Gottesstreiter
die Burg gelangen kann.«
»Und wie?«
»Es gibt da einen Weg. Wenn sich nichts geändert hat ...«
Tauler sprach nicht weiter, weil er Amadeus Batas Gesicht erblickte. Und dessen Augen, die immer größer wurden.
Der nach Norden führende Weg verschwand zwischen zwei Hügeln. Von dort zogen, bislang von ihnen unbemerkt, Reiter im Schritt
heran. Sehr viele Reiter, ein ganzer Zug. In einer Stärke von mindestens zweihundert Pferden; hinter den mit Tannen bestandenen
Hügeln mochten sich womöglich noch einmal so viele befinden.
Der Zug bestand hauptsächlich aus einfachen Fußsoldaten, grau gekleideten Armbrustschützen und Lanzenträgern. An der Spitze
zogen acht Ritter und Herren, zwei davon in voller Rüstung. Einer von ihnen trug auf der Brust ein großes rotes Kreuz. Scharley
fluchte.
Tauler fluchte. Bata fluchte. Krethi und Plethi glotzten mit offenen Mündern, immer noch kniend und die Hände zum Gebet gefaltet.
Die Ritter in ihren Rüstungen waren zunächst genauso überrascht |254| wie sie selbst. Aber es dauerte ein wenig länger, bis sie sich von ihrer Überraschung erholt hatten. Bevor der mit dem Kreuz,
zweifellos der Anführer, die Hand gehoben und einen Befehl gebrüllt hatte, rasten Tauler, Bata und Scharley bereits im Galopp
davon, spornten Reynevan und Samson ihre Pferde zum Galopp an, sprangen Krethi und Plethi in den Sattel. Der Befehl des Ritters
war hauptsächlich an die Armbrustschützen gerichtet. Noch bevor es die Zehnergruppe unter Moritz Rva čka geschafft hatte,
größeren Abstand zu gewinnen, prasselte ein Hagel von Pfeilen auf sie nieder. Einer stürzte vom Pferd, war es Voj, war es
Hnuj, Reynevan konnte es nicht erkennen. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, seine eigene Haut zu retten.
Er sprengte halsbrecherisch durch ein Gehölz, durch einen Birkenwald, die weißen Stämme zogen im Flug an ihm vorbei. Einer
von Krethi und Plethi überholte ihn und jagte wie ein Verrückter Tauler, Scharley und Bata hinterher. Neben ihm schnaubte
Samsons Pferd. Hinter ihnen erklangen Hufgetrappel und das Geschrei der Verfolger. Plötzlich hörten sie den schrecklich hohen
Schrei eines Mannes, den sie eingeholt hatten. Kurz darauf hatten sie auch einen zweiten erwischt.
Sie stürmten in einen schmalen Hohlweg, der sich aber weitete und zum Fluss hinunterführte. Scharley, Tauler und Bata pflügten
dicht vor ihnen im Galopp durch das Wasser, drängten zum Ufer hin und dann die Böschung des Hohlwegs hinauf. Die Böschung
war lehmig, Taulers Pferd glitt aus und rutschte wild stöhnend auf der Hinterhand wieder hinunter. Tauler wurde aus dem Sattel
geschleudert, sprang aber sofort wieder auf und schrie um Hilfe. Moritz Rvačka und einige aus seiner Schar galoppierten an
ihm vorüber, ohne die Köpfe über den Mähnen ihrer Pferde zu heben. Reynevan beugte sich aus dem Sattel und streckte die Hand
aus, Tauler ergriff sie und sprang auf den Rücken von Reynevans Pferd. Reynevan stieß einen Schrei aus und gab dem Pferd die
Sporen. Es sah ganz so aus, als könnten sie den glitschigen Abhang überwinden. Aber sie schafften es nicht.
|255| Das Pferd glitt auf dem Lehm aus, stürzte und stöhnte wie besessen auf. Beide Reiter fielen herunter. Reynevan hielt schützend
beide Hände über den Kopf, er wollte rückwärts rollen, aber dies gelang ihm nicht. Ein Fuß hatte sich im Steigbügel verfangen,
wurde durch die heftigen Bewegungen des verzweifelt um sich schlagenden Pferdes, das versuchte aufzustehen, schmerzhaft gedrückt
und gequetscht. Tauler hingegen, den der Sturz kurze Zeit betäubt hatte, war bemüht sich zu erheben, allerdings sehr unglücklich,
denn er erhielt einen Huftritt gegen den Kopf. Einen so mächtigen Schlag, dass es hallte.
Jemand ergriff Reynevan an den Schultern und zog. Er jaulte vor Schmerz auf, aber der Fuß glitt aus dem Steigbügel, der sich
während des Sturzes verdreht und verheddert hatte. Das Pferd riss sich los und sprengte davon. Reynevan stand auf seinen Beinen,
erblickte Samson, ebenfalls zu Fuß, und dann zu seinem Schrecken eine Gruppe von Berittenen, die den Fluss durchquerten, dass
das Wasser aufspritzte. Sie waren schon dicht hinter ihnen. So nahe, dass Reynevan ihre zu Grimassen verzerrten Gesichter
erkennen konnte. Und die blutbefleckten Spitzen ihrer Lanzen.
Vor dem Tod retteten sie Krethi und Plethi, Moritz Rvačka
et consortes.
Sie waren nicht geflohen, sondern hatten am Rand des Steilhanges
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