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Gott´sacker (Krimi-Edition)

Gott´sacker (Krimi-Edition)

Titel: Gott´sacker (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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betrunkenes Gelächter das dramatische Gebell des aufgebrachten Bürgermeisters.

    Über all dem schwebten die Geister zweier Ermordeter, sie schienen sich in zart mäandernden Nebelfetzen über dem dunkelnden Ried zu manifestieren. Das Dorf war im Ausnahmezustand: drei Tote in kurzer Zeit, zwei Menschen, die bei wenigen beliebt waren, und ein Tier, das brevis post mortem viel Ehre erfuhr und retrospektiv das treueste im Dorfe war.

    Im Biergarten, dem neuen Kommunikationszentrum Riedhagens, wusste es mittlerweile jeder, da Bürgermeister Hallinger und Hauptkommissar Härmle zusammen Tennis spielten. Und nach dem fünften Bier konnten die drallen und rotwangigen, aber auch die bleichen und magersüchtigen Jung-Bäuerinnen aus Bürgermeister Hallinger die letzten Geheimnisse über die Toten herauskitzeln: Margot, die Haushälterin, berichtete er mit gedämpfter Stimme, sei ebenso wenig eines natürlichen Todes gestorben wie Pfarrer Sütterle. Auch die Haushälterin sei den Kreuzestod gestorben, der Mörder habe ihr ein Kruzifix aus Gusseisen durch das linke Auge und den hinteren Schädelknochen geschlagen. Jedoch – man dürfe es aber ja nicht weiter erzählen – sei der Fundort nicht der Tatort. Margot sei aller Wahrscheinlichkeit nach auf ihren eigenen Trolley gebunden vermutlich vom Dorf her in die Kapelle transportiert worden, so die Erkenntnisse der Spurensicherung. Der eigentliche Reiseinhalt des Fahrkoffers sei jedoch immer noch nicht gefunden. All das nicht zu erzählen, hatte Bürgermeister Hallinger seinem Freund Härmle bei einem Tennis-Bier versprochen.

9
    Der Mann las im zweiten Buch der Makkabäer:

    ›14,41 Schon waren die Truppen dabei, den Turm zu besetzen; sie versuchten, sich den Eingang durch das Hoftor mit Gewalt zu erzwingen, und riefen nach Feuer, um die Türen in Brand zu setzen. Rasi war von allen Seiten umzingelt. Da stürzte er sich in das Schwert;
    14,42 denn er wollte lieber in Ehren sterben als den Verruchten in die Hände fallen und eine schimpfliche Behandlung erfahren, die seiner edlen Herkunft unwürdig war.
    14,43 In der Hast aber hatte er sich nicht sofort tödlich getroffen; die Männer stürmten bereits durch die Türen herein. Da lief er mutig hinauf auf die Mauer und stürzte sich entschlossen auf die Menge hinab.
    14,44 Weil diese sofort zurückwich, entstand ein freier Raum, und er fiel mitten auf den leeren Platz.
    14,45 Doch er lebte immer noch; in höchster Erregung erhob er sich, während das Blut in Strömen aus seinen schrecklichen Wunden schoss, durchbrach im Laufschritt die Menge und stellte sich auf einen steil abfallenden Felsen.
    14,46 Fast schon verblutet, riss er sich die Eingeweide aus dem Leib, packte sie mit beiden Händen und schleuderte sie auf die Leute hinunter; dabei rief er den Herrn über Leben und Tod an, er möge sie ihm wiedergeben. So starb er.‹

    Er legte das Alte Testament bedächtig auf die Werkbank und fing an, Ordnung in den Holzschopf zu bringen.

    Wann würden die Truppen bei ihm sein? Bald, bestimmt bald. Jeden Tag sind sie mit ihren grün-weißen und silbrig-blauen Legionen im Dorf. Nie würde er sie aufhalten können, das wollte er auch nicht. Er wollte nur Gerechtigkeit.
    Ein Schwert hatte er keins, aber Kreuze. Auf die Mauer könnte er auch klettern, wenn etwas schiefging. Aber man braucht für das eigene Ende mehr Mut als für das Ende der anderen. Beim zweiten Mal ging es schon viel leichter, der Alte war vor Schreck umgefallen, als er ihn sah. Er brauchte ihm nur noch das Kreuz in die Brust hämmern, das ging einfach. Man benötigt nur das richtige Werkzeug.

    Er ging daran, den Hammer zu reinigen, ein paar kleine dunkle Spritzer an Stiel und Kopf störten ihn. Zuerst entfernte er die bräunlichen Flecken am hellen Holzstiel mit dem Fingernagel, danach nahm er einen öligen Lappen und rieb zärtlich den schweren Kopf des Werkzeugs. Nach getaner Arbeit suchte er nicht lange im hinteren Teil des Schopfes, er fand ein schlichtes Eisenkreuz, wog es fachmännisch in der Hand, spannte es in den Schraubstock, nahm den Winkelschleifer und machte sich an die Arbeit.

10
    Meine Arbeit nötigte mich, am frühen Mittwochnachmittag Philipp in Weingarten an seiner Arbeitsstätte zu besuchen. Als Sozialpädagoge arbeitete er in einer betreuenden integrativen Werkstatt und unterlag somit nicht dem gängigen Schulferienrhythmus. Es war mir klar, dass ich ihn nicht bei seinen Schützlingen fand, die wie immer Starter in Neonröhren einbauten.

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