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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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sich in Lachen aus. Knechte und Pagen sahen mit
     offenen Mündern zu.
    |494| »Ja«, lachte der Ogończyk breit, »dies ist ein guter Tag! Ich habe schon lange keinen Ordensritter mehr erschlagen!«
    »Zu den Truppen!«, schrie der Herzog. »Zu den Männern! Beruhigt sie! Vor allem die Deutschen! Wenn einer die Gefolgschaft
     verweigert, dann eins mit der Axt über den Schädel! Und fertig machen zum Abmarsch!«
    »Nach Neisse?«
    »Nein, nach Krappitz und Oppeln! Befehl ausführen!«
    »Jawohl!«
    Bolko Wołoszek drehte sich um und heftete seine glühenden Augen auf Reynevan und Horn. Sein Atem ging rasch, laut und unregelmäßig.
     Seine Hände zitterten.
    »Sapienti sat«
, krächzte er. »Ihr habt gehört, was ich befohlen habe. Ich ziehe meine Truppen zurück, und zwar so, dass ich euren Angriffen
     nicht in die Quere komme. Ich ziehe nicht nach Neisse, ich werde den Bischof nicht unterstützen. Prokop sollte das als einen
     Bündnisakt ansehen. Ihr hingegen werdet meine Gebiete verschonen. Oberglogau   ... Aber das ist noch nicht alles. Noch nicht alles, beim Leiden des Erlösers!«
    »Sagt Prokop   ...«, der junge Herzog hob stolz den Kopf, »sagt ihm, dass eine Allianz mit mir wesentliche Veränderungen auf der Landkarte
     nach sich ziehen muss. Und zwar   ...«
     
    »Und zwar hat Wołoszek Hochwald, Przybor, Ostrau und Frankstadt als Erblehen gefordert. So, wie wir es ausgemacht hatten,
     habe ich sie ihm zugesagt. Aber das reichte ihm nicht, er forderte Namslau, Kreuzburg, Greisau, Riebnig, Pless und Beuthen.
     Ich habe sie ihm ebenfalls versprochen, Bruder Prokop, mit deinem Namen dafür einstehend. War ich zu voreilig?«
    Prokop der Kahle antwortete nicht sofort. Er aß im Stehen, mit dem Rücken gegen einen Kampfwagen gelehnt. Mit einem Lindenholzlöffel
     fischte er die Mehlklößchen aus der Suppe. In seinem Schnauzbart trocknete Milch.
    Hinter dem Wagen und in Prokops Rücken tobte ein Brand, |495| in einem großen Feuer versank die Stadt Ziegenhals. Die Pfarrkirche brannte wie eine Fackel. Das Feuer verzehrte die Dächer,
     der Rauch stieg in schwarzen Ballen zum Himmel auf. Die gellenden Schreie der Bewohner wollten nicht verstummen.
    »Nein, Bruder, du warst nicht zu voreilig.« Prokop der Kahle leckte seinen Löffel ab. »Du hast richtig gehandelt. Wir geben
     ihm alles, was ihm versprochen wurde. Bolko braucht eine Entschädigung. Für das erlittene Unrecht. Denn es hat sich irgendwie
     so ergeben, dass Zmrzlík und Puchała, als sie Bielau und Neustadt in Flammen aufgehen ließen, in ihrem Eifer sein geliebtes
     Oberglogau gleich mitverbrannt haben. Wir werden ihn für dieses Unrecht entschädigen. Die Mehrzahl der Städte, die er verlangt,
     werden wir allerdings erst noch erobern müssen. Danach werden wir sehen, was für ein Verbündeter Herzog Bolko ist. Und dann
     werden wir ihn für seine Verdienste um unsere Sache belohnen.«
    »Und für seine Verdienste vor Gott«, warf der Prediger Markolt mit vollem Mund ein. »Der Erbe von Oppeln muss das Sakrament
     aus dem Kelch empfangen und auf die Vier Artikel schwören.«
    »Auch dafür wird die Zeit kommen.« Prokop stellte seine Schüssel ab. »Esst auf.«
    Auf Prokops Schnauzbart trockneten Milch und Mehlkrümel. Hinter ihm zerfiel Ziegenhals in Schutt und Asche. Die im Feuer umkommenden
     Einwohner schrien.
    »Fertig machen zum Abmarsch! Nach Neisse, Gottesstreiter! Nach Neisse!«

|496| Achtzehntes Kapitel
    in dem sich am Donnerstag, dem achtzehnten März des Jahres 1428, oder wie man in den Chroniken zu schreiben pflegt:
in crastino Sancte Gertrudis Anno Domini MCCCCXXVIII
in der Schlacht bei Neisse etwa
XIV
tausend Mann gegenseitig an die Gurgel gesprungen sind. Der Verlust an Leben betrug
circa M
auf Seiten der Unterlegenen. Die Verluste der Sieger übergeht man wie die Chronisten mit Schweigen.
     
    Hus ist ein Ketzer!«, skandierten die Männer in den ersten Reihen des bischöflichen Heeres, das auf der Mönchswiese Aufstellung
     genommen hatte. »Hus ist ein Ketzer! Hu! Hu! Hu!«
    Die Nachricht, dass die Taboriten auf Neisse zumarschierten, musste den Bischof von Breslau schon frühzeitig erreichen – was
     nicht verwunderlich war, denn es ist doch ein ziemlich schwieriges Unterfangen, mit einer etwa siebentausend Mann und an die
     zweihundert Wagen zählenden Armee im Geheimen ein Manöver durchzuführen, besonders dann, wenn eben diese Armee auf ihrem Marsch
     alle in der Umgebung befindlichen Dörfer verbrennt und den

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