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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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liegende Todesursache. Der Mann hatte sich nach einer by-pass -Operation bei Dr. Ballantine -«
    »Ich würde sagen, das reicht als Todesursache völlig aus«, unterbrach Thomas sie. »Der alte Mann hat seine Nähte wahrscheinlich mitten durch die Koronararterien gelegt und damit die Blutversorgung des Herzens unterbrochen. Wäre nicht das erstemal gewesen.«
    »War das der Eindruck, den du bei dem Wiederbelebungsversuch gewonnen hast?«
    »Es kam mir in den Sinn«, sagte Thomas. »Beispielsweise könnte es sich um akute Arrhythmie gehandelt haben.«
    »Die Schwester hat berichtet, der Patient sei stark blau verfärbt gewesen, als sie ihn fand.«
    Thomas legte den Kamm aus der Hand und gab zu erkennen, daß er bereit sei zum Abendessen. »Das erstaunt mich nicht«, meinte er. »Infolge des Unterdrucks hat die Lunge vielleicht einen festen oder flüssigen Fremdkörper angesaugt, an dem er erstickt ist.«
    Cassi ging voran. Die Autopsie hatte bereits gezeigt, daß die Lungen und Atemwege des Patienten frei gewesen waren, was bedeutete, daß Thomas sich irrte. Da sein Ton aber zu erkennen gab, daß ihn das Thema nicht weiter interessierte, behielt sie ihr Wissen für sich.
    »Ich hatte eigentlich gedacht, die Arbeit in einer neuen Abteilung würde dich auslasten«, sagte Thomas, als er neben ihr die Treppe hinunterging. »Selbst wenn es nur die Psychiatrie ist. Geben sie dir dort nicht genug zu tun?«
    »Mehr als genug«, sagte Cassi. »Noch nie in meinem Leben habe ich mich so überfordert gefühlt. Aber Robert und ich sind diesen PPT-Fällen über ein Jahr lang nachgegangen. Wir wollten unsere Ergebnisse am Ende sogar veröffentlichen. Ich habe der Pathologie zwar dann den Rücken gekehrt, glaube aber immer noch, daß Robert einer heißen Sache auf der Spur ist. Wie auch immer – als er mich heute vormittag anrief, habe ich mir die Zeit genommen, ihm einen Besuch abzustatten und der Autopsie beizuwohnen.«
    »Chirurgie ist ein gefährliches Handwerk«, sagte Thomas. »Besonders die Herzchirurgie.«
    »Ich weiß«, sagte Cassi, »aber Robert hat inzwischen siebzehn solcher Fälle, vielleicht achtzehn mit diesem. Vor zehn Jahren trat PPT nur bei Patienten im Koma auf, aber neuerdings scheinen sogar Patienten, die die Operation mit fliegenden Fahnen hinter sich gebracht haben, plötzlich und ohne jeden Grund drauf zugehen.«
    »Wenn du dir überlegst, wie viele Herzoperationen im Memorial durchgeführt werden, muß dir doch klar sein, wie lächerlich gering der Prozentsatz ist, über den du da sprichst«, sagte Thomas. »Die Sterbequote im Memorial liegt weit unter dem Durchschnitt, wahrscheinlich ist sie sogar die niedrigste im ganzen Land.«
    »Das weiß ich schon«, sagte Cassi. »Aber es ist trotzdem interessant, vor allem, wenn man die Tendenz bedenkt.«
    Thomas packte Cassis Arm. »Hör mal, ich finde es schon schlimm genug, daß du dich auf Psychiatrie spezialisieren willst, aber versuch jetzt nicht noch, die chirurgische Abteilung mit ihren Fehlern zu kompromittieren. Wir wissen selbst sehr genau, wann wir etwas falsch gemacht haben. Deshalb haben wir auch eine Exituskonferenz.«
    »Es war nie meine Absicht, dir Schwierigkeiten zu bereiten«, sagte Cassi. »Davon abgesehen ist die PPT-Studie Roberts Baby. Heute vormittag habe ich ihm gesagt, daß er ohne mich weitermachen müßte. Ich finde es lediglich interessant.«
    »Das Konkurrenzdenken innerhalb der Medizin läßt die Fehler anderer immer außerordentlich interessant erscheinen«, sagte Thomas, wobei er Cassi sanft durch den Türbogen ins Eßzimmer führte, »egal, ob es sich tatsächlich um Fehler handelt oder um Gottesfügung.«
    Cassi wurde es auf einmal mulmig, als sie über das wahre Wesen ihres Mannes nachdachte. In diesem Licht hatte sie ihn noch nie gesehen, und ein häßlicher moralischer Zweifel ließ nicht locker.
    Als sie das Eßzimmer betraten, warf Harriet ihnen einen mürrischen Blick zu und nörgelte, sie hätten sich verspätet.
    Patricia Kingsley hatte bereits am Tisch Platz genommen. »Wurde auch langsam Zeit, daß ihr zwei aufkreuzt«, krächzte sie mit ihrer lauten, heiseren Stimme. »Ich bin eine alte Frau. Ich kann nicht so lange auf mein Abendessen warten.«
    »Warum hast du nicht schon früher gegessen?« fragte Thomas und setzte sich.
    »Ich bin jetzt zwei Tage ganz allein gewesen«, beklagte sich Patricia. »Ich wollte mal wieder unter Menschen sein.«
    »Ich bin demnach kein menschliches Wesen?« erkundigte sich Harriet

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