Gottesdienst
heraus.
»Wirst du die Polizei benachrichtigen?«, fragte ich.
»Nein.« Er schaute mich an. »Es gibt nur eine einzige Person, der ich Lukes Leben anvertrauen würde, und das bist du. Mach dich bereit.«
Ich wusste, was er mir damit anbot. Brian glaubte nicht an einen Gott, er hielt die Welt für barbarisch und gefühllos, aber dadurch, dass er Lukes Leben in meine Hände legte, gab er mir die Chance zur Wiedergutmachung.
»Gut, was tun wir jetzt?«, fragte ich.
»Jetzt besorgen wir uns einen Sprengkopf.«
Ich überlegte kurz. »Überlass das mal mir.«
Als ich in ihre Einfahrt einbog, hatte Abbie Hankins gerade ihre Kinder von der Schule abgeholt. Die Tür stand offen, ein Haufen aus Rucksäcken, kleinen Schuhen und Socken verstopfte den Zugang, und die Klimaanlage ratterte. Ich hatte drei Happy Meals dabei, einen großen Praliné-Eisbecher und einen Sechserpack Coors, Abbies Lieblingsbier. Ich klopfte.
Abbie streckte den Kopf in den Flur. »Ah, Sie kommen zu unserem Weight-Watchers-Treffen.«
»Ich dachte, wir könnten was essen und quatschen.«
Während die Kinder sich auf das Essen stürzten, schenkte Abbie zwei Gläser Eistee ein und reichte mir eines. »Setzen wir uns doch in den Innenhof.« Wir ließen uns auf klapprigen Metallstühlen nieder. »Okay, raus damit.«
»Du könntest mir einen Gefallen tun. Einen großen Gefallen, der dir sehr viel Ärger einbringen kann.«
»Was Illegales?«
»Ohne Zweifel. Aber wir könnten Lukes Leben damit retten.«
In der Sonne leuchtete ihr Haar blond wie das einer Walküre. »Ich habe dich mal mit was Illegalem in eine schlimme Situation gebracht«, sagte sie. »Und du hast mich unlängst aus einer schlimmen Situation befreit. Wenn ich das also gegeneinander aufrechne, dann stehe ich immer noch sehr tief in deiner Schuld.«
»Du hilfst mir?«
»Ja.«
»Okay. Wir müssen die Sidewinder-Rakete aus dem Museum stehlen.«
Zu Hause fing mich Brian an der Tür ab. »Und?«
»Heute Nacht um elf. Abbie hat den Museumsschlüssel und will sich dort mit mir treffen.«
Er klopfte mir auf die Schulter und wirkte etwas überrascht, so kam es mir zumindest vor. »Gutes Mädchen.«
»Aber spätestens wenn ich die Rakete habe, musst du bereit sein. Ich werde meinen Explorer nicht in der Einfahrt parken, wenn hinten eine riesige Rakete rausguckt.«
»Wir fahren noch in der Dunkelheit zu dem Übergabeort.«
»In Ordnung.« Wir gingen in die Küche. »Nur zu deiner Information: Mehr als dreimal im ganzen Leben höre ich mir nicht an, dass du gutes Mädchen zu mir sagst.«
Am Küchentisch stand Marcus Dupree. »Besser du lernst das mal, Mann. Man nennt eine Frau nicht gutes Mädchen, außer sie trägt noch Windeln oder es handelt sich um einen Hund. Guten Abend, Evan.«
»Marc.«
Er versuchte Wiedergutmachung zu leisten. Ich hatte ihn seit dem Tag nicht mehr gesehen, als ich ihm die Meinung gesagt und ihm vorgeworfen hatte, Brian kein guter Freund zu sein. Selbst in seiner Zivilkleidung, Jeans und ein T-Shirt der Marineakademie, wirkte er noch sehr martialisch.
»Ihr wart wohl einkaufen«, sagte ich.
Auf dem Tisch lagen zwei kleinere Feuerlöscher, verschiedene Spraydosen und ein Sortiment an elektronischem Kleinkram aus dem Bastlerladen: Sensoren, LEDs und zwei elektronische Thermometer.
»Was gibt’s heute zum Essen?«, fragte ich.
»Anthrax«, antwortete Brian.
»Herr im Himmel.«
»Oder Saringas. Ich habe mich noch nicht entschieden.«
»Vielleicht auch Plutoniumpartikel«, fügte Marc hinzu. »Die werden sich in die Hosen machen, das garantiere ich. Mit Radioaktivität liegt man nie falsch.«
»Ich liebe es, wenn Männer kochen.«
»Ich habe diesen Arschlöchern einen biologischen Sprengkopf versprochen, und den werden sie auch bekommen«, sagte Brian. »Jetzt basteln wir ein paar ›Detektoren‹ zusammen, die ihnen beweisen werden, dass alles mit rechten Dingen zugeht.«
Marc deutete auf die Kleinteile aus dem Bastlerladen und sagte mit seiner Jazz-DJ-Stimme: »Wir könnten sie so zusammenbauen, dass sie ticken wie Geigerzähler.«
Ich nahm eine der kleinen Spraydosen in die Hand. »Was ist das denn?«
»CS-Gas«, antwortete Brian.
»Tränengas?«
»Nur im Falle eines Falles.«
»Welchen Falles?«
»Falls die Sidewinder sie nicht genügend beeindruckt. Wenn es heikel wird, möchte ich sie schnell außer Gefecht setzen können. Das klappt ganz gut mit CS-Gas.«
»Und die Feuerlöscher?«
»Einen baue ich in die Rakete ein. Weißt du, wie
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