Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
andere im Hahn und der Krone, unter dem Schutze des Apothekers; es ist unnöthig, zu sagen, daß die letztere die blühendste war. Ich bin einen oder zwei Abende in beiden gewesen, habe sehr schätzbare Belehrungen über die beste Art, sich begraben zu lassen, den verhältnißmäßigen Werth der Kirchhöfe, so wie auch mehrere Nachweisungen über die eisernen Patentsärge erhalten. Ich habe die Frage über die Gesetzlichkeit des Verbots der letzteren, ihrer Dauer wegen, nach allen Seiten erörtern gehört. Glücklicherweise haben die Streitigkeiten, zu welchen diese Gesellschaften Anlaß gegeben, kürzlich aufgehört; aber sie waren lange Zeit Hauptgegenstände des Streites, da die Bewohner von Klein-Britanien sehr auf die den Leichen zu erweisenden Ehren, und auf ein behagliches Liegen in ihren Gräbern halten.
Außer diesen zwei Sterbegesellschaften gibt es noch eine dritte von ganz verschiedener Art, welche dahin abzweckt, den Sonnenschein der guten Laune über die ganze Nachbarschaft zu verbreiten. Sie versammelt sich wöchentlich einmal in einem kleinen altfränkischen Hause, das ein lustiger Schenkwirth, Namens Wagstaff, hält, und welches einen glänzenden halben Mond, mit einer sehr verführerischen Weintraube darunter, zum Zeichen hat. Das ganze Gebäude ist mit Inschriften bedeckt, um das Auge des durstigen Wanderers anzuziehen, wie »Truman, Hanbury und Comp. Ganzbier,« – »Wein-, Rum-und Branntweinladen,« – »alter Tom, Rum und Liqueure« u. s. w. Dieß ist in der That seit undenklichen Zeiten ein Tempel des Bacchus und des Momus gewesen. Es ist immer in der Familie der Wagstaff’s geblieben, so daß der jetzige Wirth dessen Geschichte ziemlich aufbewahrt hat. Es wurde von den vornehmen Herren und Cavalieren unter der Regierung der Königin Elisabeth häufig besucht, und die Witzlinge aus Karl’s des Zweiten Tagen blickten dann und wann hinein. Worauf sich aber Wagstaff am meisten einbildet, ist, daß Heinrich der Achte, bei einer seiner nächtlichen Streifereien, einem seiner Vorfahren mit seinem berühmten Spazierstocke den Kopf zerschlagen hat. Dieß wird indeß als eine etwas zweifelhafte und eitele Prahlerei des Wirths angesehen.
Der Club, welcher jetzt seine wöchentlichen Versammlungen hier hält, führt den Namen der »brüllenden Bursche von Klein-Britanien.« Sie wissen eine Menge alter Lieder und Sänge und treffliche Geschichten, welche an diesem Orte von einem Geschlecht auf das andere übergegangen sind, und die man in keinem andern Theile der Hauptstadt findet. Hier ist ein toller Leichencommissarius, der unnachahmlich in lustigen Liedern ist; aber die Seele des Clubs und, in der That, der erste Witzbold in Klein-Britanien ist der lustige Wagstaff selbst. Seine Vorfahren waren alle lose Schelme gewesen, und er hat mit dem Wirthshause eine Menge von Liedern und Späßen geerbt, welche als Erbstücke mit demselben von Geschlecht zu Geschlecht gehen. Er ist ein lebendiger kleiner Kerl mit krummen Beinen und einem runden Bauche, einem rothen Gesichte mit einem feuchten, listigen Auge, und einem kleinen Schopfe grauen Haares hinten. Bei der Eröffnung einer jeden Clubversammlung wird er hereingerufen, um sein »Glaubensbekenntniß« zu singen, oder das berühmte alte Trinklied auf Base Gurton’s Nadel. Er singt es allerdings mit mancherlei Abänderungen, wie er es von seinem Vater gehört hat; denn es ist, seitdem es geschrieben worden, ein Lieblingslied im Halb-Mond und Trauben gewesen; ja er behauptet, daß seine Vorfahren oft die Ehre gehabt hätten es bei Weihnachts-Mummereien vor dem Adel und dem hohen Publikum zu singen, als Klein-Britanien noch in all seiner Glorie war.
[Fußnote: Da das Glaubensbekenntniß eines Wirthes vom Halbmonde dem größern Theile meiner Leser unbekannt sein mag und man es für eine Probe des ganzen Liederkreises von Klein-Britanien ansehen kann, so füge ich es hier bei. Ich muß bemerken, daß der ganze Club immer mit einem furchtbaren Klopfen auf den Tisch und dem Geklapper der zinnernen Kannen in den Chor einstimmt.
Ein klein Gericht, sonst ess’ ich nicht,
Mein Magen ist nicht gut,
Doch gilt’s Trinken, werd’ ich nicht sinken,
Wie groß auch einer thut.
Geh’ ich gleich bloß, acht’ ich’s nicht groß,
Ich bin ja nimmer kalt,
Ich stopf’ den Bauch, wie einen Schlauch
Mit Ale, das gut und alt.
Chorus.
Ripp’ und Rück, geht bloß, geht bloß,
Fuß und Hand seid kalt,
Doch dir, Bauch, send’ Gott Ale genug,
Sei’s jung nun oder
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