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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Dreschflegelkämpfer.
    »Looos! Auf siiiieee!«
    Sie erreichten ihr Ziel. In das Wiehern der Pferde und das Geschrei der Menschen mischte sich laut und vernehmlich der Klang
     ihrer Waffen, die auf die Rüstungen einhieben.
    Die Johanniter versuchten den Ansturm von Otíka z Lozy aufzuhalten, aber die Nimburger bezwangen sie schon beim ersten Angriff,
     Tuniken mit den weißen Kreuzen bedeckten überraschend schnell die blutgetränkte Erde. Die Münsterberger hielten tapfer stand,
     nicht nur, dass sie vor dem Ansturm nicht zurückwichen, sie warfen die Lanzenträger von Jaroslav von Bukowina sogar zurück.
     Auch die Ritter und Waffenknechte aus Ohlau hielten dem Ansturm durch Dobko Puchała |502| und Tovačovskyśtand, aber den auf sie niederprasselnden Schwerthieben der Polen und der Mähren waren sie nicht gewachsen,
     sie schwankten. Als sie dann sahen, wie Puchała mit einem schrecklichen Hieb seiner Streitaxt den Schädel von Tiprando de
     Reno, dem Anführer dieser Krieger, spaltete, gaben sie auf. Die gesamte linke Flanke schwankte und zersplitterte wie Glas.
     Puta von Czastolovice bemerkte es. Obwohl er in den Kampf mit dem Fußvolk verwickelt und bis zum Helm hinauf blutbespritzt
     war, erfasste er sofort die Gefahr. Als er, in den Steigbügeln stehend, die ihn von rechts her einkesselnde Reiterei von Jaroslav
     von Bukowina und die auf ihn eindringenden Panzerreiter von Otíka z Lozy sowie die diesem zu Hilfe eilende Horde der Dreschflegelkämpfer
     sah, begriff er, dass er verloren war. Mit heiserer Stimme schrie er seine Befehle heraus und drehte sich um, er musste sehen,
     wie die bischöflichen Krieger Reißaus nahmen, wie Lorenz von Rohrau das Schlachtfeld verließ, wie Hintsche von Borschnitz
     davonlief und wie sich Nikolaus Zedlitz, der Burggraf von Ottmachau, verdrückte. Wie die Münsterberger Reiterei aufgerieben
     wurde. Wie die versprengten Ohlauer unter dem Ansturm der Mähren und der Polen das Weite suchten. Wie der Komtur Dietmar von
     Alzey starb und wie sich bei diesem Anblick die Johanniter zur Flucht wandten, wie ihnen die Reiterei von Otíka z Lozy im
     Nacken saß und unerbittlich auf sie einhieb. Wie, aufgespießt vom Haken einer Hellebarde, der junge Knappe Johann Zetterwang
     vom Pferd fiel, Sohn eines Glatzer Patriziers, dem er, Puta von Czastolovice, Starost von Glatz, gelobt hatte, auf seinen
     Jüngsten im Kampf Acht zu geben.
    »Her zu mir!«, donnerte er. »Her zu mir, Glatz!«
    Aber er konnte schreien, so viel er wollte, Schlacht und Krieg hatten ihre eigenen Gesetze. Als auf seinen Ruf hin die Glatzer
     Ritterschaft und die Reste der Söldner den Hussiten erbitterten, ja verzweifelten Widerstand boten, wendete Puta von Czastolovice
     sein Pferd und nahm Reißaus. Das musste er tun, das war notwendig. Jetzt galt es, Neisse zu retten, die immer |503| noch gut bewaffnete und verteidigungsfähige Bischofsstadt. Jetzt galt es, Schlesien zu retten. Das Glatzer Land.
    Und die eigene Haut.
    Dicht vor dem Stadtgraben, der Stadtmauer und dem Zolltor zerstampfte Putas zum Galopp gezwungenes Pferd die achtlos weggeworfene
     bischöfliche Standarte im Schlamm. Die schwarzen Adler und die roten Lilien.
     
    Auf diese Weise, mit einem alles zerschmetternden Sieg und einem weiteren Triumph Prokops des Großen, endete die Schlacht
     bei Neisse, die auf der Mönchswiese und deren Umgebung am Tag nach dem Fest der heiligen Gertrud im Jahre des Herrn 1428 geschlagen
     wurde.
     
    Danach war alles wie immer. Die siegestrunkenen Scharen der Hussiten gingen daran, den Verwundeten den Garaus zu machen und
     die Erschlagenen zu berauben. Die Zahl der Toten betrug etwa tausend, aber schon zur Zeit des Abendgebets hörte Reynevan ein
     Liedchen, in dem von dreitausend die Rede war. Bis zum Morgengrauen war das Lied um zwei neue Strophen angewachsen und die
     Zahl der Getöteten um weitere zweitausend gestiegen.
    Jetzt waren die triumphierenden Böhmen an der Reihe, vor den Stadtmauern von Neisse Flüche und Drohungen, Beschimpfungen und
     verschiedene Schmähungen gegen den Papst auszustoßen, und die Verteidiger sahen sich gezwungen, still wie die Mäuslein unterm
     Reisigbesen dazusitzen. Die Vorstadt ging in Flammen auf, wobei auch nicht eine einzige Hütte verschont wurde, aber die Stadt
     selbst wurde nicht angegriffen. Prokop begnügte sich mit einem Beschuss durch Bombarden, der nicht sehr intensiv war, und
     der Prediger Markolt organisierte vor der Stadtmauer eine abendliche Demonstration

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