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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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der Kirchenschreiber eine Strophe aus dem »lustigen Liede vom Hauptmann Tod« sang, zur Bestürzung mehrerer Miliz-Hauptleute und zur Bekehrung eines ungläubigen Advocaten, der auf der Stelle ein eifriger Christ ward, und nachher, ausgenommen in Geschäften, nie wieder die Wahrheit verdrehte.
    Ich bitte zu bemerken, daß ich die Wahrheit dieser Anecdote nicht verbürge, obgleich es wohl bekannt ist, daß die Kirchhöfe und abgelegenen Winkel dieser alten Hauptstadt sehr häufig von unruhigen Geistern heimgesucht werden, und Jedermann die Geschichte von dem Geist in Cock-Lane und von der Erscheinung, welche die königlichen Kleinodien im Tower bewacht, und die so manche herzhafte Schildwachen fast zum Wahnsinn erschreckt hat, gehört haben muß.
    Das Alles mag sein wie es will, so scheint dieser Robert Preston ein würdiger Nachfolger des glattzüngigen Franz, welcher den Prinzen Heinz bei seinen Schwelgereien bediente, gewesen zu sein; eben so schnell mit seinem »gleich, gleich, Herr!« sich bereit gefunden, und dabei seinen Vorgänger an Rechtlichkeit weit übertroffen zu haben; denn Falstaff, dessen geprüften Geschmack gewiß Niemand in Zweifel zu ziehen sich unterfangen wird, beschuldigt Franz geradezu, Kalk in seinen Sekt zu thun, während des ehrlichen Preston’s Grabschrift ihn seiner Mäßigkeit, der Reinheit des Weines und der Richtigkeit seines Maaßes wegen belobt.
    [Fußnote: Da diese Inschrift reich an trefflichen Lehren ist, so gebe ich sie hier zur Ermahnung für gottlose Kellner. Sie ist offenbar ein Erzeugniß irgend eines feinen Geistes, der einst den Eberskopf besuchte.
Bacchus (mit Recht, ihr Zecher, staunet ihr!)
Zeugt’ einen mäß‘gen Sohn und der liegt hier.
Obgleich er unter Fässern stets gelebt,
Hat er doch jedem Schwelgen widerstrebt.
O Leser, neigst du dich zum Rechten hin,
Denk’ Ehren-Prestons stets in deinem Sinn.
Er schenkte guten Wein, gab voll das Glas,
Sein Gutes überbot des Schlimmen Maas;
Ihr, die ihr Bacchus Dienst, wie er, ergeben,
Müßt nach Bob’s Ruhm in Maaß und Eifer streben.
]
Die achtbaren Würdenträger der Kirche schienen indessen von den nüchternen Tugenden des Kellners nicht sonderlich eingenommen zu sein; der Substitut des Organisten, der einen gewissen feuchten Blick hatte, machte einige boshafte Bemerkungen über die Enthaltsamkeit eines Mannes, der unter Fässern aufgewachsen sei, und der kleine Küster bestärkte seine Meinung durch einen bedeutsamen Blick und ein ungläubiges Kopfschütteln.
    Bisher hatten meine Untersuchungen, obgleich sie viel Licht über die Geschichte von Kellnern, Fischhändlern und Lord-Mayors verbreiteten, mich über den großen Gegenstand meiner Nachforschungen, das Gemälde der Schenke zum Eberkopfe, getäuscht. Kein solches Gemälde war in der St. Michaelskirche zu finden. »Gott mit euch und Amen,« sagte ich: »hier endet meine Untersuchung!« So war ich im Begriff, mit der Miene eines getäuschten Alterthumsforschers, die ganze Sache aufzugeben, als mein Freund, der Küster, welcher bemerkt hatte, daß Alles, was die alte Schenke betreffe, meine Neugier reize, sich erbot, mir die besseren Gefäße aus der Sakristey zu zeigen, welche seit undenklichen Zeiten, als noch die Kirchspielsversammlungen in dem Eberkopfe gehalten worden, dageblieben wären. Diese würden in dem Clubzimmer des Kirchspiels aufbewahrt, das, als die alte Wirthschaft verfiel, in eine andere Schenke in der Nachbarschaft verlegt worden war.
    Nach einigen Schritten standen wir vor dem Hause Nr. 12, Miles Lane, welches zum »Maurerwappen« heißt, und das Meister Eduard Honeyball, der »Eisenfresser« der Anstalt, inne hat. [Fußnote: Shakspeare’s lustige Weiber von Windsor. Es ist nicht recht zu begreifen, warum der Verfasser hier den W i rth Eisenfresser nennt, da bei Shakspeare , von dem die Benennung entlehnt ist, der Wirth den Falstaff mit diesem Namen anredet.] Es ist eine jener kleinen Schenken, deren es im Herzen der Altstadt in Ueberfluß gibt, und welche den Mittelpunkt aller Klatschereien und Neuigkeitskrämerei der Gegend ausmachen. Wir traten in das Schenkzimmer, das klein und dämmerig war; denn in diesen engen Gäßchen vermögen nur wenige Strahlen zurückgeworfenen Lichts zu den Bewohnern hinunter zu dringen, deren heller Tag auf’s Höchste ein erträgliches Zwielicht ist. Das Zimmer war in einzelne Räume getheilt, von denen jeder einen Tisch enthielt, der mit einem reinen weißen Tischtuche, zum Mittagsessen, bedeckt war. Dieß

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