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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Religionen, über dem verwandten Staube errichtet hatte.
    Die Gemeinde bestand aus den benachbarten Familien von Stande, welche in prächtig ausgeschlagenen und gepolsterten Kirchstühlen saßen, in denen reich vergoldete Gebetbücher lagen, und an deren Thüren ihre Wappen prangten; auf den Dorfbewohnern und Bauern, welche die hinteren Sitze und eine kleine Gallerie neben der Orgel einnahmen, – und den Armen des Kirchspiels, welche auf Bänken in den Seitengängen saßen.
    Der Gottesdienst wurde von einem näselnden, wohlgenährten Geistlichen gehalten, der eine artige Wohnung neben der Kirche hatte. Er war ein privilegirter Gast an all den Tafeln in der Nachbarschaft, und hatte als der größte Fuchsjäger in der Grafschaft gegolten, bis Alter und Wohlleben ihn unfähig machten, an einer Jagd weiteren Antheil zu nehmen, als mitzureiten, um die Hunde los lassen zu sehen, und nachher einen Platz bei dem Waidmahle einzunehmen.
    Einem solchen Geistlichen gegenüber fand ich es unmöglich, mich in den Gedankengang zu versetzen, welcher sich zu Zeit und Ort schickte; da ich mich wohl, wie andere arme Christen zu thun pflegen, mit meinem Gewissen dadurch abgefunden hatte, daß ich die Bürde meiner eigenen Sünden an des Nächsten Schwelle niederlegte, beschäftigte ich mich damit, Betrachtungen über meine Nachbarn zu machen.
    Ich war noch fremd in England, und wünschte daher, die Sitten der vornehmen Stände genauer kennen zu lernen. Ich fand bald, daß, wie gewöhnlich, der geringste Anspruch sich da blicken ließ, wo er noch am ersten hätte gerechtfertigt werden können. Meine Aufmerksamkeit war, zum Beispiel, vorzüglich durch die Familie eines Edelmannes von hohem Range, welche aus mehreren Söhnen und Töchtern bestand, erregt. Nichts konnte einfacher und anspruchsloser sein, als die Art, wie sie sich bei dem Eintritte benahmen. Sie kamen gewöhnlich in der einfachsten Equipage, und oft zu Fuß nach der Kirche. Die jungen Damen pflegten stehen zu bleiben, und auf das leutseligste mit den Bauern zu sprechen, die Kinder zu liebkosen und die Erzählungen der armen Dorfbewohner anzuhören. Ihre Züge waren offen und lieblich-schön und hatten einen Ausdruck von hoher Bildung, aber zu gleicher Zeit von unbefangener Heiterkeit und höchst anziehender Freundlichkeit. Ihre Brüder waren groß und zierlich gewachsen. Sie waren nach der Mode, aber einfach gekleidet, mit großer Nettigkeit und Anstand, aber ohne Stutzerei und Uebertreibung. Ihr ganzes Benehmen war ungezwungen und natürlich, von erhabener Anmuth und edler Gewandtheit, welche die freigebornen Seelen bezeichnet, die in ihrer Entwickelung nie von dem Gefühl der Unterordnung beschränkt worden sind. Es liegt in der wahren Würde eine gesunde Unverzagtheit, welche sich nie scheut, mit Anderen in Berührung und Gemeinschaft zu kommen, so geringen Standes sie auch sein mögen. Nur der falsche Stolz hat etwas Krankhaftes und Empfindliches, und schreckt vor jeder Berührung zurück. Es gewährte mir Vergnügen, die Art zu sehen, auf welche sie sich mit den Landleuten über die ländlichen Geschäfte und Vergnügungen unterhielten, an denen die gebildete Classe dieses Landes so viel Geschmack findet. Bei diesen Unterhaltungen zeigte sich weder Hochmuth auf der einen, noch Kriecherei auf der andern Seite; und nur die gewohnte ehrfurchtsvolle Zurückhaltung, den die Landleute beobachteten, erinnerte an die Verschiedenheit des Standes.
    Den Gegensatz mit dieser Familie bildete die eines reichen Bürgers, der ein großes Vermögen angehäuft, und, nachdem er das Gut und das Haus eines zu Grunde gerichteten Edelmannes in der Nachbarschaft gekauft hatte, die ganze Lebensweise und die Würde eines Erbgrundherrn anzunehmen suchte. Die Familie kam jedesmal
»en Prince«
nach der Kirche. Sie wurde majestätisch in einem, mit dem Wappen prangenden Wagen daher gefahren. Die Helmzierde glänzte in Silberschimmer auf allen Theilen des Geschirres, wo eine Helmzierde nur anzubringen war. Ein dicker Kutscher mit dreieckigem Hut und reicher Tresse darum, und mit einer flachsenen Perücke, welche sich um sein rosiges Gesicht kräuselte, saß auf dem Bocke, ein glatter dänischer Hund neben ihm. Zwei Bediente in glänzender Livree, mit ungeheueren Sträußen und Röhren mit goldenem Knopf, standen hinten auf der Kutsche. Der Wagen wiegte sich auf den langen Federn gar stattlich ab und auf. Selbst die Pferde nagten die Gebisse, schüttelten die Hälse und rollten die Augen stolzer als

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