bei einem missglückten Experiment? In Anbetracht seiner Phobie vor Keimen konnte ich mir nicht vorstellen, dass er höchstpersönlich mit dem Virus herumlaborierte. Wie konnte es aber sonst passiert sein?
    Luke saß zusammengesunken auf dem Beifahrersitz, verknotete die Finger und starrte auf die Kondensstreifen, die sich über den Himmel zogen.
    »Ich will nicht, dass ihr auseinandergeht, Jesse und du.«
    Erstaunt drehte ich mich zu ihm um.
    »Du darfst nicht mit ihm streiten. Ich mag das nicht.«
    »Luke, Jesse und ich werden uns nicht -«
    »Das meine ich wirklich ernst.«
    »Ich liebe Jesse, Luke. Wir …« Ich rieb mir die Stirn.
    Auf einmal ging mir ein Licht auf. Jesse hatte mir bei sich Unterschlupf gewährt, und ich verhielt mich so gereizt, dass er nicht einmal mehr Lust hatte, nach Hause zu kommen. Alle Warnlampen blinkten, ich hatte meine eigene Dummheit erkannt.
    »Nimm bitte mein Handy aus der Tasche und wähl Jesses Mobilnummer, Schatz.«
    Aber das Telefon klingelte und klingelte nur.
    Bei Jesse angekommen gingen Luke und ich zum Fußballspielen an den Strand. Ich haderte mit mir. Wie konnte ich das Jesse gegenüber wiedergutmachen? Ein guter alter Wein, eine Woche auf Tahiti, Sex? Gerade wischte ich den Sand von Lukes Füßen, als ich ein Auto vorfahren hörte.
    »Da kommt Jesse ja.« Vielleicht eine erotische Zirkusnummer mit Hochseil und Spagat. Rollenspiele? Die gestrenge Krankenschwester. Oder die Gladiatorin?
    »Fragen wir ihn mal, was er zu Abend essen will.«
    Aber es war nicht Jesse. Durch die hohen Glasscheiben neben der Eingangstür konnte ich einen rostigen Kombi erkennen, der gerade noch so von irgendwelchen verblichenen Aufklebern zusammengehalten wurde. Kein Blut für Öl. Wir sind die, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben. Der Wagen war leer, der Fahrer nirgends zu sehen. Ich rief Luke vom Strand herein und schloss die Tür hinter ihm ab. Dann hielt ich erneut Ausschau durch die Vorderfenster. Plötzlich trat eine Frau aus der Garage. Sie trug einen breitkrempigen Strohhut, einen Jeansrock und Birkenstock-Sandalen. Es war Anita Krebs, die Besitzerin der Beowulf-Buchhandlung.
    Erleichtert öffnete ich die Tür. »Anita?«
    Sie winkte und ging wieder auf den altersschwachen Kombi zu. »Ich wollte nicht stören. Jesse ist wohl nicht da. Ich mach mich wieder auf den Weg.«
    »Hättest du was aus der Garage gebraucht?«
    Sie winkte ab. »Macht nichts. Ich wollte wirklich nicht stören.«
    Irgendwas ging hier vor. »Es war entsetzlich, was bei Beowulf passiert ist. Es tut mir so leid.«
    Sie blieb stehen. Das altersmilde Gesicht der weißhaarigen Frau hatte sich verhärtet. »Das sind Faschisten. Taliban. Die wollen einen Gott, der wie ein spitzer harter Stein in deinem Schuh steckt.« Sie kreuzte ihre Arme. »Aber sie werden nicht gewinnen.«
    »Amen.«
    Sie schnaubte. »Diese Sprache solltest du dir abgewöhnen.« Sie nahm ihren Strohhut ab. »Priscilla Gauls Anwalt hat die Versicherungssumme für das Feuer pfänden lassen. Jetzt kann ich nicht mal mehr den Buchladen wiederaufbauen.«
    »Weiß Jesse davon?«
    »Ja. Er sagt, das gehört zu ihrem Plan. Sie wollen mich dazu bringen, mich außergerichtlich mit Priscilla zu einigen.«
    »Sie trampeln noch auf dir herum, obwohl du schon am Boden liegst.«
    »So fühlt es sich für mich an.« Für einen Moment wirkte sie müde. »Sie sind alles, was ich noch habe, Evan.«
    »Wer?«
    Sie nickte in Richtung Garage. »Pip und Oliver. Jetzt wo es Beowulf nicht mehr gibt, dachte ich -«
    »Oh nein.« Ich ging auf die Garagentür zu.
    »Du

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