Gottessoehne
Schriften des Enochs gelesen und weiß, was ihr den Frauen mit eurer Beiwohnung angetan habt. Ungeheuer habt ihr gezeugt und damit eine der größten biblischen Katastrophen heraufbeschworen. Und du verlangst jetzt von mir, mit dir diese gotteslästerlichen, abartigen Mischwesen zu zeugen?«
Erstaunt sog Danel die Luft ein und hob beschwichtigend die Hand. »Nein, glaub mir, das wird diesmal nicht passieren. Ich habe es gesehen, dieses Mal wird es ganz anders sein. Es wird keine Monster als Nachkommen geben. Therese.« Er hob bittend die Hände. »Ich habe so lange gebraucht, um meine Seelengefährtin zu finden, verlass mich bitte nicht.«
»Geh fort!«, schluchzte die junge Frau. »Ich will und kann nicht mit dir zusammen sein.«
Der bunte Lichtschein um Danel erstarb und ein Ausdruck von unendlicher Traurigkeit lag auf seinem Gesicht. »Therese, deine Liebe ist alles, was ich mir wünsche. Ohne dich bin ich verloren.«
In ihre Ablehnung gegen Danel, der ihr Menschlichkeit nur vorgespielt hatte, mischte sich Mitleid. Noch nie hatte sie ein Wesen gesehen, dass so verwirrt und verletzlich wirkte, wie er in diesem Moment. Ihre Blicke irrten wieder hilfesuchend durchs Zimmer und fielen erneut auf das Gemälde von
Giotto
mit dem gekreuzigten Jesus. »Du bist nicht verloren. Jesus ist auch für dich gestorben. Auch du bist geborgen in seiner Liebe und durch seinen Tod ist dir alle Schuld genommen.«
Die große Trauer in Danels Gesicht wich zuerst Verwirrung, dann verzerrte es sich in grenzenloser Wut. Seine Augen brannten förmlich in einer blutroten Farbe und seine Erscheinung wurde von einer Schwärze umgeben, die das spärliche Licht um ihn herum verschluckte. »Jesus!«, schnaubte er, jede Silbe vor Zorn bebend. »Jesus, von dem ihr glaubt, dass er für euch gestorben ist. Warum sollte der Sohn Gottes für die Menschen sterben? Was habt ihr schon groß getan, dass euch eine solche Gnade zustehen würde? Der Sohn Gottes! Es gab eine Zeit, da wurden wir die Söhne Gottes genannt, aber für uns ist er nicht gestorben. Nein, nicht für mich!«
Therese hielt die Luft an. Sie hatte Angst. Seine blutroten Augen bohrten sich in die Ihren, und die Wellen aus Zorn und Hass, die von ihm ausgingen, schnürten ihr die Kehle zu.
Ich muss hier raus! Ich muss sehen, dass ich von diesem teuflischen Wesen so schnell wie möglich wegkomme. Gott sei mir gnädig.
Vorsichtig schob sie einen Fuß nach dem anderen in Richtung Tür und hob sachte ihre Hand, um nach der Türklinke zu greifen. Danels rechte Hand schnellte in die Luft, die Tür knarrte kurz und das typische Geräusch eines sich im Schloss drehenden Schlüssels war zu hören. Therese erstarrte in ihrer Bewegung. Sie wusste, dass es zu spät war. Sie warf Danel einen flehenden Blick zu. Doch seine Augen waren hart wie Glas in dessen Mitte ein Feuer loderte. Er sah ihre Angst, wissend, dass er der Grund dafür war, aber er sah auch ihre Abscheu und ihr Entsetzen. Er stieß einen Schrei aus, packte ihren Hals und drückte zu.
Sie riss den Mund auf, versuchte zu schreien. Kein Laut kam über ihre Lippen. Ihre Finger flatterten durch die Luft. In ihrer Verzweiflung versuchte sie durch sein Gesicht zu fahren. Er schüttelte sie kurz, ein hässliches Knacken, gleich dem Zerbrechen eines dürren Astes und Therese sank in sich zusammen. Sie war tot. Auf ihrem Gesicht zeigten sich nur noch ein Ausdruck von Verwunderung und der Wunsch nach Vergebung. Danels blutrote Augen wurden wieder hell und klar. Er schrie auf. »Was habe ich getan?« Er nahm den leblosen Körper in seine Arme, wiegte ihn wie ein Kind. Dann hob er die tote Frau hoch, näherte sich der Tür, die von selbst aufsprang und schritt mit der Leiche hinaus auf den dunklen Flur.
Niemand sah, wie er Minuten später das bronzene Portal der St. Patrick‘s Cathedral aufdrückte und mit seiner leblosen Last in den Armen zum Altar schritt. Dort legte er sie auf die kalte Steinplatte. Er faltete ihre Hände, ordnete ihr das Haar und drehte sich um. Hastig eilte er die Stufen des Altarraumes hinab und rannte zum Kirchenportal. Da fiel sein Blick auf die Statue des Erzengels Michael. Er stoppte, riss eine Kirchenbank aus ihrer Verankerung und schleuderte diese gegen die Marmorstatue. Sie zersprang mit lautem Bersten in tausend Teile.
Kapitel 26
Zur gleichen Zeit in Soho, in einem dunklen Loft, schreckte Sam im Bett hoch. Kate, die er bis eben noch im Arm gehalten hatte, öffnete schlaftrunken die Augen. Zwei
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