Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
Vollkommenheit erst zur Zeit der Königin Elisabeth erreichte, wo John Jewell, Bischof von Sarum, John Fox und mehrere gelehrte und treffliche Schriftsteller, die Zierde derselben, zu ihrem großen Lobe und unsterblichen Ruhme, sie auf das Höchste gebracht haben.« – Anm. des Verf. ] Selbst jetzt noch sprechen manche von Spenser’s: »Brunnen von reinem unverderbten Englisch,« als ob die Sprache je aus einem Brunnen oder Quell entsprungen, und nicht vielmehr ein bloßer Zusammenfluß mehrerer Zungen wäre, welcher beständigen Veränderungen und Vermischungen unterworfen ist. Dieß hat die englische Literatur so sehr veränderlich und den darauf gebauten Ruf so wankend gemacht. So lange man die Gedanken keinem dauernderen und unveränderlicheren Mittel, als diesem anvertrauen kann, muß selbst der Gedanke das Schicksal aller andern Dinge theilen und untergehen. Dieß sollte als Warnung gegen die Eitelkeit und den Uebermuth selbst des beliebtesten Schriftstellers dienen. Er findet, daß die Sprache, auf welche er seinen Ruhm gebaut hat, allmählig eine andere Gestalt annimmt und den Zerstörungen der Zeit und den Launen der Mode unterworfen ist. Er blickt zurück und sieht die früheren Schriftsteller seines Vaterlandes, einst die Lieblinge ihrer Zeit, von neueren Schriftstellern verdrängt. Einige wenige Jahrhunderte haben sie in Dunkelheit gehüllt, und nur der eigenthümliche Geschmack des Bücherwurms vermag noch ihre Verdienste zu würdigen. Und so kann er voraussehen, was das Schicksal seines eigenen Werkes sein wird, das, obgleich zu seiner Zeit bewundert und als Muster von Reinheit dargestellt, im Laufe der Jahre veralten und einst ganz ungebräuchlich sein wird, bis es in seinem eigenen Vaterlande beinahe so unverständlich wird, wie ein ägyptischer Obelisk oder eine der Runenschriften, welche in den Wüsten der Tartarei noch vorhanden sein sollen. »Ich muß gestehen,« fügte ich mit einiger Bewegung hinzu, »daß, wenn ich eine jetzige Bibliothek betrachte, welche mit neuen Werken in der ganzen Pracht der Vergoldung und des Einbandes angefüllt ist, ich mich niedersetzen und weinen möchte, wie der gute Xerxes, der, als er über sein Heer Schau hielt, welches in dem ganzen Prunk kriegerischer Zurüstung dastand, bei sich bedachte, daß in hundert Jahren nicht Ein Mann mehr davon am Leben sein würde!«
»Ach,« sagte der kleine Quartband mit einem tiefen Seufzer: »ich sehe wohl, wie die Sache ist; diese neueren Schmierer haben alle gute alten Schriftsteller verdrängt. Ich glaube, daß man heutiges Tages nichts weiter liest, als Sir Philipp Sydney’s Arkadia, Sackville’s stattliche Schauspiele und seinen Spiegel für Magistratspersonen, oder die schöngesponnenen Euphüismen des »unvergleichlichen John Lyly.«
»Da seid Ihr auch wiederum sehr im Irrthum,« sagte ich: »die Schriftsteller, von denen Ihr glaubt, daß sie beliebt wären, weil dies der Fall war, als Ihr noch Mode waret, sind längst verschollen. Sir Philipp Sydney’s Arkadia, deren Unsterblichkeit seine Bewunderer mit solcher Gewißheit voraussagten [Fußnote: Lebe auf immer, süßes Buch! das einfache Bild seines angenehmen Geistes und der goldene Pfeiler seines edlen Muthes, und verkünde ewig der Welt, daß, der dich geschrieben, der Schreiber der Beredsamkeit, der Hauch der Musen, die Honigbiene der schönsten Blumen des Geistes und der Kunst, der Verein aller sittlichen und geistigen Tugenden, der Arm der Bellona im Kriege, die Zunge der Suada im Zimmer, der Geist der That in der Wirklichkeit und das höchste Bild der Vortrefflichkeit in Büchern war. Harvey, Pierce’s Uebergebühr. ] , und welche in der That voll von edlen Gedanken, schönen Bildern und zierlichen Sprachwendungen ist, wird jetzt kaum mehr erwähnt. Sackville ist in die Dunkelheit eingegangen; und selbst Lyly, obgleich seine Schriften einst das Entzücken eines Hofes und wahrscheinlich durch ein Sprichwort für die Ewigkeit aufbehalten waren, ist kaum mehr dem Namen nach bekannt. Ein ganzer Haufen von Schriftstellern, welche damals schrieben und haderten, sind, sammt ihren Schriften und Streitigkeiten, in Vergessenheit begraben. Welle um Welle hat die nachfolgende Literatur sie bedeckt, und sie so tief in den Grund hinabgespült, daß nur dann und wann ein wißbegieriger Taucher, welcher Bruchstücke des Alterthums sucht, eine Probe davon zur Befriedigung der Neugierigen heraufbringt.«
»Was mich betrifft,« fuhr ich fort, »so seh’ ich diese
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