Gottessoehne
Schultern hing ein Fellmantel, darunter trug er ein ledernes Hemd und einen Lendenschurz. Samsaveel sah das Schwert in der Hand seines Sohnes, der Farbe und Form nach zu urteilen, musste es aus Eisen geschmiedet sein. Er trat einen Schritt zurück, um nach dem Arm seiner Frau Lea zu greifen. Schützend zog er sie zu sich heran und richtete das Wort an Helel. »Was soll dieser Aufmarsch, den ihr hier veranstaltet? Was hat das zu bedeuten Helel?«
»Ich glaube nicht, dass ich dir Rechenschaft schuldig bin. Du bist nicht mein Vater. Wir werden unserer Bestimmung folgen und das tun, wofür wir geboren wurden.« Der blonde Anführer schwenkte nach rechts, wobei er mit dem Schwert in seiner Hand der Gruppe befahl, ihm zu folgen und schritt in Richtung der menschlichen Nachbarsiedlung.
»Ezekiel komm sofort hierher zu uns!«, rief Samsaveel.
»Das werde ich nicht! Ich bin kein Kind mehr, sondern ein Mann. Ich lasse mir von dir nichts mehr sagen«, dabei schaute Ezekiel seinen Vater hasserfüllt an. Lea schlug die Hand vor den Mund, Tränen traten ihr in die Augen.
Mittlerweile hatten sich weitere Grigori mit ihren Frauen eingefunden und das neue Erscheinungsbild ihrer veränderten Söhne überraschte sie ebenso wie Samsaveel. »Wir sollten zu Azazel gehen und ihm über die plötzliche Veränderung unserer Söhne berichten.«, forderte Samsaveel seine Brüder auf. »Wir müssen herausfinden, was dieser selbst ernannte Anführer von Helel vorhat. Wahrscheinlich nichts Gutes und unsere Söhne folgen ihm wie Schafe zur Schlachtbank. Azazel muss davon in Kenntnis gesetzt werden.«
In Azazels Miene war kein Funken von Überraschung oder Sorge zu erkennen, nachdem Samsaveel ihm die Situation geschildert hatte. »Tja, aus Kindern werden nun einmal Männer, das ist der Lauf der Welt«, meinte er nur und lehnte sich auf dem Stuhl zurück, den er vor seine Hütte gestellt hatte, um dem Bericht zu lauschen. Er nahm einen kräftigen Schluck Wein, dem ihm eine zärtlich lächelnde Naamah zuvor in einem Becher gereicht hatte.
»Aber, sie tragen Waffen! Eiserne Schwerter, die sie hinter unserem Rücken hergestellt haben müssen. Einer aus unseren Reihen muss ihnen die Kunst der Waffenherstellung verraten haben.« In Samsaveel brodelte es. Er verstand nicht, wieso ihr Anführer so ruhig bleiben konnte. Ja, es stimmte, aus den Jungen waren erwachsene Männer geworden, sie alle hatten ihre Jugend abgestreift, wie eine Schlange ihre alte verbrauchte Haut.
»Interessiert es dich denn gar nicht, was sie mit den Schwertern vorhaben? Gekleidet sind sie wie Soldaten für einen Krieg, mit lederner Schutzkleidung und schwerem Umhang.« Er hatte Mühe, seine Stimme im Zaum zu halten. »Kleidung aus gegerbten Leder und Fellmäntel. Sie gehen schon lange heimlich auf Jagd und wie es aussieht, muss die Zahl der von ihnen getöteten Tiere beträchtlich sein. Wessen Blut wollen sie jetzt vergießen?«
»Nun«, Azazel stand auf und hob beschwichtigend die Hand, »ich verstehe deine Bedenken, aber es sind unsere Söhne, was sollen wir…« Laute Schreie durchbrachen seine Rede. Es waren Schmerzensschreie von Männern, Frauen und Kindern, dazwischen die Laute von berstendem Holz. Der Geruch von Rauch zog durch die Luft.
Die Siedlung der Menschen, die bisher in friedlicher Nachbarschaft bei ihnen gelebt hatten, sah aus, als hätte ein Orkan gewütet. Die Hütten waren niedergerissen, die Schilfdächer waren nur noch verkohlte Masse, überall lagen zerbrochenes Geschirr und Werkzeug und dazwischen menschliche Gliedmaßen und blutüberströmte Leichen. Das Gatter der kleinen Ziegenherde war komplett niedergetrampelt worden. Keine der Ziegen lebte mehr. Es existierte nur noch ein Haufen von braunem und geschecktem Fell und einige Knochen, an denen Fleischreste hingen, ragten anklagend aus dem Fellhügel heraus. Dazwischen immer wieder komplette Tierkadaver, die tiefe, breite Wunden aufzeigten, als hätte etwas große Fleischstücke aus ihnen herausgebissen.
Samsaveel und ein paar seiner Brüder versuchten, Überlebende zu finden, doch an diesem Ort lebte nichts mehr. Ihnen fiel auf, dass vorwiegend Alte und Kinder niedergemetzelt worden waren, es gab keine Spur von den restlichen Einwohnern und auch ihre Söhne waren wie vom Erdboden verschluckt. Sie mussten die noch lebenden Siedler mit sich geschleppt haben, aus welchem Grund auch immer.
Dies war kein Überfall mit anschließendem Kampf, Mann gegen Mann, gewesen, sondern ein reines
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