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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nicht. Er wollte sie mit der Festnahme lediglich erschrecken. Sie zum Einlenken zwingen, sie dazu bringen,
     sobald man sie freiließ, Münsterberg zu verlassen, artig und ohne Aufsehen zu erregen. Er wusste nicht   ...«
    |382| »Was wusste er nicht?« Reynevan spürte, wie sich seine Wangen röteten. »Was   ...?«
    »Im Rathauskerker«, die Stimme des Ritters veränderte sich, Reynevan glaubte, ein Zähneknirschen zu hören, »trieb eine Bande
     ihr Unwesen, wie sich zeigte. Wächter, Henkersknechte, Kerle von der Stadtwache, ein paar Spießbürger, ein paar Handwerksgesellen   ... Kurzum, die hatten sich im Rathauskerker ein kostenloses Freudenhaus eingerichtet. Sobald eine Frau dorthin gebracht wurde,
     besonders, wenn man sie der Hexerei verdächtigte, kamen sie des Nachts   ...«
    Er verstummte.
    »Einmal hat einer dieser Lumpen in der Eile und im Gedränge seinen Hosengürtel in der Zelle vergessen. Am Morgen fand man
     Adele. Sie hatte sich mit dem Gürtel erhängt.«
    »Natürlich gab es keine Untersuchung. Niemand wurde bestraft. Johann von Münsterberg fürchtete das Aufsehen. Die Burgunderin,
     erzählte man sich, habe der Teufel eigenhändig in der Zelle ermordet, weil sie ihn verraten habe, weil sie beabsichtigt habe,
     ihm abzuschwören, und um die Sakramente gebeten habe. All das bestätigte und verkündigte Nikolaus Kappitz, der Abt der Zisterzienser
     von Kamenz, von der Kanzel herab. Dabei erwähnte er auch dich. Um davor zu warnen, wohin Kontakte zu Hexern führten.«
    »Und niemand   ...«, Reynevan hatte einen Kloß im Hals, »niemand   ...«
    »Niemand!«, vollendete der Ritter den Satz. »Wen ging das schon etwas an? Heute haben das alle längst vergessen. Außer Herrn
     Puta von Czastolovice. Herr Puta ist weiterhin um ein gutes Verhältnis zu Herzog Johann und ein Bündnis bemüht, aber die Hochzeit
     Johanns mit Anka wird immer wieder verschoben.«
    »Und sie wird auch nicht stattfinden«, sagte Reynevan mit rauher Stimme. »Ich werde Johann töten. Ich reite nach Münsterberg
     und werde ihn töten. Und wenn es in der Kirche wäre, ich werde ihn töten. Ich werde Adele rächen.«
    |383| »Du wirst sie rächen?«
    »Ich werde sie rächen. So wahr mir Gott und das heilige Kreuz helfen!«
    »Lästere Gott nicht«, wies ihn der Ritter trocken zurecht, ebenfalls mit rauher Stimme. »Für die Rache sucht man nicht die
     Hilfe Gottes. Wirkliche, aufrichtige Rache muss grausam sein. Wer sich rächt, muss Gott verwerfen, und er ist verdammt. Für
     immer.«
    Mit einer blitzschnellen Bewegung riss er sein Schwert aus der Scheide, beugte sich vor, packte Reynevan am Kragen, riss ihn
     hoch, würgte ihn, hielt ihm dann die Klinge an die Kehle und kam mit dem Gesicht ganz nah an das von Reynevan heran, sie standen
     sich Auge in Auge gegenüber.
    »Ich bin Gelfrad von Sterz.«
    Reynevan schloss die Augen, er zitterte, als er spürte, wie die Klinge ihm den Halse ritzte und warmes Blut auf sein Hemd
     tropfte. Aber das dauerte nur einen Moment, nur den Bruchteil einer Sekunde, dann wurde die Klinge weggezogen. Er spürte,
     wie die durchgeschnittenen Fesseln zu Boden fielen.
    Gelfrad von Sterz, Adeles Gemahl, richtete sich auf.
    »Ich war fest entschlossen, dich zu töten, Bielau«, sagte er mit rauher Stimme. »Als ich in Schellerhau erfuhr, wer du bist,
     bin ich dir gefolgt und habe auf eine Gelegenheit gewartet. Ich weiß, dass du an Niklas ’ Tod nicht schuld bist. Vor zwei
     Jahren hast du Wolfher das Leben geschenkt; wäre dein Edelmut nicht gewesen, hätte ich statt des einen zwei Brüder verloren.
     Dennoch war ich entschlossen, dir das Leben zu nehmen. Ja, ja, du hast Recht   ... Ich wollte dich töten, weil du meinen Stolz als Mann verletzt hast. Ich wollte mit deinem Blut den Schmutz und die Schande
     von meinem Wappen waschen. In deinem Blut die Schande des traurigen
cocu
, des Größten aller Gehörnten, ertränken.«
    »Aber was soll’s   ...«, schloss er und schob das Schwert wieder in die Scheide zurück. »Es hat sich vieles geändert.«
    »Dass ich lebe, dass ich in Schlesien bin, weiß niemand, nicht |384| einmal Apeczko, das Oberhaupt unserer Familie. Auch Wolfher und Morold, meine eigenen Brüder, wissen es nicht. Ich werde nicht
     lange hier bleiben. Ich erledige, was zu erledigen ist, dann kehre ich nie mehr hierher zurück. Ich bin jetzt ein Lausitzer,
     stehe im Dienst des Sechsstädtebundes   ... Ich werde mich auch mit einer Lausitzerin verheiraten. Bald. Ich

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