Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
Vom Netzwerk:
Trompete und dem Prunk der Waffen sich entfernen sehen. Sie warf ihm einen letzten schmerzensvollen Blick nach, als die Morgensonne seine Gestalt beleuchtete, und seine Hutfeder im Winde flatterte; er entschwand wie ein glänzendes Gesicht ihren Blicken, und ließ sie ganz in Dunkelheit zurück.
    Es wäre unnöthig, bei den Einzelnheiten ihrer spätern Geschichte zu verweilen. Sie war, wie andere Liebesgeschichten, unglücklich. Sie vermied die Gesellschaften und wandelte allein auf den Spaziergängen einher, welche sie am häufigsten mit ihrem Geliebten besucht hatte. Sie suchte, wie der verwundete Hirsch, in Schweigen und Einsamkeit zu weinen, und brütete über dem tiefen Schmerz, der ihre Seele verzehrte. Zuweilen sah man sie spät am Abend in dem Thürgewölbe der Dorfkirche sitzen, und die Milchmädchen hörten, wenn sie von dem Felde kamen, sie zuweilen ein klagendes Lied in dem Hagedorngange singen. Sie verrichtete mit Inbrunst ihre Andacht in der Kirche; und wenn die alten Leute sie herankommen sahen, so abgezehrt und doch mit einer hektischen Röthe auf den Wangen und jenem geheiligten Wesen, welches die Schwermuth um die Körpergestalt verbreitet, machten sie ihr Platz, wie etwas Geisterartigem, und ihr nachblickend, schüttelten sie, in düsterer Ahnung, die Köpfe.
    Sie fühlte die Ueberzeugung, daß sie ihrem Grabe zueile, aber sie blickte diesem wie einem Ruheort entgegen. Der silberne Faden, der sie an ihr Dasein geknüpft hatte, war zerrissen, und es schien kein Vergnügen unter der Sonne mehr zu geben. Wenn ihr sanftes Herz jemals ein Gefühl des Unwillens gegen den Geliebten gehegt hatte, so war es verschwunden. Sie war einer zürnenden Erregung unfähig; und, in einem Augenblick trüber Zärtlichkeit, schrieb sie ihm einen Abschiedsbrief. Er war in der einfachsten Sprache geschrieben, aber gerade seiner Einfachheit wegen rührend. Sie sagte ihm, daß sie dem Tode entgegengehe, und verhehlte ihm nicht, daß sein Betragen sie dahin gebracht habe. Sie schilderte ihm sogar die Leiden, welche sie überstanden hatte; aber sie schloß damit, daß sie sagte, wie sie nicht ruhig sterben könne, wenn sie ihm nicht vorher ihre Verzeihung und ihren Segen gesendet habe.
    Nach und nach nahmen ihre Kräfte ab, so daß sie die Hütte nicht mehr verlassen konnte. Sie war nur noch im Stande an das Fenster zu wanken, wo sie, in ihrem Stuhl aufgestützt, ihre Freude darin fand, den ganzen Tag zu sitzen und auf die Landschaft hinauszublicken. Dennoch stieß sie keine Klagen aus, oder theilte irgend Jemanden die Krankheit mit, welche an ihrem Herzen nagte. Sie nannte sogar nie den Namen ihres Geliebten, sondern lehnte nur ihr Haupt an den Busen ihrer Mutter und weinte still. Ihre armen Eltern schwebten bald in stummer Angst über dieser welkenden Blüthe ihrer Hoffnungen, bald schmeichelten sie sich, sie wieder frisch belebt zu sehen, und glauben zu dürfen, die glänzende unirdische Farbe, welche zuweilen ihre Wangen röthete, werde die Vorläuferin der zurückkehrenden Gesundheit sein.
    So saß sie auch an einem Sonntage Nachmittag zwischen ihnen; sie hielt ihre Hände in die ihrigen geschlagen; das Fenster war offen, und die milde Luft, welche hereinwehte, trug die Wohlgerüche des üppigtreibenden Geißblatts herein, welche ihre eignen Hände an das Fenster gezogen hatten.
    Ihr Vater hatte so eben ein Kapitel aus der Bibel vorgelesen. Es war darin von der Eitelkeit aller weltlichen Dinge und von den Freuden des Himmels die Rede; es schien Trost und Heiterkeit in ihre Brust ergossen zu haben. Ihr Auge war auf die entfernte Dorfkirche gerichtet; die Glocke hatte zum Gottesdienst eingeläutet; der letzte Dorfbewohner stand noch in der Kirchthür; und Alles war in die geheiligte Stille versunken, welche dem Tage der Ruhe eigenthümlich ist. Ihre Eltern betrachteten sie mit zerissenem Herzen. Krankheit und Schmerz, welche über manche Züge so grausam verheerend hingehen, hatten den ihrigen den Ausdruck eines Seraphs gegeben. Eine Thräne zitterte in ihrem sanften blauen Auge. – Dachte sie an ihren treulosen Geliebten? – oder irrten ihre Gedanken auf dem fernen Kirchhofe umher, in dessen Schooße sie bald ruhen konnte?
    Plötzlich hörte man Hufschlag, – ein Reiter sprengte auf die Hütte zu – er stieg vor dem Fenster ab – das arme Mädchen that einen schwachen Schrei und sank in den Stuhl zurück: Es war ihr reuiger Geliebter! Er stürzte in das Haus, und flog auf sie zu, sie an seine Brust zu drücken;

Weitere Kostenlose Bücher