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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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nicht ginge, weil meine Scheidung von Brian noch läuft, und dass es deshalb Ehebruch ist.«
    Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. »Er hat mich geschlagen und gesagt, dass eine gottlose Ehe keine Gültigkeit hat, dass ich eine Abtrünnige und eine Hure sei und er mein Herr und Meister und dass ich mich seinen Vorschriften zu unterwerfen habe …«
    »Hat er -?«
    »Er konnte nicht.« Ihr Blick war voller Verachtung, ihre Augen sprühten vor Hass. »Ich nehme an, dass ihm der Schreck in sämtliche Glieder gefahren ist, weil eine Frau die Stimme gegen ihn erhoben hat. Er nannte mich ein Flittchen und sagte, wenn ich mich ihm noch einmal widersetze, würde er mich bestrafen. Aber dann ließ er mich in Ruhe. Deswegen habe ich mich heute Morgen davongeschlichen.«
    Sie wischte sich die Tränen ab. »Und jetzt halten mich alle für eine Verräterin. Sie werden denken, dass ich zum Feind übergelaufen bin und für den Satan kämpfe.«
    Ich gab ihr einen Moment, um sich zu beruhigen, dann hakte ich nach. »Was plant Chenille zu Halloween?«
    »Ich weiß es nicht, ich hab ja nicht zur Führungsebene gehört.«
    »Ich weiß, dass sie Waffen kaufen.« Sie nickte. »Es handelt sich um militärische Waffen, oder?«
    »Ich glaub schon.« Sie wischte sich ihre langen Locken aus dem Gesicht. »Curt Smollek sprach davon, sich Bajonette zu besorgen, und falls möglich auch Flammenwerfer.«
    Ihr Gleichmut raubte mir den letzten Nerv. »Wie sieht es mit biologischen Waffen aus?«, fragte ich.
    »Vielleicht. Chenille sprach davon, denen, die nicht errettet sind, die Plagen auf den Hals zu schicken.«
    Plötzlich lugte Luke über die Rückenlehne des Sofas. »Tante Evvie, können wir Popcorn machen?«
    »Sicher.« Ich stand auf und bereitete alles vor.
    Tabitha betrachtete ihn schweigend. »Ich geh mal ins Bad«, sagte er. Ihr Blick verfolgte ihn auf dem ganzen Weg aus dem Zimmer. Ich wartete neben der Mikrowelle, bis das Popcorn zu knistern begann.
    »Okay, was hat Paxton dir erzählt? Warum ist Brian unschuldig?«
    Sie griff sich eine Serviette und putzte sich die Nase. »Letzte Nacht sagte er, falls ich mich ihm nicht unterwerfe, könnte es passieren, dass ich für Pastor Petes Ermordung verantwortlich gemacht werde. Ich sagte, aber Brian ist doch der Schuldige. Da meinte er: ›Brian ist schuldig, weil das Militär schuldig ist. Aber wenn du dich mir widersetzt, dann stellst du dich auf die Seite des Feindes, und damit machst du dich ebenfalls schuldig.‹«
    »Brian ist schuldig, weil das Militär schuldig ist?«
    »Das hat er gesagt.«
    »Wie hat er das gemeint?«
    »Dass es egal ist, wer tatsächlich geschossen hat.«
    Mein Puls raste. »Weiß er, wer es war?«
    Wir hörten die Toilettenspülung. Tabitha beugte sich vor. »Da ist noch was: Chenille hatte nicht nur mit mir was vor, für Luke hat sie auch Pläne.«
    »Was für Pläne?«
    »Ich weiß nicht. Sie ist so … so seltsam fasziniert von Luke, dass es schon unheimlich ist.«
    Luke tauchte wieder auf. Er zeigte auf den Hauseingang. »Ich habe draußen so komische Geräusche gehört.«
    »Aber hier hört man doch immer komische Geräusche«, sagte Tabitha.
    Ein Sechsjähriger spürt, wenn er nicht ernst genommen wird. Er verzog den Mund und zeigte weiter beharrlich auf den Eingang.
    »Wir gehen mal nachschauen«, sagte ich.
    Die Mikrowelle piepte. »Ich kümmer mich um das Popcorn«, sagte Tabitha.
    Luke führte mich ins Gästezimmer. »Nicht das Licht anmachen, sonst verscheuchen wir es. Es war da draußen in den Büschen.«
    »Wie hat es sich angehört?«
    »Wie irgendwas in den Büschen.«
    Aha. Ich lauschte, aber ich konnte nichts hören.
    »Warte einen Moment.«
    Zusammen saßen wir auf dem Bett und spähten aus dem Fenster in die Dunkelheit. Ich hörte den Wind in den Monterey-Kiefern rascheln und sah, wie sich die Büsche bewegten. Vor allem aber spürte ich Lukes Wärme und Energie neben mir. Sein Haar glänzte im Mondlicht, das durch das Fenster fiel. Er roch so gut, wie nur kleine Kinder riechen können.
    Er hob einen Finger. »Da.«
    In den schwankenden Büschen sah ich einen dunklen Umriss, der sich bewegte. Vor den vom Mond beleuchteten Blättern nahm der Umriss für einen kurzen Moment menschliche Gestalt an. Metall blitzte auf.
    Mein Puls schoss nach oben. Es war ein Mann mit einem Gewehr.
    Einige Sekunden lang war ich wie gelähmt vor Panik. Dann flüsterte ich Luke zu: »Vom Bett runter. Hierher.«
    Die Kälte in meiner Stimme verunsicherte Luke. Seine

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