Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
ihr einen Schreck ein, so daß sie sich auf die Seite drehte, nur um auf der Wand gegenüber dem Fenster denselben furchteinflößenden Schatten zu entdecken. Ob Thomas irgendwelche Drogen nahm? Nachdem sie diese Möglichkeit nun einmal eingeräumt hatte, wurde ihr klar, daß sie die Anzeichen monatelang übersehen hatte. Es konnte sich nur um ein weiteres Symptom dafür handeln, daß Thomas unglücklich mit ihr war und ihr Leben sich drastisch verändert hatte.
     
    Im Badezimmer neben seinem Arbeitsraum stand Thomas vor dem Spiegel und starrte seinen nackten Körper an. So ungern er es zugab: er sah älter aus. Beunruhigender als das aber war sein zusammengeschrumpftes Glied. Wenn er sich selbst berührte, fühlte er sich fast taub an, und dieses Fehlen jeglichen Gefühls jagte ihm Angst ein. Irgend etwas war mit ihm sexuell nicht in Ordnung, aber was? Als Cassi ihn massiert hatte, war der Drang in ihm erwacht, sich von seiner sexuellen Spannung erlösen zu lassen. Aber ganz offensichtlich hatte sein Glied andere Vorstellungen.
    Es mußte an Cassi liegen, sagte er sich halbherzig, während er ins Arbeitszimmer zurückging und sich wieder anzog. Er frischte seinen Drink auf und setzte sich an den Schreibtisch. Fast automatisch kam der Griff nach der zweiten Schublade auf der rechten Seite, in der sich ganz hinten, verborgen unter seinem Briefpapier, eine Reihe kleiner Plastikdöschen befand. Wenn er in dieser Nacht überhaupt Schlaf finden wollte, brauchte er noch eine Pille. Nur eine! Er schob sie sich in den Mund und spülte sie mit Scotch hinunter. Es war erstaunlich, wie schnell er die beruhigende Wirkung verspürte.

 
4
     
    Am nächsten Morgen injizierte Cassi sich ihr Insulin und frühstückte, ohne Thomas zu Gesicht bekommen zu haben. Um acht fing sie an, sich Sorgen zu machen. Normalerweise gingen sie samstags um Viertel nach acht aus dem Haus, damit Thomas noch einen Blick auf seine Patienten werfen konnte, bevor die Große Konferenz begann, und Cassi genug Zeit für ihre eigene Arbeit blieb.
    Sie legte den Artikel, den sie beim Frühstück gelesen hatte, aus der Hand, zog den Gürtel ihres Hausmantels fest und ging vom Frühstückszimmer den Korridor hinunter bis zur Tür des Arbeitszimmers, wo sie stehenblieb und lauschte. Nicht das geringste Geräusch. Sie klopfte leise und wartete. Noch immer nichts. Sie drückte die Klinke hinunter. Die Tür war unversperrt. Thomas lag in tiefstem Schlaf auf der Couch, den Wecker in der Hand. Offenbar hatte er ihn ausgeschaltet und war gleich anschließend wieder eingeschlafen.
    Cassi schüttelte ihn sanft. Er reagierte nicht. Sie schüttelte ihn etwas fester, und die geschwollenen Lider seiner rotgeränderten Augen öffneten sich, aber er schien Cassi nicht zu erkennen.
    »Entschuldige, daß ich dich wecke, aber es ist schon nach acht, und du willst doch bestimmt an der Großen Konferenz teilnehmen, oder?«
    »Große Konferenz?« fragte Thomas verwirrt. Dann schien er zu begreifen. »Natürlich will ich daran teilnehmen. Ich bin in ein paar Minuten fertig. Spätestens um zwanzig nach können wir los.«
    »Ich fahre nicht mit in die Klinik«, sagte Cassi, so munter sie konnte. »In der Psychiatrie werde ich heute nicht gebraucht, und ich muß noch unheimlich viel lesen. Ich habe mir einen ganzen Berg Fotokopien nach Hause mitgebracht.«
    »Mach’s dir gemütlich«, sagte Thomas. »Ich habe heute abend Bereitschaftsdienst, so daß ich noch nicht weiß, wann ich nach Hause komme. Ich rufe dich an und sage dir Bescheid, ja?«
    Cassi nickte. Dann ging sie in die Küche, um Thomas etwas herzurichten, das er im Auto essen konnte.
    Thomas blieb noch einen Moment auf der Couch sitzen. Der Raum drehte sich um ihn. Er wartete, bis er wieder scharf sah. Jeder Pulsschlag drohte seinen Kopf zu sprengen. Er stolperte zu seinem Schreibtisch, wo er eins seiner Plastikdöschen aus der Schublade nahm. Dann verschwand er im Badezimmer.
    Während er eine der kleinen orangefarbenen, dreieckigen Pillen aus dem Behälter zu schütteln versuchte, vermied er es, in den Spiegel zu sehen. Erst nachdem er mehrere Pillen fallen gelassen hatte, gelang es ihm, eine davon in den Mund zu schieben und hinunterzuschlucken. Nun endlich wagte er es, sein Spiegelbild zu betrachten. Er sah gar nicht so schlecht aus,wie er befürchtet hatte, nicht einmal so schlecht, wie er sich fühlte. Er nahm eine weitere Pille, stellte sich unter die Dusche und ließ das kalte Wasser auf sich niederprasseln.
     
    Vom

Weitere Kostenlose Bücher