Gott´sacker (Krimi-Edition)
Barockkirche stieß ich mit Frieda zusammen. Geblendet von der in der Sonne blitzenden Außenhaut des Gotteshauses sah ich sie nicht aus der dusteren Türöffnung stürmen.
»Ja, Heilandzack, was machst denn du hier?«, erschrak sie.
Noch schnell machte sie mit der Weihwasser genässten Hand ein routiniertes Kreuzzeichen über Stirn und Brust.
»Das gleiche könnte ich fragen.«
Die Antwort ergab sich von selbst, als sich meine vom gleißenden Sonnenlicht geblendeten Augen an das schattige Innere der Kirche gewöhnt hatten. Deodonatus Ngumbu krabbelte gerade aus dem barocken Beichtstuhl und rief der Ochsen-Wirtin nach: »Zua Buße fünf Vater unsa und a Affemaria.«
»Ja, ja, das mach ich zu Hause, beten kann man auch daheim.«
»Eben nicht, da Religion ista nicht nua private Angalegaheit. Warum baut man so schöne Gotteshäusa, wenn keina mehr reinkommt? Außadem ist hier viel kühla als in de Gasthaus.«
»Hoppla, so viele Sünden.« Mit dem Zeigefinger drohte ich scherzhaft der beliebten, beleibten Wirtin.
»Ach, lass mich in Ruhe!«
Es war ihr offensichtlich peinlich, dass ich sie bei der intimen Tätigkeit des Beichtens überrascht hatte. Ich zuckte mit den Schultern und versuchte den Orgelpfeifenträger einzuholen.
»Daniel, hasta kuza Zeit?«
Der mächtige Deodonatus winkte mich mit ernstem Gesicht zu sich her. Und weil mir vom Orgelpfeifentransport der Rücken schmerzte, setzte ich mich in den Beichtstuhl, dessen Holzbank vom ausladenden Gesäß Friedas immer noch wohltemperiert war.
»Was gibt’s, Deo?«
»Ist Probläm füa mich. Du weißt, dass ich imma Ägaa mit meine alta Kollegaa hattä. Jetzt waa Polizei bei mia unda hatta viel gefragt. Weil imma war zwischa alta Pfarra und mia theologische Streit.«
»Ja und, hast du etwas zu befürchten? Hast du ihm das Kreuz in die Brust gesteckt, weil er Geschiedenen die Kommunion verweigert hat?«
»Nein, natüalich nicht, aba ich haba Angst, die fragat komisch und meine Antwotaa sie verstehen vielleicht falsch, wega Sprachschwierigkeitaa.«
»Keine Sorge, die werden dich schon nicht verhaften, vorher ist Frieda dran.«
Entsetzt schnaubte Deodonatus auf der anderen Seite des hölzernen Trenngitters.
»Was weißt du vonna Frieda?«
Ich beugte mich nach vorn und spähte hindurch. Ich sah nur seine großen Augen.
»Ego te absolvo, ich spreche dich von deinen Sünden frei, du schwarze Seele, oder so ähnlich.«
Am Arm zog mich Deodonatus aus dem hölzernen, dunklen Buß-Sarkophag: »Damit macht ma keina Spaß!«, ermahnte er mich.
»Komm, Deo, bleib heiter. Hier spinnt doch langsam jeder im Dorf. Die verdrängen, dass es wahrscheinlich jemand aus der Gemeinde war. Wenigstens wir beide müssen bei klarem Verstand bleiben. Du hättest gestern den Unsinn hören sollen, den der Bürgermeister erzählt hat.«
»Du hasta gut reda, du weißt ja, dass Polizei auch imma fragt nach dir.«
»Haben sie dich auch über mich befragt?«
»Klaaa!«
»Was hast du gesagt?«
»Nua Gutes.«
Ich war beruhigt, auf Deodonatus war Verlass. Aber irgendwie schien langsam alles aus den Fugen zu geraten.
Mit Kalner baute ich dann die Orgelpfeife ein, damit Philipp ohne Misstöne aufspielen konnte – zur Doppelbeerdigung.
An diesem Nachmittag, wie an vielen anderen auch, nahm ich mir frei. Wenn schon Cäci aufgrund der Ereignisse ihre Semesterferien nach Riedhagen verlegte, musste ich diese Chance nutzen. Den Helm hängte ich an den rechten Rückspiegel, die Jacke ließ ich offen, so startete ich zum Goldenen Ochsen.
Ich bin ja an und für sich kein altmodischer Mensch und die Helmpflicht hat ja größtenteils Vorteile, aber das waren noch Zeiten vor 50 Jahren, als man mit der DKW ohne Helm durch die Gegend rauschen konnte – Born to be wiiiiiilde.
Herrgottzack noch mal!
Ein Insekt, der Größe nach eine Heuschrecke, war mir aufs linke Auge geknallt. Es schmerzte fürchterlich und das flüssige Innere des Insektes brannte wie Chilipaste auf meiner empfindlichen Augenschleimhaut.
Vor dem riesigen Gasthaus mit seinem weit ausladenden Ziegeldach und den mächtigen Fachwerkbalken erwartete mich ein optischer Leckerbissen. Einträchtig saßen Frau Kommissarin und Cäcilia unter dem glänzenden Wirtshausschild mit dem vergoldeten Ochsen auf der Treppe.
»Was ist denn mit deinem Auge passiert?«
»Fahren Sie immer ohne Helm?«
Frage eins kam von der besorgten Cäci, Frage zwei von der dienstgeilen Wasserstoff-Kommissarin. Ich beantwortete sicherheitshalber
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