Gottessoehne
22
»Wo sind denn die ganzen Möbel?«, Kate ächzte unter der Last, der mit Büchern voll beladenen Kartons. Was für ein Glück, dass der Aufzug direkt bis in das Loft fuhr, das Sam als neue Bleibe ausgewählt hatte. »Och, dafür hatte ich noch keine Zeit gefunden. Einrichten überlasse ich gerne dir, von so etwas habe ich eh keine Ahnung.« Er stieg hinter ihr aus dem Lift. In der rechten Hand schwenkte er den prall gefüllten Koffer von Kate, in der linken hielt er eine Tiertransportbox aus der klägliches Miauen drang. »Aber groß und hell ist sie.« Kate drehte sich bewundernd in dem offenen Wohnraum, in dem durch mehrere große Fenster das rötliche Licht der untergehenden Sonne schien. Der Boden war belegt mit hellen Holzdielen und der grobe weiße Putz an den Wänden verlieh dem Loft einen rustikalen Charakter. Gegenüber dem Aufzug befand sich ein großzügiger Wintergarten, der zu einer Dachterrasse führte. Kate betrat den Wintergarten und sofort kam ihr die Idee, hier ein Atelier zu errichten.
»Auf jeden Fall scheinst du gerne in luftiger Höhe zu wohnen.« Sam kicherte und trug Koffer sowie die maunzende Box in den angrenzenden Raum. »Höhenangst ist etwas, was ich mir auf keinen Fall leisten kann.« Er befreite die beiden Katzen aus ihrem Gefängnis und sie begannen sofort ihr neues Territorium zu erkunden.
»Ich denke, wir haben noch Sachen in deinem Auto. Lass uns schnell runterfahren und sie holen.« »Liebe Kate, bemüh dich nicht, ich schaffe das schon alleine.«
»Wieso, ich will dir helfen, dann geht’s schneller.« Sam stellte sich breitbeinig vor sie hin und grinste über das ganze Gesicht. »Nicht nötig, wenn ich will, könnte ich das Auto auf einer Hand balancierend nach oben tragen, nur dann wäre ich sofort in allen Zeitungen das Thema Nr. 1.«
Kate rollte mit den Augen. »Ich vergaß, mein Freund ist ja ein Superheld. Ich weiß gar nicht, warum ich mich dann mit dieser schweren Bücherkiste abgemüht habe.« Sie gab dem Karton einen leichten Tritt. »Das habe ich mich unten auf der Straße auch gefragt, aber du wolltest es ja unbedingt.« Sie gab ihm einen spielerischen Knuff auf den Oberarm und musste nun ebenso grinsen. »Da kann ich meine emanzipatorischen Bemühungen in Zukunft sein lassen.«
»Und ob du das kannst!« Er umfasste ihre Taille und hob sie mühelos in die Luft, als wäre sie leicht wie eine Feder. Kate quietschte.
»So, mein liebes Frauchen, auf diese Art können wir jede Glühbirne auswechseln.«
»Sam, lass mich runter.« Er ließ sie langsam an seinem Körper hinab gleiten, bis sie wieder auf dem Boden stand. Sie schaute in seine Augen, die sie liebevoll und belustigt musterten. In den Anblick des anderen versunken standen sie da und die Zeit schien sich aufzulösen. »Ihnen gefällt’s hier«, unterbrach Sam den magischen Moment.
»Wem gefällt’s hier?«
»Na, deinen Katzen.«
»Woher weißt du das?«
»Ist es mit euren Superhelden nicht auch so, dass sie neben der übernatürlichen Kraft noch mehr außergewöhnliche Fähigkeiten haben?« »Hmm?« »Ich verstehe ihre Sprache. Deine Katzen, ich weiß, was sie fühlen und was in ihnen vorgeht.«
»Das gibt’s doch nicht! Aber von Anfang an konntest du das nicht, oder? Da dachte ich, du hättest Angst vor Ihnen.«
»Ja, diese Fähigkeit war seit langer Zeit verkümmert. Als ich das erste Mal auf der Erde war, da konnte ich sämtliche Tiere verstehen. Dann, später nach dem großen Fall, war das Wissen für mich verloren. Nun ist diese Gabe anscheinend wiedergekehrt.« Mit großen Augen schaute Kate erst ihn, dann ihre herumstromernden Katzen an. Auf einmal sperrte sie den Mund auf und holte erschrocken Luft. »Ich, ich habe jetzt auch etwas gehört. Es ist, als würde eine leise innere Stimme zu mir sprechen. Und ich sehe für den Sekundenbruchteil Bilder, angefüllt mit reinem Gefühl.«
»Was sagt die Stimme? Was fühlst du?«
»Also diese Stimme sagt so etwas Ähnliches wie: Schön hier, Kate. Viel größer als in der alten Wohnung. Wir lieben dich Kate und Sam mögen wir auch. Und das Gefühl ist reines Wohlbefinden.«
Zärtlich strich Sam über ihren Bauch. »Das kommt daher, dass mein Blut nun auch in dir zirkuliert. Ein Bruchteil meiner Kraft und meiner Fähigkeiten sind nun auch auf dich übergegangen.«
»Das ist unglaublich. Wird unser Kind auch diese Begabung haben? Wie war es damals mit euren Nachkommen gewesen?«
Seine Miene verfinsterte sich augenblicklich und er
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