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Gott´sacker (Krimi-Edition)

Gott´sacker (Krimi-Edition)

Titel: Gott´sacker (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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Lothi, der Dicke mit Down-Syndrom, wollte mir wie immer zeigen, wo Philipp war. Wir fanden ihn zwar nie, aber Lothi wusste, dass ich ihm am Automaten stets einen Kaffee spendierte. Ich fand Philipp Maiser auch nicht in der Teestube bei den ernsthaften, aber feschen Sozialpädagoginnen mit ihren engen Jeans und schwarzen Blusen, die mich auf einen ›kurzen Kaffee‹ einluden. Ich fand ihn diesmal im Außenbereich in seiner kleinen Werkstatt.
    Er hämmerte gerade an einem Metallteil herum und fluchte laut vor sich hin. Als er mich bemerkte, begrüßte er mich wortlos mit einem Peace-Zeichen, gebildet aus einem ›V‹ von Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand. Seine langen strähnigen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, über seinen kurzen grünen Gammelhosen und seinem lila Batikshirt trug er eine mächtige, braune Lederschürze. Er zeigte zur Orgelpfeife auf der Werkbank.
    »Das war harte Arbeit, bitte vorsichtig beim Einbau. Sag mal, warst du gestern Abend mit Hildi unterwegs?«, fragte er ganz nebenbei.
    »Ja, warum?«
    »Nur so. Ihr wart im Ochsen?«
    »Ja, warum?«
    »Habe ich gehört.«
    »War nett mit Hildegard.«
    »Machst du dich immer an die Frauen aus deiner Gruppe ran?«
    Jetzt ist es raus, dachte ich.
    »Nein, an dich nicht.«
    »Sehr witzig.«
    »Weißt du – vielleicht weißt du’s ja nicht –, ich gehe mit Hildi.«
    »Wohin?«
    »Ähm. Ich bin mit ihr erst seit Kurzem zusammen … und du weißt ja, viele Frauen stehen auf so oberflächliche Sachen wie Cowboystiefel und Kawasaki, aber Hilde ist viel ernster, sie macht sich Gedanken, wie man die Schöpfung retten kann, deshalb auch die Sache mit den Lamas.«
    Ich blickte nachdenklich auf mein pythonbeledertes Schuhwerk und fragte mich, ob ich mich verhört hatte oder das teure Schuhwerk wieder verkaufen sollte.
    »Ja, aber Hildegard ist doch nicht oberflächlich.«
    »Ähm, nein, so habe ich das nicht gemeint, aber könntest du die Finger von ihr lassen? Man kennt ja deinen Ruf.«

    Jetzt war es endlich ganz raus, Philipp der Mutige mit kurzen Jeans, die er selbst abgeschnitten und grün eingefärbt hatte, aus meiner Frauenpsycho-Gruppe hatte es auszusprechen gewagt: Er hatte Angst, dass ich ihm seine Hirnlose ausspannte. Aber Männer haben auch Ideale. Hildegard sah aus einigen Blickwinkeln wirklich echt spitze aus, aber mit ihr reden konnte man nur über Vegetarismus und das gehörte nicht zu meinen Lieblingsthemen. Ich machte Philipps Seelenpein ein schnelles Ende: »Ich finde Hildegard ja wirklich klasse, aber sie ist nicht mein Typ. Sie ist, wie soll ich sagen, viel zu intellektuell für mich.«
    »Ja, das verstehe ich, war ja auch nicht böse gemeint.«
    »Woher hattest du denn die Info vom Tête-à-tête?«
    »Ach, gestern auf die Nacht war ich auch noch im Ochsen bei der Versammlung und da hatte die Dame, die blonde von der Polizei, gemeint, du würdest dich an Hilde ranmachen, ich solle mal besser aufpassen. Ich habe das aber gleich nicht geglaubt. Ihr passt ja irgendwie gar nicht zusammen.«
    Der zufriedene Philipp machte den Vorschlag, ich könne ihn noch auf einen Kaffee ins renovierte und renommierte Humpis in Ravensburg einladen. Ich lehnte ab, da mir das zu eng erschien. Der Sozialpädagoge verzurrte mir mit vier Gummispannern das wertvolle Orgelteil auf meinem Rücken, sodass es wie ein Schornstein über meinen Helm hinausragte. Vorsichtig fuhr ich mit meiner wertvollen musikalischen Fracht Richtung Riedhagen los. Philipp verabschiedete mich mit einem Peace-Zeichen.
    Ab einer moderaten Geschwindigkeit von 70 Kilometern in der Stunde gab die Orgelpfeife ihr Bestes, den Sound meines Kult-Bikes mit einem sonoren Pfeifton auf meinem Weg zur Riedhagener Kirche zu unterstützen.
    Die 20-minütige Fahrt war angenehm, das Ankommen angenehmer. Zuerst musste ich jemanden finden, der mir die Pfeife vom Rücken schnallte.
    Aber Kalner, der unzuverlässige Mesner, hatte mich schon gehört. Er grinste über sein ganzes Gesicht, als er meine musikalische Fracht sah: »Die größte Pfeife – mit der größten Pfeife.«
    Obwohl Kalner meist sehr zurückhaltend war, verstand ich mich mit ihm recht gut, wenngleich ich ihm einen Teil seiner Arbeit weggenommen hatte. Aber das schien ihn nicht zu stören – im Gegenteil.
    Vorsichtig befreite er mich von der restaurierten Orgelpfeife. Und als ob die Pfeife nichts wiegen würde, schritt der 69-Jährige mit ihr in Richtung Kirche.
    In der schattendunklen Eingangstür der oberschwäbischen

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