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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Befehle ausschließlich vom obersten Anführer. Der
     Kontakt wurde durch spezielle Kuriere gehalten. Es kam vor, dass ein Kontaktmann von Vogelsang den Tod fand. Ermordet wurde.
     Dann brach der Kontakt ab. Vogelsang verschwand ganz einfach.«
    »Die Erklärung dafür liegt auf der Hand: Die Gruppe fürchtete Verrat. Jeder neue Verbindungsmann konnte ein eingeschleuster
     Aufwiegler sein; diesen Verdacht erhärtete die Verhaftungswelle, welche die von Vogelsang gebildeten Netzwerke und Untergruppen
     schwächte. Neplach hat lange darüber nachgedacht, wen er schicken sollte. Wem Vogelsang glauben und vertrauen würde.«
    »Und er hat jemanden gefunden«, Reynevan nickte, »Peterlin war ein Verbindungsmann zu Vogelsang, stimmt’s?«
    »Es stimmt.«
    »Denkt Neplach etwa, dieser zutiefst konspirative Vogelsang würde sich mir zu erkennen geben? Nur, weil Peterlin mein Bruder
     war?«
    »Die Wahrscheinlichkeit dafür ist zwar gering, aber sie besteht«, antwortete der Goliarde ernst. »Filou ist verzweifelt. Es
     ist bekannt, dass Prokop der Kahle seit langem plant, in Schlesien einzufallen. Prokop rechnet sehr mit Vogelsang, er hat
     die Gruppe in seiner Strategie berücksichtigt. Er muss also wissen, ob Vogelsang   ...«
    »Ob Vogelsang ihn verraten hat oder nicht«, beendete Reynevan, plötzlich hellsichtig geworden, den Satz. »Die Gruppe hätte
     entdeckt, ihre Mitglieder aufgegriffen und umgedreht werden können. Wenn der Verbindungsmann, der die Gruppe sucht, darauf
     hereinfällt   ... Das heißt, wenn ich darauf hereinfalle, |429| wenn ich verhaftet und umgebracht werde, dann ist das ein Beweis für den Verrat. Habe ich Recht?«
    »Das hast du. Was antwortest du jetzt auf meinen Rat? Nimmst du ihn ernst und die Beine in die Hand, solange du noch heil
     und ganz bist?«
    »Nein.«
    »Sie geben dich zum Abschuss frei. Und du lässt das zu, wie der letzte Naivling.«
    »Die Sache ist es, die zählt«, erwiderte Reynevan nach längerem Schweigen, seine Stimme klang so feierlich wie die eines Bischofs
     an Fronleichnam.
    »Was?«
    »Das Allerwichtigste ist unsere Sache«, wiederholte er mit einer Stimme, hart wie ein Grabstein aus Granit. »Wenn es um das
     Wohl der Sache geht, zählt der Einzelne nicht. Wenn dank dessen die große Sache des Kelches befördert werden kann, wenn dies
     ein Stein für den Altar unseres endgültigen Triumphes sein soll   ... Dann bin ich bereit, mich zu opfern.«
    »Lange schon«, meinte der Mamun, der, wie es schien, mitnichten geschlafen hatte, »sehr lange schon habe ich so etwas Dämliches
     nicht mehr gehört.«
    Mein Vater war Fuhrknecht, er fuhr einen Wagen.
    Sein Geld hat er stets zu den Huren getragen.
    Sein Sohn ich bin, ähnlich ich ihm bin,
    Denn auch ich trag mein Geld zu den Huren hin.
    Die Bewohner des Dörfchens Metschnik blickten finster zu den drei sich in ihren Sätteln wiegenden Reitern hin. Der Sänger
     des Liedchens, der dazu die Laute spielte, trug eine rote Kappe mit Zacken, graues, unordentliches Haar lugte darunter hervor.
     Der eine von seinen Gefährten war ein liebenswürdiger junger Mann, der andere ein widerwärtiger Zwerg mit einer engen Kapuze.
     Der Zwerg war, wie es schien, der Betrunkenste von allen dreien. Er fiel fast vom Pferd, sein |430| Bass dröhnte, er pfiff auf den Fingern und pöbelte die Mädchen an. Die Bauern machten grimmige Mienen, aber sie kamen nicht
     näher und fingen keine Händel an. Der mit der roten Kappe trug ein Schwert an seiner Seite und blickte ernst drein. Der widerwärtige
     Zwerg klopfte auf einen am Sattelknopf hängenden widerwärtigen Streitkolben, oben fest mit Eisen beschlagen und mit eisernen
     Dornen versehen. Die Bauern konnten nicht wissen, dass dieser Streitkolben ein berühmter flämischer
goedendag
war, eine Waffe, mit der französische Ritter einst bei Courtrai, bei Roosebeke, bei Cassel und in anderen Schlachten und Scharmützeln
     sehr unangenehme Bekanntschaft gemacht hatten. Aber ihnen genügte schon der Anblick.
     
    »Nicht so laut, meine Herren«, sagte der liebenswürdige junge Mann, »nicht so laut. Wir müssen das Prinzip der Konspiration
     wahren.«
    »Der Kons-pi-pi-ratz-ratzion«, kommentierte der betrunkene Zwerg mit der Kapuze. »Lasst uns reiten! Holla, Raabe! Wo is’ denn
     nun deine berühmte Her-herberge? Wir reiten und reiten, und der Hals wird trocken!«
    »Noch eine Stadie«, der Grauhaarige mit der roten Kappe schwankte im Sattel, »noch eine Stadie   ... Oder zwei Stadien  

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