Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
desselben durch Scheidewände davon getrennt sind, so sind in den anderen doch noch die Lauben und schattigen Gänge, wie in Jakob’s Zeiten, vorhanden, und das Ganze ist abgeschlossen, blühend und traulich. Es liegt ein Zauber auf dem Orte, der durch die Fußtritte der entschwundenen Schönheit ihm aufgedrückt ward, den die Eingebungen des Dichters geheiligt haben, welcher durch den Verlauf von Jahrhunderten eher verstärkt als geschwächt wird. Es ist in der That die Gabe der Dichtkunst, jeden Ort zu heiligen, an welchem sie sich bewegt; um die Natur einen Duft zu verbreiten, welcher ausgesuchter ist als der Wohlgeruch der Rose, und eine zauberischere Tinte über sie auszugießen, als die Röthe des Morgens.
Andere mögen bei Jakob’s glänzenden Thaten als Krieger und Gesetzgeber verweilen; mich ergötzte es, ihn nur als den Gefährten seiner Mitmenschen, als den Wohlthäter des menschlichen Herzens zu betrachten, der von seinem hohen Standpunkte herabsteigt, um die lieblichen Blüthen der Dichtkunst und des Gesanges auf den Pfad des gewöhnlichen Lebens zu streuen. Er war der Erste, welcher den kräftigen und gesunden Sproß des schottischen Genies pflegte, der seitdem so verschwenderisch die gesundesten und geschmackhaftesten Früchte geliefert hat. Er verpflanzte in die strengeren Gegenden des Nordens alle die befruchtenden Künste der südlichen Verfeinerung; er that alles Mögliche, seine Landsleute für die lebendigen, zierlichen und edlen Künste zu gewinnen, welche die Gemüthsart eines Volkes mildern und verfeinern, und Anmuth um die Erhabenheit eines stolzen und kriegerischen Geistes winden. Er schrieb viele Gedichte, welche, zum großen Nachtheil der Ausbreitung seines Ruhms, für die Welt verloren gegangen sind; eines, welches noch erhalten ist, »Christi Kirche im Grünen« genannt, zeigt, wie genau er sich mit den ländlichen Spielen und Vergnügungen bekannt gemacht hat, die bei dem schottischen Bauernstand eine so reiche Quelle freundlicher und geselliger Gesinnungen bekunden, und mit welcher einfachen und glücklichen Laune er in ihre Freuden eingehen konnte. Er trug viel dazu bei, die Volksmusik zu verbessern, und man soll noch jetzt die Spuren seines zarten Gefühls und seines seinen Geschmacks in jenen bezaubernden Liedern finden, welche man in den wilden Bergen und den einsamen Schluchten von Schottland ertönen hört. So hat er sein Bild in alles das verwebt, was in dem Volkscharakter so höchst Angenehmes und Anziehendes liegt; er hat sein Gedächtniß in den Liedern verewigt, und sein Name fließt auf den reichen Strömen der schottischen Melodieen noch bis zu den späten Jahrhunderten dahin. Das Andenken an alles dieß erglühte in meinem Herzen, als ich auf dem einsamen Schauplatze seiner Gefangenschaft einherging. Ich habe Vaucluse mit eben so großer Begeisterung besucht, als ein Pilger den Schrein in Loretto besuchen würde; aber ich habe nie mehr dichterische Andacht empfunden, als bei Betrachtung des alten Thurms und des kleinen Gartens zu Windsor, und bei dem Gedanken an die romantische Liebe zwischen Lady Jane und dem königlichen Dichter von Schottland.
Die Dorfkirche.
Ein Gentleman?
Was, von dem Wollsack? von der Zuckerkiste?
Vom Sammetband? Was ist’s, Pfund oder Elle,
Nach dem Ihr Eure Vornehmheit verkauft?
Beaumont und Fletcher’ s Bettlerbusch.
Es gibt wenige Orte, welche zu dem Studium des menschlichen Charakters eine bessere Gelegenheit darbieten, als eine englische Dorfkirche. Eine solche befand sich unfern von dem Landsitze eines Freundes, bei welchem ich einst mehrere Wochen verweilte, und gab mir nicht selten Stoff zu den mannigfachsten Betrachtungen. Es war eines jener schönen Ueberbleibsel zierlichen Alterthums, welche einer englischen Landschaft einen so eigenthümlichen Reiz geben. Sie lag mitten in einer Grafschaft, in welcher viele alte Familien wohnten, und in ihren kalten und stillen Hallen ruhte der Staub mehrerer edeln Geschlechter. Die innern Mauern waren mit Denkmälern aus jedem Zeitalter und von jedem Styl bedeckt; das Licht strömte durch hohe Fenster und wurde durch die Wappen, womit das Glas reich ausgemalt war, geschwächt. An manchen Stellen der Kirche sah man Grabmäler alter Ritter und edler Frauen von prächtiger Arbeit, mit ihren Ebenbildern in farbigem Marmor. Von allen Seiten traf das Auge auf Beweise vergänglicher Eitelkeit, auf irgend ein stolzes Denkmal, welches menschlicher Hochmuth, in diesem Tempel der demüthigsten aller
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