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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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allein ihre abgezehrte Gestalt – ihr todtenhaftes Gesicht – so bleich und doch so lieblich in seiner Zerstörung, schnitten ihm in die Seele, und er warf sich in Todespein zu ihren Füßen. Sie war zu schwach um aufzustehen – sie versuchte, ihre zitternde Hand auszustrecken – ihre Lippen bewegten sich, als ob sie spräche, aber kein Wort war zu vernehmen – sie blickte mit einem Lächeln voll unaussprechlicher Zärtlichkeit auf ihn herab, – und schloß ihre Augen auf immer!
    Das sind die Einzelnheiten, welche ich über diese Dorfgeschichte erfuhr. Sie sind nur dürftig, und haben, wie ich wohl weiß, nur in geringem Grade den Reiz der Neuheit, der sie anziehend machen könnte. Bei der gegenwärtigen Wuth nach sonderbaren Ereignissen und starkgewürzten Erzählungen mögen sie auch gewöhnlich und unbedeutend erscheinen, allein sie zogen mich damals ungemein an, und ließen, verbunden mit der rührenden Feierlichkeit, von welcher ich so eben Zeuge gewesen war, einen tiefern Eindruck auf mein Gemüth zurück, als manche Begebenheit bedeutenderer Art. Ich bin seit der Zeit wieder durch den Ort gekommen, und habe aus einem bessern Beweggrunde, als dem bloßer Neugier, die Kirche wieder besucht. Es war ein winterlicher Abend; die Bäume waren ihres Laubes beraubt; der Kirchhof sah nackt und traurig aus, und der Wind rauschte kalt durch das dürre Gras. Man hatte indessen um das Grab des Lieblings des Dorfes immergrünende Sträucher gepflanzt, und Weidenruthen waren darüber gebogen, damit der Rasengrund nicht zertreten werden möchte.
    Die Thüre der Kirche war offen, und ich trat hinein. Dort hing der Blumenkranz und das Paar Handschuhe, wie an dem Tage des Leichenbegängnisses. Die Blumen waren allerdings verwelkt, man schien aber sorgfältig darauf zu sehen, daß kein Staub ihre Weiße entstellen möchte. Ich habe viele Denkmale gesehen, wo die Kunst sich erschöpft hat, um das Mitgefühl des Beschauers zu erregen, allein ich habe keines gefunden, das rührender zu meinem Herzen gesprochen hätte, als dieß einfache, aber zarte Gedenkzeichen der dahingeschiedenen Unschuld.
    Der Angler.

Lieb’ schien heut’ Frau Natur zu spüren,
Baumsaft begann sich stolz zu rühren;
Aus Reben frische Tropfen flossen,
Und Vöglein wählten sich Genossen.
Dem Fliegenköder naht sich schnell
Die tiefgeborgene Forell’;
Da stand mein Freund, geduldig, lange,
Der Angelruthe achtend bange.
Sir H. Wotton .

    Man sagt, daß schon manch ein nichtsnutziger Bube durch das Lesen der Geschichte Robinson Crusoe’s dazu verleitet worden sei, seiner Familie zu entlaufen und sich dem Seefahrer-Leben zu ergeben; und auf gleiche Weise vermuthe ich auch, daß manche von den würdigen Herren, welche so gerne an den Ufern der ländlichen Ströme, mit den Angelruthen in der Hand verweilen, die Entstehung ihrer Leidenschaft dem verführerischen Buche des ehrlichen Isaak Walton zu verdanken haben. Ich erinnere mich, daß ich vor mehreren Jahren in Gesellschaft mit einer Anzahl Freunde in Amerika, seinen »vollkommenen Angler« studirt habe, und, was mehr ist, daß wir Alle vollkommen von der Angelwuth angesteckt wurden. Es war früh im Jahre; sobald aber das Wetter günstig ward, und der Frühling in den ersten Sommer zu verschmelzen begann, nahmen wir die Angelruthe zur Hand und wanderten auf das Land hinaus, so rein toll, als es nur immer Don Quixote vom Lesen der Ritterromane gewesen sein konnte.
    Einer aus unserer Gesellschaft hatte den Don in der Vollständigkeit seiner Ausrüstung nachgeahmt; denn er war vom Kopf bis zu den Füßen zu der Unternehmung ausgerüstet. Er trug einen breitschößigen Rock von Barchent, in welchem ein halbes hundert Taschen befindlich war; ein Paar starke Schuhe und lederne Gamaschen; ein Korb hing an der einen Seite, die Fische hinein zu thun; eine Patentangelruthe; ein Handnetz, und ein halbes Schock von andern unbequemen Dingen, welche man nur in der Rüstkammer des Anglers findet. So zu dem Feldzug ausgerüstet, ward er von den Landleuten eben so sehr angestarrt und angestaunt, als der in Stahl und Eisen eingehüllte Held von der Mancha von den Ziegenhirten in der Sierra Morena.
    Unser erster Versuch ward an einem Bergstrome, in den Hochlanden des Hudson, angestellt, einem höchst unglücklichen Orte zur Ausführung jener Fischertaktik, welche an den Sammetufern der ruhigen englischen Bäche erfunden worden ist. Es war einer von den wilden Strömen, welche, in unsern romantischen Einöden, so viele

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