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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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angehalten und schickten jetzt von dort oben eine Salve aus
     ihren Armbrüsten. Sie verfehlten ihr Ziel nicht. Pferde und Reiter stürzten in das aufschäumende Wasser. Krethi und Plethi
     jagten unter Geschrei den Hang hinunter, schwangen ihre Schwerter und Streitkolben und hieben unter Gebrüll auf die Lanzenträger
     ein.
    Weil sie durch das Überraschungsmoment und ihre Entschlossenheit im Vorteil waren, hielten sie die Angreifer auf. Für kurze
     Zeit wenigstens. Denn im Grunde war dies eine selbstmörderische Attacke. Die Verfolger waren in der Überzahl, den Lanzenträgern
     und Schützen kamen bereits die Schwerbewaffneten zu Hilfe. Krethi und Plethi fielen der Reihe nach aus ihren Sätteln. Von
     Lanzen durchbohrt, erschlagen |256| oder erstochen, stürzte einer nach dem anderen ins Wasser oder in den blutdurchtränkten Schlamm, Červenka, Brouk und Pytlik
     – vielleicht waren es aber auch Červenka, Pštros und Hrachojedek? Als Letzter fiel der tapfere Moritz Rvačka, aus dem Sattel
     gefegt vom Hieb eines Kampfbeils, den der Ritter mit dem roten Kreuz und den Steinmetzklammern auf dem Schild ausgeführt hatte.
    Reynevan und Samson hatten selbstverständlich das leicht vorhersehbare Ende des Kampfes nicht abgewartet. Sie rannten den
     Hang hinauf. Samson hatte den immer noch bewusstlosen Tauler über die Schulter geworfen. Reynevan trug die Armbrust, er versäumte
     nicht, sie anzulegen. Was nur vernünftig war, wie es schien.
    Zwei Berittene hatten sie eingeholt, Herren, wie man aus der Bewaffnung, den Pferden und ihrer Haltung schließen konnte. Sie
     waren schon dicht hinter ihnen. Reynevan hob die Armbrust. Er wollte den Körper des Reiters treffen, wählte dann aber, sich
     an die Lehren Dzier żka de Wirsings erinnernd, ein anderes Ziel und jagte den Bolzen in die Brust des Pferdes. Das Pferd,
     ein hübscher Schimmel, sank wie vom Blitz getroffen nieder, der Reiter indessen schlug solch einen Purzelbaum, dass ihn ein
     Akrobat darum beneidet hätte. Der zweite Herr wendete sein Pferd, beugte sich über die Mähne und floh. Das war eine kluge
     Entscheidung. Vom Waldrand strömten Reiter herbei. Gut ein halbes Hundert Bewaffneter. Die Mehrzahl mit dem roten Kelch auf
     der Brust oder der Hostie auf dem Schild.
    »Unsere!«, schrie Reynevan. »Das sind unsere, Samson!«
    »Deine!«, verbesserte Samson Honig ihn seufzend. »Aber ich gebe zu, dass auch ich mich darüber freue.«
    Die Berittenen mit dem Kelch kamen in geschlossener Formation den Steilhang herunter, über dem Fluss erklangen Lärm, Waffengetöse
     und Geschrei. Der junge Herr, dem Reynevan das Pferd unter dem Leib weggeschossen hatte, war wieder auf die Füße gekommen,
     hatte sich umgesehen und sich auf unsicheren Beinen zur Flucht gewendet. Er kam |257| nicht weit. Einer der Reiter schnitt ihm in den Weg ab, schlug ihn mit der flachen Schwertklinge auf den Hinterkopf und streckte
     ihn damit nieder. Dann wendete er das Pferd und ritt im Schritt zu Reynevan, Samson und dem immer noch ohnmächtigen Tauler
     herüber. Auf der Brust trug er, halb von einem Kelch aus rotem Stoff bedeckt, zwei schwarze gekreuzte Sturmleitern.
    »Sei gegrüßt, Reynevan«, sagte er, während er das Visier seines Helmes hochklappte. »Wie geht’s dir?«
    »Brázda von Klinštejn!«
    »Aus dem Hause Ronovic. Ich freue mich auch, dich zu sehen, Samson.«
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite.«
     
    Im Hohlweg, im Fluss und an den Ufern lag ein Dutzend Leichen. Es war schwer zu erraten, wie viele das Wasser mit sich gerissen
     hatte.
    »Was waren das für Leute?«, fragte der Anführer der Entsatztruppe, ein langhaariger, schnurrbärtiger, klapperdürrer junger
     Mann. »Sie sind so schnell geflohen, dass ich niemanden erkennen konnte. Ihr habt sie von nahem gesehen. Also? Bruder Bielau!«
    Reynevan kannte den Fragenden. Er hatte ihn vor zwei Jahren in Hradec Králové kennen gelernt. Das war Hauptmann Jan Čapek
     von Sán, der bei den Waisen rasch Karriere gemacht hatte. Die mit den roten Kelchen gekennzeichneten Reiter der Entsatztruppe
     gehörten zu den Waisen. Zu den Gottesstreitern, die sich so nannten, weil ihr geliebter und verehrter Anführer, der große
     Jan Žižka von Trocnov, sie durch seinen Tod zu Waisen gemacht hatte.
    »Reynevan, ich rede mit dir!«
    »Außer den einfachen Fußsoldaten waren acht Wichtigere dabei«, zählte der soeben Angesprochene auf, »zwei Ritter, sechs Herren,
     einer davon ist der, den sie dort gerade binden. Der

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