Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
sie die Stufen hinuntergingen.
    »Dann hättest du um eine zweite bitten müssen. Wirklich, Cassi, so dumm kannst du doch nicht sein.«
    Vor ihrem Zimmer blieb sie stehen und sah zu Thomas auf. »Du hast recht, es tut mir leid. Ich habe wieder mal nicht nachgedacht.«
    »Was geschehen ist, ist geschehen«, sagte Thomas. »Du gehst jetzt ins Bett; ich besorge dir noch eine Tablette.«
    Cassi sah ihm nach, wie er entschlossen den Korridor hinunterschritt, bis er das Schwesternzimmer erreicht hatte. Dann ging sie wieder ins Bett, nachdem sie den Computerausdruck auf ihren Nachttisch gelegt, den Morgenrock über die Stuhllehne gehängt und die Hausschuhe von den Füßen gestreift hatte. Jetzt, wo Thomas da war, fühlte sie sich beschützt.
    Als er mit der Tablette zurückkam, blieb er neben dem Bett stehen und sah zu, wie sie sie hinunterschluckte. Dann öffnete er, halb im Scherz, ihren Mund und gab vor, nachschauen zu wollen, ob sie ihm auch wirklich keine Komödie vorgespielt hatte.
    »Das ist eine Verletzung meiner Intimsphäre«, meinte Cassi und entzog ihm das Gesicht.
    »Kinder müssen wie Kinder behandelt werden«, lachte er.
    Er nahm den Computerausdruck und verstaute ihn in deruntersten Schublade des Schreibtischs in der Ecke. »Genug damit für heute. Jetzt wird geschlafen.«
    Er zog sich einen Stuhl ans Bett, schaltete die Nachttischlampe aus und ergriff Cassis Hand. »Versuch dich zu entspannen«, sagte er. »Denk an unseren Urlaub.« Leise beschrieb er ihr den jungfräulichen Strand, das kristallklare Wasser und die warme Tropensonne.
    Cassi lauschte und genoß die Visionen. Bald schon überkam sie die Ruhe. Wenn Thomas da war, brauchte sie keine Angst zu haben. Bei vollem Bewußtsein spürte sie, wie die Tablette zu wirken begann und wie sie allmählich in tiefen Schlaf sank.
     
    Robert war gefangen im Niemandsland zwischen Schlaf und Erwachen. Im Traum hatte er zwischen zwei Mauern gesteckt, die sich unerbittlich auf ihn zubewegten. Immer schmaler wurde der Raum, der ihm blieb. Das Atmen fiel ihm schwer. Verzweifelt versuchte er, dem Grauen zu entkommen, und erwachte.
    Die erdrückenden Wände waren verschwunden, die Nebel des Traums hatten sich aufgelöst. Aber immer noch hatte Robert das Gefühl zu ersticken, als hätte jemand alle Luft aus dem Zimmer abgesaugt.
    Von Panik erfüllt, versuchte er sich aufzurichten, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Seine Arme zuckten, suchten den Knopf für die Nachtschwester. Dann berührte seine rechte Hand eine Gestalt, die schweigend in der Dunkelheit stand. Er war nicht allein!
    »Gott sei Dank«, keuchte er, als er seinen Besucher erkannte. »Irgend etwas stimmt nicht, helfen Sie mir! Ich kriege keine Luft mehr! Ich ersticke, helfen Sie mir!«
    Der schweigende Besucher stieß Robert so heftig in die Matratze zurück, daß die leere Spritze in seiner Hand beinahe zerbrochen wäre. Robert richtete sich erneut auf, packte den Mann bei den Kittelaufschlägen. Seine Beine trommelten gegen das Fußende des Betts. Ein metallisches Klirren entstand. Er versuchte zu schreien, aber seine Stimme brachte nur einen heiseren, unzusammenhängenden Laut zustande. Um Robert zum Schweigen zu bringen, ehe das ganze Krankenhaus zusammenlief, beugte sich der Besucher vor und legte ihm die Hand auf den Mund. Robert riß das Knie hoch und rammte es dem Mann gegen das Kinn, so daß die gegeneinanderklirrenden Zähne beinahe die Zungenspitze durchtrennt hätten.
    Der plötzliche Schmerz versetzte den Mann in Wut, und er legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf Roberts Gesicht. Seine Hand preßte den Kopf tief in die Kissen. Roberts Beine zuckten noch ein paar Minuten lang, dann lag er still. Der Mann richtete sich auf und zog langsam seine Hand zurück, als rechnete er damit, daß Robert wieder zu schreien beginnen könne. Aber der junge Pathologe atmete nicht mehr; sein Gesicht wirkte fast schwarz im düsteren Licht.
    Der Mann fühlte sich erschöpft. Er ging ins Badezimmer und spülte sich den Mund aus. Er versuchte nicht zu denken. Was er getan hatte, war für ihn richtig und notwendig gewesen; daran konnte kein Zweifel bestehen. Er gab Leben; er nahm Leben. Letzteres aber nur, um den Nährboden für Gutes in weit größerem Umfang zu schaffen.
    Der Mann erinnerte sich an das erste Mal, als er für den Tod eines Patienten verantwortlich gewesen war. Es lag viele Jahre zurück und fiel in die Zeit, zu der er gerade sein erstes Jahr in der Brustchirurgie verbrachte.
    Auf der

Weitere Kostenlose Bücher