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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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erwischt?«
    Sie lachte. Ein offenes, freundliches Lachen, und er dachte, dass auch diese Frau mit ähnlich fröhlichen Augen wie Irene so gar nicht zu dem griesgrämigen alten Helmut Geiger passte.
    Â»Okay … also, sie hat Karten gelegt.«
    Â»Patiencen gelegt?«, fragte Sam vorsichtig nach.
    Â»Nein, Karten. Sie hat in den Karten die Zukunft anderer gesehen. Sie sagte immer, eigentlich brauche sie die Karten gar nicht, weil man zu ihr sprechen würde während einer Sitzung.«
    Â»Weil man zu ihr sprechen würde während einer Sitzung?«, wiederholte Sam langsam und sah Gina Geiger ungläubig an.
    Â»Ja, sie meinte, man würde unbewusste Botschaften aussenden. Aber was ich Ihnen eigentlich erzählen wollte … bevor Irene … na ja, also an dem Abend, bevor sie umgebracht wurde, war sie mit Yvonne verabredet, einer gemeinsamen Freundin von uns.«
    Sam setzte sich auf. Eine Yvonne war nicht im Protokoll erwähnt worden. »Und warum hat sich diese Freundin nicht schon damals gemeldet?«
    Â»Ihr war es peinlich. Verstehen Sie, ihr Mann ist ein hohes Tier bei der Kirche, er ist der Landesbischof von Hamburg, undYvonne wollte nicht, dass er erfuhr, dass sie sich Karten legen ließ.«
    Â»Ach so. Und sie hat sich von Irene Geiger auch an diesem Abend die Karten legen lassen?«
    Â»Nein, dazu kam es nicht. Sie hat im Nebenzimmer gewartet, während Irene eine Sitzung hatte. Plötzlich kam Irene zu ihr rein und sagte, sie müsse leider weg, in die Kirche. Sie müssten es verschieben.«
    Â»Und? War das etwas Ungewöhnliches?«
    Gina sah Sam direkt an und sagte dann leise, als hätte sie Angst, dass jemand mithören könnte: »Irene ging nie in die Kirche. Sie hasste die Kirche.«
    Sams Magen kribbelte.
    Â»Als Yvonne wegfuhr, sah sie Irene noch mit einer jungen Frau aus der Haustür kommen. Das war offenbar die Frau, der sie zuvor die Karten gelegt hatte. Tja, das war’s. Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich muss jetzt wieder los. Wenn noch was ist: Meine Nummer haben Sie ja jetzt.« Gina stand auf, hängte sich ihre zum Burberry-Mantel passende Handtasche um und verabschiedete sich mit einem Lächeln von Sam.
    Â»Halt, warten Sie.« Sam war aufgestanden und hielt sie am Ärmel fest. »Können Sie mir vielleicht sagen, in welche Kirche sie gegangen ist?«
    Â»Nein, tut mir leid.« Und damit ließ Gina Sam stehen und verschwand, so leise wie sie gekommen war, zwischen den Büschen, die den kleinen Spielplatz umschlossen.
    Sam setzte sich wieder auf die Bank und überlegte, warum Irene Geigers Leben hier vor zwei Jahren ein so schreckliches Ende genommen hatte.
    Sie war hingerichtet worden – wie die andere Frau in Rom. Was verband die zwei Frauen, die nicht einmal dieselbe Sprache gesprochen hatten? Hatten sie irgendetwas gewusst, was sie nicht wissen sollten?
    In der Hosentasche vibrierte sein Handy und verursachte ein Kitzeln an seiner Lende.

    Auf dem Display stand »Unbekannter Anrufer«. »Signore O’Connor?«, hauchte ihm eine rauchige Stimme ins Ohr. »Hier ist Nina Vigna.«
    Â»Ihre Stimme ist unverkennbar, Signora.« Sam lachte, und sein Lachen wurde erwidert. Wahrscheinlich lag es an der Entfernung, dachte er, die sie beide etwas ungezwungener miteinander umgehen ließ. Ein Zeichen dafür, dass beide bei ihrem Treffen in Rom wohl ähnliche Gedanken gehabt hatten. Sam musste schmunzeln.
    Â»Gut, dass Sie anrufen. Ich habe da noch eine Frage.«
    Â»Lassen Sie die Kugel los.«
    Â»Sie meinen, ich soll losschießen.« Sam grinste. »Auf dem kleinen Tisch in Gianna Lorenzos Wohnung lagen ein Buch und ein Stapel Karten. Was waren das für Karten?«
    Â» Un momento .« Er hörte das Rascheln von Papier. Schubladen wurden geöffnet und wieder geschlossen. Dann wieder Rascheln.
    Â»Da lag eine Bibel, aber keine Karten.«
    Â»Eine Bibel?«, wiederholte Sam, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Wieder hörte er ein Rascheln. »Tut mir leid, hier steht nichts über Karten.«
    Â»Aber auf dem Foto kann man erkennen, dass auf dem kleinen Holztisch Karten lagen.«
    Â»Ich kümmere mich darum, Signore O’Connor. Aber was ich Ihnen noch sagen wollte: Zwischen den Haaren war sale , Salz, ich meine, viel Salz. Gemischt mit Kräutern und Kerzen. Der Bericht darüber war nicht in der Akte. Ich hatte ihn noch in

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