Gottesdienst
eine Bürgerin mit Respekt zu behandeln.« Im unbewegten Blick des Polizisten spiegelte sich die pure Abneigung.
Vor der Wache starrte Garrett auf die bleichen Bergketten am Horizont. »So ein selbstgefälliger Bastard.«
»Er glaubt, dass die Polizei mit der Verhaftung meines Bruders einen großen Coup gelandet hat.«
Er warf mir über die Schulter einen Blick zu. »Sich über jemand lustig zu machen, was ist das denn für eine beschissene Ermittlungsmethode? Haben die so die Beweise gegen Ihren Bruder gesammelt? So haben die einen F/A-18-Piloten und Veteranen drangekriegt?« Er gab einen angewiderten Laut von sich. »Wenn ich irgendwas tun kann, um Ihnen zu helfen, lassen Sie’s mich wissen.«
»Vielen Dank, ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen.« Aber ich brauchte keinen Helfer; ich musste einfach zusehen, dass ich Luke so schnell wie möglich aus der Stadt bekam.
»Das mit dem Drink verschieben wir wohl besser?«, fragte er.
Ich zuckte unverbindlich mit den Schultern. Er lächelte mich an. »Ich geb Ihnen Bescheid, wenn die Raketen startbereit sind.«
Das Grundbuchamt befand sich um die Ecke der Polizeiwache bei der Stadtverwaltung von China Lake. Als Garrett verschwunden war, versuchte ich dort Informationen über den Eigner von Angel’s Landing ausfindig zu machen. Ich wusste weder die Grundbuchnummer noch die Straßenadresse des Grundstücks, aber anhand einer Landkarte, auf der ich die Straße, die ich gefahren war, nachverfolgen konnte, fand ich heraus, dass das Gebiet einer Frau namens Mildred Hopp Antley gehörte. Den Namen hatte ich noch nie gehört. Auch im Telefonbuch fand ich den Namen Antley nicht.
Ich fuhr zurück zum Hotel. Die Stiche pochten. Der Juckreiz meldete sich bei jeder Gelegenheit – beim Laufen, beim Blinzeln, sogar beim Ticken der Uhr an der Rezeption, die mir sagte, dass es Nacht in Neu-Delhi war. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schaffte ich es halb durch die Lobby, bevor ich Jesse bemerkte, der mich dort erwartete.
»Hey, Süße.« Er breitete die Arme aus.
Er trug ausgewaschene Jeans und ein gelbes Gaucho Swimming -T-Shirt. Sein Laptop stand aufgeklappt auf dem Tisch – der Frettchen-Fall ließ ihn offenbar nicht los.
Ich konnte seine erste Frage erahnen. »Luke ist okay«, sagte ich.
»Gott sei Dank.« Er atmete auf. »Ich hab eine lange Fahrt hinter mir und konnte die ganze Zeit an nichts anderes denken.« Mit den Fingerspitzen strich er mir das Haar aus der Stirn. »Evan, was ist denn mit deinem Auge passiert?«
Die Frau an der Rezeption schielte schon zu uns herüber. »Ich erklär’s dir auf dem Zimmer.« Als ich die Tür hinter uns geschlossen hatte, warf ich ihm die Antihistaminsalbe zu und begann mich auszuziehen. »Reib mich bitte ein, überall.«
»Ach du Scheiße.« Er starrte auf meinen Rücken. »Du hast dich wohl wieder mit den Standhaften angelegt?«
»Jetzt reib mich schon ein, bevor ich durchdrehe.«
Er drückte die Salbe auf seine Finger und begann sie aufzutragen.
»Brian ist verhaftet worden«, sagte ich.
Seine Finger hörten auf sich zu bewegen, und er runzelte die Stirn. »Was wird ihm vorgeworfen?«
»Er hatte Streit mit Peter Wyoming. Er verließ den Tatort, weil er dachte, Luke sei in Gefahr. Er hat eine Pistole. Mehr haben sie nicht.«
»Und das reicht für einen Haftbefehl?«
»Hier schon. Herzlich willkommen in der High Desert, hier sind die Hirnzellen halt etwas dünner gesät.«
Er fuhr mit dem Verteilen der Salbe fort. »Aber Brian beteuert seine Unschuld?«
»Ja!«
Jesse erschrak. »Geht’s dir gut?«
»Nein.«
Er hörte auf zu reiben und betrachtete mich aus funkelnden blauen Augen, dann schwang er sich aufs Bett und zog mich in seine Arme. Ich legte den Kopf an seine Schulter.
»Fünf Minuten«, flüsterte ich. »Gib mir nur fünf Minuten. Sag einfach nichts.«
Das Gefängnis schloss sich an die Polizeiwache im Verwaltungskomplex an. Jesse und ich mussten uns in eine Liste eintragen, bevor wir in den Besuchsraum gehen konnten.
»Warum starren mich die Cops hier so an?«, fragte Jesse.
»Du bist bloß die neueste Attraktion im Wanderzirkus der Familie Delaney. Ignorier sie einfach.«
Die Wände des Besuchsraums waren in der Farbe von Dosenthunfisch gestrichen; Plexiglastrennscheiben verhinderten, dass Gefangene und Besucher sich näher kamen. Auf jeder Oberfläche sammelte sich der Schmutz. Die Ausdünstungen der Verzweiflung überzogen den ganzen Raum mit einem schmierigen Film. Als der Wärter Brian hereinbrachte,
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