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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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unbedeutender, stattlicher Poesie finden, die, in kaum zu enträthselnden Schriftzügen, die Reizen mancher Schönheit von Klein-Britanien verherrlichen, die seitdem lange, lange geblüht hat, verwelkt und dahingegangen ist. Da ich ein müßiger Mensch, und ohne äußerliche Beschäftigung bin und meine Rechnung pünktlich jede Woche bezahle, so werde ich als der einzige vornehme Mann in der Gegend angesehen; und, da ich neugierig gewesen bin, den innern Zustand einer Gemeinde kennen zu lernen, die so ganz in sich abgeschlossen ist, habe ich es so einzuleiten gewußt, daß ich hinter alle die Angelegenheiten und Geheimnisse des Orts gekommen bin.
    Klein-Britanien kann wahrhaft das Herzmark der City, das Bollwerk des wahren John-Bullismus genannt werden. Es ist ein Bruchstück von London, wie es in besseren Tagen mit seinen alterthümlichen Bewohnern und Moden war. Hier blühen, gut erhalten, viele von den Feiertagsspielen und den Sitten ehemaliger Zeit. Die Einwohner essen gewissenhaft ihren Pfannenkuchen am Fastendienstag, warme Kreuzkuchen am Charfreitag, braten eine Gans am St. Michaelistage, schicken sich Liebesbriefe am St. Valentinstage, verbrennen den Pabst am 5. November, und küssen zu Weihnachten alle Mädchen unter der Mistel. Roastbeef und Plump-Pudding werden auch noch in abergläubischer Verehrung gehalten, und Portwein und Sherry behaupten ihren Platz noch als die einzigen wahren englischen Weine; während alle andere für schlechte ausländische Getränke angesehen werden.
    Klein-Britanien hat sein langes Verzeichniß von City-Wunderwerken, welche seine Bewohner als die Wunderwerke der Welt ansehen; die große Glocke der St. Paulskirche, bei deren Läuten alles Bier sauer wird; die Figuren, welche die Stunden an der Uhr der St. Dunstan’s Kirche schlagen; das Monument; die Löwen im Tower; und die hölzernen Riesen in Guildhall. Sie glauben noch an Träume und Wahrsagerei, und eine alte Frau, welche in der Bull-und Mouth Street wohnt, erwirbt sich einen leidlichen Unterhalt dadurch, daß sie angibt, wo sich gestohlene Sachen finden, und den Mädchen gute Männer verspricht. Sie sind im Stande, sich von Kometen und Finsternissen beunruhigen zu lassen, und wenn ein Hund in der Nacht kläglich heult, so wird dieß als ein sicheres Zeichen angesehen, daß Jemand in der Nachbarschaft sterben werde. Hier sind sogar manche Geistergeschichten im Umlauf, namentlich was die alten Herren-Häuser betrifft, von denen manche in dem Rufe stehen, daß zuweilen sonderbare Erscheinungen darin gesehen werden. Lords und Ladies, die Ersteren in Allonge-Perücken, herabhangenden Aermeln und Degen, die Letzteren in Flügelkleidern, Schnürleibern, Reifröcken und Brokat, wurden in den großen öden Zimmern in mondhellen Nächten auf-und abgehend gesehen, und sollen die Schatten der alten Bewohner in ihren Hofkleidern sein.
    Klein-Britanien hat gleicher Art seine Weisen und seine großen Leute. Einer der wichtigsten unter den ersteren ist ein großer, trockener, alter Herr, Namens Skryme, im Besitz eines kleinen Apothekerladens. Er hat ein leichenartiges Gesicht, voll Vertiefungen und Vorsprüngen, und braune Kreise um jedes seiner Augen, gleich einer Hornbrille. Er wird von den alten Frauen, die ihn als eine Art von Zauberer ansehen, weil er zwei oder drei ausgestopfte Alligator in seinem Laden hängen und mehrere Schlangen in Gläsern hat, sehr hoch gehalten. Er ist ein eifriger Leser von Kalendern und Zeitungen, und sehr erpicht, über entsetzlichen Erzählungen von Empörungen, Verschwörungen, Feuersbrünsten, Erdbeben und vulkanischen Ausbrüchen zu brüten, welche letztere Erscheinungen er als Zeichen der Zeit betrachtet. Er hat immer eine Unglückserzählung der Art bei der Hand, die er seinen Kunden als Zugabe zu ihrer Arzenei gibt, und so zu gleicher Zeit Seele und Leib in Aufruhr versetzt. Er glaubt fest an Vorzeichen und Weissagungen, und weiß Robert Niron’s und Mutter Skipton’s Prophezeihungen auswendig. Kein Mensch findet so viel in einer Sonnen-oder Monds-Finsterniß oder nur in einem ungewöhnlich dunklen Tage; auch schüttelte er den Schweif des letzten Kometen über den Häuptern seiner Kunden und Schüler, daß diese beinahe vor Schrecken von Verstand gekommen wären. Er hat neulich eine Volkssage oder Prophezeihung aufgejagt, über welche er ungewöhnlich beredt war. Es war nämlich unter den alten Sibyllen, welche dergleichen Sachen aufsammeln, eine Sage im Umlaufe, daß, wenn die Heuschrecke auf

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