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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Weg, den sie nimmt, mit Feuersbrünsten und Rauch deutlich kennzeichnet.
     Bischof Konrad hatte also genügend Zeit gehabt, sein Heer in Stellung zu bringen. Genügend Zeit hatte auch der Starost von
     Glatz gehabt, Herr Puta von Czastolovice, um ihm zu Hilfe zu eilen. Unter seinem Kommando hatten sich tausendeinhundert bewaffnete
     Reiter und ein Fußvolk von fast sechstausend Bauern vereint, die in ihrem Rücken eine starke Deckung durch die bewaffneten
     Bürger von Neisse und die Mauern der Stadt hatten. |497| Der Bischof und Puta hatten daher beschlossen, eine offene Feldschlacht zu wagen. Als Prokop der Kahle vor Neisse erschien,
     fand er auf der Mönchswiese die Schlesier vor; sie trugen Waffen und Standarten, hatten Aufstellung genommen und waren bereit
     zum Kampf. Er nahm die Herausforderung an.
    Nachdem seine Hauptleute das Heer formiert hatten – und das geschah schnell   –, schickte sich Prokop zum Gebet an. Er betete ruhig und still. Die Beleidigungen, die die Schlesier herüberschrien, ignorierte
     er vollständig.
    »Hus ist ein Ketzer! Hus ist ein Ketzer! Hu! Hu! Hu!«
    »Herr«, sagte er und faltete die Hände, »Herr Zebaoth, zu dir flüchten wir uns im Gebet. Sei uns Schild und Schirm, Fels und
     Festung in den Gefahren des Krieges und des Blutvergießens. Lass deine Gnade mit uns sündigen Menschen sein.«
    »Teufelssöhne! Teufelssöhne! Hu! Hu! Hu!«
    »Vergib uns unsere Schuld und unsere Sünden. Stärke die Kraft des Heeres, sei mit ihnen im Kampf, verleihe ihnen Mut und Tapferkeit.
     Sei uns Trost und Zuflucht, verleihe uns Kraft, auf dass wir den Antichristen, deine und unsere Feinde bezwingen können.«
    Prokop bekreuzigte sich und schlug dann das Kreuz über den anderen: über Jaroslav von Bukowina, Jan Bleh, Otíka z Lozy und
     Jan Tovačovský. Mit ausladenden Bewegungen, auf orthodoxe Art, bekreuzigte sich Fedor von Ostrogski, der eben erst von der
     Zerstörung Steinaus durch das Feuer zurückgekehrt war. Dobko Puchała und Jan Zmrzlík, die gerade Klein Strehlitz und Krappitz
     niedergebrannt hatten, bekreuzigten sich ebenfalls. Der neben der Bombarde kniende Markolt bekeuzigte sich, schlug sich an
     die Brust und wiederholte sein
mea culpa.
    »Gott im Himmel«, Prokop hob seinen Blick, »du zähmst das stolze Meer. Du glättest seine aufgebrachten Wogen. Du hast Rahab
     wie Aas zerstampft, mit deinem starken Arm hast du die Feinde zerstreut. Gib, dass auch heute die Macht des |498| Feindes bezwungen dieses Schlachtfeld verlässt. Zum Kampf, Brüder! Beginnt in Gottes Namen!«
    »Vorwärts!«, schrie Jan Bleh z Těšnice, sein tänzelndes Pferd zur Front des Heeres lenkend. »Vorwärts, Brüder!«
    »Vorwärts, Gottesstreiter!« Sigmund von Vranov schwang seinen Streitkolben und gab damit das Zeichen, vor den Truppen die
     Monstranz emporzuheben. »Fangt an!«
    »Fangt aaan!«, gaben die Hundertschaftsführer durch die Reihen weiter. »Faaangt aaan!«   ... »Aaanfaaangeen!   ... Aaanfaaangeen!«
    Das taboritische Fußvolk regte sich und rasselte mit Waffen und Schilden wie ein Drache mit seinen Schuppen. Und wie ein riesiger
     Drache bewegte es sich vorwärts. Die viertausend Mann zählende, anderthalbtausend Schritt breite und zweieinhalb Schritt tiefe
     Formation marschierte geradewegs auf die vor Neisse versammelte schlesische Armee zu. Die in der Formation mitgeführten Wagen
     polterten.
    Reynevan, der, Scharleys Beispiel folgend, der besseren Sicht wegen auf einen Birnbaum am Feldrain geklettert war, hielt Ausschau,
     konnte jedoch Bischof Konrad unter den Schlesiern nicht ausmachen. Er erkannte die Standarte von Puta von Czastolovice und
     Puta selbst, der vor der Linie der Ritter hin- und hersprengte und sie an einem ungeordneten Angriff hinderte. Er sah die
     große Abteilung der Johanniter, unter denen sich Ruprecht, der Herzog von Lüben, in seiner Eigenschaft als Großmeister dieses
     Ritterordens befinden musste. Er bemerkte die Zeichen und Farben Ludwigs, des Herzogs von Ohlau und Nimptsch. Er erblickte
     die Standarte von Johann, dem Herzog von Münsterberg, mit dem zur Hälfte schwarzen, zur anderen Hälfte roten Adler – und knirschte
     mit den Zähnen.
    Die Taboriten marschierten im gleichmäßigen, gemessenen Schritt. Wagenachsen quietschten. Die Linie des schlesischen Fußvolkes,
     von Pavesen geschirmt und nur durch die aufgerichteten Waffenspitzen kenntlich, bewegte sich nicht, sein |499| Anführer, ein Ritter in voller Rüstung, galoppierte die Reihe

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