Gottesstreiter
sicher, weil mir die Hände gebunden sind. Dann kümmere dich gefälligst auch nicht um meine
Ehre, achte lieber auf deine, das ist angemessener. Und es geht auch ohne Trost. Nur mal so aus Neugier: Wie und womit willst
du mich trösten?«
Der schwarze Ritter schwieg lange und blickte ihn mit seltsamer Miene an. Dann begann er zu sprechen.
»Adele von Sterz ist tot.«
Wieder herrschte langes Schweigen. Und wiederum entschied sich der Ritter, das Schweigen zu beenden.
»Herzog Johann, der Herr von Münsterberg«, sagte er, jedes |380| Wort genau wägend, »hatte beschlossen, das Bündnis seines Herzogtums mit Glatz und Puta von Czastolovice zu festigen. Beide
kamen überein, die beste Art, dies zu tun, sei eine Heirat Johanns mit Anka, der jüngsten Tochter des Herrn Puta. Aber es
gab da ein Problem, und das hieß Adele. Adele von Sterz, die sich in Münsterberg breit gemacht hatte, als wäre sie die Herzogin.
Die, als sie von den Heiratsplänen Herzog Johanns erfuhr, solch ein Höllenspektakel veranstaltete, dass die Wände wackelten.
Nun zeigte sich, dass sie keine gewöhnliche Favoritin war, keine von den obligaten Buhlen, die man wegjagen, bestechen oder
einem Vasallen zur Frau geben konnte. Es war klar, dass eine vom Herzog verlassene Adele ein gewaltiges Getöse machen und
einen ungeheuren Skandal verursachen würde. Puta von Czastolovice rümpfte die Nase, er wünsche kein Aufsehen, und er wolle
nicht, dass seine Anka Unannehmlichkeiten ausgesetzt sei, sagte er. Ein Verlöbnis werde es nicht eher geben, schwor er bei
allen Heiligen, bis der Bräutigam ohne Fehl und Tadel sei und am Münsterberger Hofe Ordnung und Frömmigkeit herrsche. Er werde
seine Tochter so lange nicht nach Münsterberg entsenden, bis er sicher sei, dass ihr dort nicht Gespött, Gelächter oder andere
Schmähungen drohten.«
»Ziemlich rasch, wohl unter den Einflüsterungen seines Beichtvaters, fand Johann von Münsterberg eine Lösung für sein Problem.
Es wird dich wundern, aber zum Teil warst du es, der zu dieser Lösung beigetragen hat, junger Herr. Die Burgunderin, fiel
dem Herzog nun ein, hatte doch seinerzeit in enger Verbindung mit Reinmar von Bielau, dem berühmten Schwarzkünstler, gestanden.
Du machst so ein merkwürdiges Gesicht! Ich habe gedacht, die Rache würde dir Vergnügen bereiten, und die Nachricht, dass diese
Jesabel auch dir ihren Fall verdankt, wäre dir angenehm ... Ich habe gedacht ...«
»Da hast du etwas Falsches gedacht. Fahr fort.«
»Außerdem fand man heraus, dass Adele tatsächlich versucht |381| hatte, dem Herzog Liebstöckel zu verabreichen, und sich mit Liebeszauber abgab. Sie wurde der Hexerei und des Paktes mit dem
Teufel angeklagt. Diese Anklage untersuchte der größte Spezialist für Hexerei in dieser Gegend, Nikolaus Kappitz, der Abt
des Zisterzienserklosters von Kamenz. Er befand Adele für schuldig, entdeckte in ihr und um sie herum teuflisches Fluidum
und Teufelsgerüche. Es heißt, er habe dies alles für hundert ungarische Dukaten herausgefunden, die er vom Herzog bekommen
hatte. Auch ein Kräuterweib wurde aufgegriffen, dem man die Füße ansengte ... Sie gestand, Adele habe von ihr nicht nur Liebestränke gekauft. Aus Furcht, der Herzog würde sie verstoßen, habe sie schon
frühzeitig Rachepläne geschmiedet. Sie habe ein Teufelselixier bestellt, welches dem Herzog für immer die Kraft seines Gliedes
rauben sollte. Für alle Fälle habe sie auch Stechapfel bestellt. Für Anka von Czastolovice.«
»Die Aussagen des Kräuterweibleins wurden Adele gezeigt. Man schlug ihr ein Abkommen vor. Aber die Burgunderin zeigte keine
Angst. Ein Prozess wegen Hexerei? Aber bitte schön! Sie werde schon im Gerichtssaal aussagen, da bekämen die Richter, die
Kanoniker und die Äbte ordentlich was zu hören! Sie, Adele, wisse vieles und werde dies gerne aussagen. Man werde dann schon
sehen, ob Herzog Johann über solche Berühmtheit erfreut sei.«
»Johann, der die Angelegenheit schon als erledigt betrachtet hatte, wurde wütend. Er erteilte einen Befehl. Ehe sie sich’s
versah, landete die schöne Burgunderin im Kerker des Rathauses. Von Daunen und Atlas aufs faulige Stroh ...«
»Hat man ...«, Reynevan räusperte sich, weil seine Kehle wie zugeschnürt war, »hat man sie gefoltert?«
»Aber woher denn! Schließlich war sie eine Adelige! Solche Gemeinheiten einer Angehörigen des Adels gegenüber wagte Johann
von Münsterberg
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