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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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und wieder nach drinnen gezerrt wurde. Im Bad war nur noch Geschrei – Tabitha heulte, Luke schluchzte. Dann brüllte ein Mann: »Hör sofort damit auf, du Rotzlöffel!«
    Luke wehrte sich also. Das gab mir neue Kraft. Ich spurtete zum Eingang des Hauses. Als ich um die Ecke bog, erkannte ich, dass die Eingangstür aufgebrochen worden war.
    Eine Waffe, ich brauchte unbedingt eine Waffe. Ich hetzte in die Garage auf der Suche nach einem schweren Gegenstand. Tabitha heulte im Haus laut auf, und die aufgescheuchten Frettchen tobten in ihrem Tragekäfig. Ein paar Farbeimer im Regal fielen mir ins Auge. Ich griff mir einen davon und rannte nach draußen.
    Plötzlich war es still geworden. Tabitha hatte aufgehört zu schreien. Mein Magen krampfte sich zusammen. Ich schlich mich vorsichtig zur Eingangstür.
    Auf dem Wohnzimmerboden kniete Curt Smollek, sein pickliges Gesicht ganz rot vor Anstrengung. Er band Lukes Hände und Füße mit Isolierklebeband zusammen. Lukes Mund war schon dicht, seine Augen vor Furcht fest zugedrückt. Das Klebeband gab ein lautes, reißendes Geräusch von sich, als Smollek es von der Rolle zerrte. Neben seinen Füßen auf dem Boden entdeckte ich eine halbautomatische Pistole.
    Ein Stück von Smollek entfernt lag Tabitha mit dem Gesicht nach unten auf dem Sofa. Ihr Mund und ihre Hände waren verklebt, und sie weinte geräuschlos. Ice Paxton stand über ihr und presste ihr sein Knie in die Wirbelsäule, mit dem Gewehrkolben drückte er ihren Kopf nach unten.
    Smollek riss einen letzten Streifen Klebeband ab und stand auf wie ein Rodeocowboy, der ein Kalb eingefangen hatte. »Fertig.«
    »Setz ihn auf.« Paxton drehte Tabithas Kopf so, dass sie Luke ansehen musste. »Schau dir deinen Jungen an, denn ich werde dir jetzt eine Frage stellen«, sagte er. »Du hast die Standhaften betrogen und bist vor mir geflohen wie eine liederliche Hure. Von Rechts wegen sollte ich dich töten.«
    Sie riss die Augen auf. Ein Zucken strömte über ihren Körper, und Rotz lief ihr aus der Nase.
    »Aber ich glaube, dass jeder eine zweite Chance verdient, sogar du. Dein Junge kommt mit uns. Du kannst auch mitkommen und meine Frau werden, dann bist du bei ihm. Du hast die Wahl.«
    Ich musste irgendwas tun. Aber Paxton stand der Tür zugewandt und würde mich sofort sehen.
    Tabitha wand sich in ihren Fesseln, den Blick auf Luke gerichtet. »Was hast du gesagt?«, fragte Paxton. »Ich versteh dich nicht.«
    Gegen den Druck des Gewehrs bewegte sie den Kopf.
    »War das ein Ja?« Er stützte sich auf das Gewehr und beugte sich nah an ihr Ohr.
    Jetzt war er ganz mit ihr beschäftigt, und Smollek hatte mir den Rücken zugedreht. Langer Anlauf und hart zuschlagen, schärfte ich mir ein, dann stürmte ich los. Mit aller Kraft schwang ich den Farbeimer und erwischte Smollek damit am Hinterkopf. Er ging zu Boden wie ein müder Hund. Im Fallen kickte sein Fuß die Pistole unters Sofa.
    Paxton schreckte hoch. Mit schussbereitem Gewehr machte er einen Schritt auf mich zu. Mit einem lauten Schrei drosch ich den Farbeimer gegen seinen Arm. Himmel, er hatte den Finger am Abzug. Wenn ich ihn falsch erwischte, würde sich ein Schuss lösen. Aber ich konnte den Schwung des Eimers nicht mehr aufhalten. Er traf sein Handgelenk, das Gewehr fiel zu Boden. Ich holte erneut aus, der Eimer donnerte gegen seine Brust, der Deckel löste sich und vier Liter weiße Farbe ergossen sich schmatzend über seinen Oberkörper und sein Gesicht. Für einen Moment war er blind, stolperte rückwärts, rieb sich die Augen, spuckte und fluchte laut. Ich ließ den Eimer fallen, tauchte nach dem Gewehr, hob es mit glitschigen Händen auf und rannte um das Sofa herum. Paxton schüttelte sich, die Farbe spritzte. Er blinzelte – jetzt konnte er mich wieder sehen. Mit zitternden Händen hielt ich das Gewehr auf ihn gerichtet. »Keine Bewegung!«
    Er ließ einen raschen Blick über Tabitha, Luke und über Smollek schweifen, der immer noch am Boden lag, sich aber schon wieder bewegte, und drehte sich wieder zu mir.
    »Sie sind eine Ausgeburt des Satans.«
    »Die Polizei ist schon auf dem Weg hierher.«
    »Das wird Ihnen noch leidtun, Sie sind so gut wie tot.« Er wich einen Schritt zurück.
    »Stehen bleiben!«
    »Sie werden nicht auf mich schießen.«
    Ich lud das Gewehr durch. »Doch.«
    »Nein, werden Sie nicht.« Er trat noch einen Schritt zurück. »Sie können gar nicht.«
    Und dann erkannte ich meinen Fehler. Er hatte sich hinter Luke positioniert, der sich nun

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