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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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völlig falsch eingeschätzt. Er war ganz gewiss nicht dumm.
    McCracken faltete das Papier erneut. »Wissen Sie, die ganze Zeit erzählen Sie mir, dass diese Kirchengruppe hinter Ihrer Familie her ist. Aber es war nicht Ihr Bruder, den wir tot beim Haus gefunden haben, es war deren Pastor.« Falten, Kante. Falten, Kante. Wie beim Origami. »Stimmt es, dass Ihr Bruder an dem Tag, als Sie hier ankamen, Reverend Wyoming bedroht hat?«
    »Was? Nein.«
    »Direkt vor der Wache. Hat er nicht gesagt, Wyoming würde es bereuen, sich mit ihm angelegt zu haben? Irgendwas von ›für immer unter die Erde bringen‹?«
    In meinem Kopf hörte ich ein gespenstisches Echo. In Flammen aufgehen.
    »Nein, so war es nicht«, antwortete ich. »Brian sagte ihm, er soll uns in Ruhe lassen, sonst -«
    »Sonst? Er hat ihm also gedroht?«
    »Nein, das wollte ich damit nicht sagen -«
    »Wo ist Ihr Bruder jetzt, Ms. Delaney?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie haben keine Ahnung, wohin er verschwunden ist?«
    »Wohin?« Und erst in diesem Moment wurde mir der Ernst der Lage klar. »Er ist überhaupt nicht verschwunden. Außer die Standhaften haben ihn entführt. Das ist ein Unterschied.«
    »Ich verstehe den Unterschied. Und glauben Sie mir, so oder so suchen wir nach ihm. Machen Sie sich keine Gedanken. Wenn er nach Hause kommt, wird er über das Absperrband stolpern und uns anrufen.«
    Das gelbe Absperrband sollte den Tatort vor unrechtmäßigem Betreten und Manipulationen schützen. Aber bei Brian war der Tatort schon genug verändert worden, als ich durch das Haus rannte, mit dem Feuerlöscher herumsprühte und die Feuerwehrmänner über den Teppich trampelten, ihre Schläuche durchs Haus zogen und alles im Umkreis von fünf Metern um den Fundort einnebelten.
    »Welche gerichtsmedizinischen Beweise kann man denn jetzt noch im Haus finden? Die Feuerwehr hat jedenfalls nicht darauf geachtet, den Tatort unberührt zu lassen.«
    »Sind Sie Anwältin für Strafrecht?«
    »Nein.«
    »Warum bereiten Sie dann die Verteidigung vor?«
    Es klopfte. Ein vorzeitig ergrauter Zivilbeamter schob seinen Kopf durch die Tür. McCracken entschuldigte sich und folgte ihm auf den Gang. Nach ein paar Minuten kam er zurück. Er rieb sich über die rötlichen Stoppeln an seinem Kinn.
    »Ms. Delaney, wegen Ihrem Fahrzeug.«
    »Ich kann es heute Nacht nicht mehr neu lackieren lassen. Da kann man nichts machen.«
    »Folgen Sie mir bitte hinaus auf den Parkplatz.«
    Draußen fragte mich der Zivilbeamte, ob ich etwas dagegen einzuwenden hätte, wenn sie den Explorer einmal genauer unter die Lupe nahmen. Ich zögerte. Sie warteten ab. Ich wusste, dass sie einen Weg finden würden, an den Wagen zu kommen, mit oder ohne Durchsuchungsbefehl. Und angesichts der Richtung, in die sich McCrackens Fragen zu entwickeln begannen, hielt ich es für besser zu kooperieren. Ich schloss den Wagen auf. Der Mann in Zivil öffnete die Heckklappe. »Hier.«
    Er deutete auf die rote Sprühdose. Die hatte ich ganz vergessen, und jetzt, das wusste ich, steckte ich in der Klemme.
    »Möchten Sie mir das vielleicht erklären?«, fragte McCracken.
    »Ich habe sie beim Lobo neben meinem Wagen gefunden. Ich wollte sie Ihnen eigentlich übergeben, aber ich habe es vergessen.«
    Die zwei Polizisten blickten sich an. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir sie jetzt an uns nehmen?«, fragte der Mann in Zivil.
    »Tun Sie das.«
    »Und wir werden darauf nicht etwa Ihre Fingerabdrücke finden, oder?«
    »Vom rechten Daumen und Zeigefinger, ganz oben, wo ich sie angefasst habe.«
    Der Zivilbeamte streifte sich Latexhandschuhe über und steckte die Sprühdose in einen durchsichtigen Plastikbeutel mit der Aufschrift Beweismittel. »Ich habe gehört, dass das Sheriff’s Department eine Scheibe in einem seiner Streifenwagen ersetzen musste. Anscheinend sind Sie schnell bei der Hand, wenn es um das Demolieren von Autos geht.«
    McCracken schickte ihn weg. Mit hochrotem Gesicht stand ich da. »Ich war es nicht«, sagte ich. »Und die Wände in Brians Haus habe ich bestimmt nicht beschmiert.«
    Für einen Moment blickte er gedankenverloren in den Nachthimmel. »Sagen Sie, ist Ihr Bruder im Besitz einer Feuerwaffe?«
    Er kannte meine Antwort schon. »Ja, er hat eine Dienstpistole.«
    »Wissen Sie, wo sich die Waffe befindet?«
    »Nein, warum fragen Sie?«
    »Peter Wyoming ist nicht seinen Verbrennungen erlegen. Er wurde erschossen. Wir haben mit Reverend Wyomings Frau gesprochen. Sie sagt, ihr Mann habe sich für

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