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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Nachfrage, den demüthigen Angehörigen der Kirche aufzustöbern. Ich mußte Crooked-Lane und mehrere kleine Gäßchen, Kniee und finstere Durchgänge durchforschen, womit diese alte Stadt, wie ein alter Käse oder ein wurmstichiger Schrank durchlöchert ist. Endlich fand ich ihn in einem Winkel eines schmalen Hofes, der von hohen Häusern eingeschlossen war, und wo die Bewohner eben soviel von dem Himmelslicht genießen, als ein Haufe von Fröschen auf dem Grunde eines Brunnens. Der Küster war ein ruhiger, friedlicher kleiner Mann, sehr demüthig und ergeben; in seinen Augen lag indessen ein gewisses schalkhaftes Blinzeln, und er mochte, wenn man ihn dazu ermunterte, wohl auch dann und wann es wagen, einen kleinen Spaß zu machen, wie ein Mann seines geringen Standes in der Gesellschaft vornehmer Kirchenvorsteher, oder anderer mächtigen Leute der Erde, ihn sich allenfalls erlaubt. Ich fand ihn in Gesellschaft mit dem Substituten des Organisten abseits sitzend, wie Miltons Engel, ohne Zweifel über wichtige Glaubensartikel sprechend, und die Angelegenheiten der Kirche bei einem geselligen Kruge Ale schlichtend; – denn die niedrigen Classen unter den Engländern berathschlagen sich selten über irgend einen wichtigen Gegenstand, ohne Beihülfe eines kühlen Trunkes, um ihren Geist zu erhalten. Ich kam gerade in dem Augenblicke dazu, wo sie mit ihrem Ale und ihrer Erörterung zu Ende waren, und sich anschickten, nach der Kirche zu begeben, um diese in Ordnung zu bringen, und so erhielt ich, als ich ihnen meine Wünsche kund gethan, die gütige Erlaubniß, sie begleiten zu dürfen.
    Die St. Michaelskirche, in Crooked-Lane, nicht weit von Billingsgate entfernt, wird durch die Gräber mancher berühmten Fischhändler verherrlicht; und da jedes Gewerbe seine Milchstraße des Ruhms und seine Constellation von großen Leuten hat, so glaube ich, daß das Grabdenkmal eines mächtigen Fischhändlers aus alten Zeiten von den nachfolgenden Geschlechtern des Handwerks mit einer eben so großen Ehrfurcht betrachtet wird, wie sie die Dichter bei dem Anschauen von Virgil’s Grab, oder die Soldaten bei dem des Denkmals von Marlborough oder Turenne empfinden.
    Ich kann, während ich so von berühmten Männern rede, nicht umhin, zu bemerken, daß St. Michael, in Crooked-Lane auch die Asche des tapfern Kämpen, des Ritters Wilhelm Walworth, enthält, der den trotzigen Gesellen, Wat Tyler, in Smithfield so mannhaft niederschlug; eines Helden, der, als beinahe der einzige Lord-Mayor, welcher sich in der Geschichte durch seine Waffenthaten berühmt gemacht hat, eines ehrenvollen Wappens werth ist, da die Beherrscher von Cockney[der Spottname von London] gewöhnlich als die friedlichsten aller Potentaten bekannt sind.
    [Fußnote: Folgendes war die Inschrift auf dem Denkmale dieses Braven, das bei dem großen Brande unglücklicherweise mit unterging.
Hierunten liegt, der Jedem bekannt,
William Walworth mit Namen genannt;
Fischhändler war er hier in seinen Lebenstagen
Und zweimal Lord-Major, wie’s Bücher besagen;
Todt fiel durch seine Mannskraft kühn
Jack Straw vor König Richard hin.
Weil er das that und sich so treu bewährte,
Der König ihn alsbald als Ritter ehrte
Und gab ihm ein Wappen, wodurch er seine That
So wie seine Ritterwürde kund gethan hat.
Er ist von dem Leben hienieden
Im Jahr dreizehnhundert drei und achtzig geschieden.
]
    An der Kirche auf einem kleinen Kirchhofe, unmittelbar unter dem Hinterfenster des ehemaligen Gasthofes zum Eberkopfe, steht der Grabstein des Robert Preston, ehemaligen Kellners in der Schenke. Es ist nun fast ein Jahrhundert, seit dieser ehrliche Kellner guten Getränks seine geräuschvolle Laufbahn beschlossen hat, und dort, innerhalb des Bereichs seiner Kunden, ruhig eingesenkt worden ist. Indem ich seine Grabschrift vom Unkraut befreite, zog mich der kleine Küster mit einer geheimnißvollen Miene zur Seite, und belehrte mich mit leiser Stimme, daß einstmalen, in einer finstern Winternacht, als der Wind tobte, heulte und pfiff, an den Thüren und Fenstern rasselte, die Wetterhähne drehte, so daß die Lebenden auf ihren Betten herausgeschreckt wurden und selbst die Todten nicht ruhig in ihren Gräbern schlafen konnten, der Geist des ehrlichen Preston, der zufällig auf dem Kirchhofe etwas frische Luft schöpfte, durch den wohlbekannten Ruf: »Kellner!« von dem Eberkopfe her, herbeigezogen ward, und plötzlich mitten unter einer lärmenden Gesellschaft, gerade in dem Augenblick erschien, wo

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