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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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gefunden zu haben. Es wäre vielleicht doch leichter gewesen, die Situation zu ignorieren. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich letzten Endes doch nur um ein temporäres Problem, und wenn sie etwas zu ihm sagte, würde er sich nur aufregen.
    »Du mußt etwas tun«, sagte sie halblaut und versuchte einen Entschluß zu fassen. So lächerlich es schien: der einzige Mensch, der für Thomas eine gewisse Autorität besaß, war seine Mutter. Obwohl es Cassi widerstrebte, mit irgend jemand über die Angelegenheit zu sprechen, konnte sie bei Patricia wenigstens sichergehen, daß sie nie gegen das Interesse ihres Sohns handeln würde. Nachdem sie die Vor- und Nachteile abgewogen hatte, beschloß Cassi, mit ihrer Schwiegermutter zu reden. Wenn Thomas schon längere Zeit von der Droge abhängig war, sollte man etwas unternehmen.
    Als erstes mußte sie sich präsentabel machen. Sie zog Morgenrock und Nachthemd aus und ging unter die Dusche.
     
    Es machte Thomas Spaß, auf der Großen Konferenz – oder genauer: der Großen Runde – Fallstudien zu präsentieren. Andiesem Samstagmorgentreffen nahmen nicht nur die gesamte Innere Medizin und die Chirurgie teil, sondern auch alle Assistenten und Studenten. Heute war das MacPherson-Amphitheater so voll, daß die Leute sogar auf den Stufen saßen, die vom Podium zu den Ausgängen des Hörsaals hinaufführten. Thomas war immer für einen Massenauflauf gut, selbst wenn er sich, wie heute, die Zeit mit George Sherman teilen mußte.
    Als Thomas seinen Vortrag mit dem Titel »Langfristige Nachversorgung von Patienten mit künstlichen Gefäßen im Gebiet der corona cordis« beendete, brach das gesamte Publikum in frenetischen Beifall aus. Allein das Volumen seiner Arbeit reichte schon aus, um jeden zu beeindrucken; wenn man dann aber noch seine hervorragenden Ergebnisse in Betracht zog, schien er eine geradezu übermenschliche Bilanz vorlegen zu können.
    Als der Applaus verklungen war, fügte Thomas ergänzend hinzu: »Ich denke, nach den Statistiken, die ich Ihnen heute vorgelegt habe, kann es nicht mehr die geringsten Zweifel an der Effektivität von by-pass -Operationen im Gebiet der Coronargefäße geben.«
    Er sammelte seine Papiere zusammen und setzte sich auf einen Stuhl an dem Tisch hinter dem Podium, gleich neben George Sherman. George sprach zum Thema »Ein interessanter Lehrfall«.
    Kaum hatte er den Titel gehört, entfuhr Thomas ein lautloses Stöhnen, und er blickte sehnsüchtig zum Ausgang hinüber. Seit seiner Ankunft in der Klinik wurde er von stechenden Kopfschmerzen geplagt, deren Intensität von Minute zu Minute zunahm. Was für ein albernes Thema, dachte er. Mit wachsender Gereiztheit sah er zu, wie George ans Podium trat und ins Mikrophon blies, um sicherzugehen, daß es funktionierte. Damit nicht genug, klopfte er auch noch mit dem Siegelring seiner linken Hand gegen die Membrane. Endlich zufriedengestellt, begann er seinen Vortrag.
    Bei dem interessanten Fall handelte es sich um einen achtundzwanzigjährigen Mann namens Jeoffry Washington, der seit seinem zehnten Lebensjahr an Gelenkrheumatismus litt und während der Anfangszeit dieses schweren Leidens längere Zeit im Krankenhaus gewesen war. Nach Abklingen der akuten Symptome hatte der behandelnde Arzt ein lautes, holosystolisches Herzflimmern festgestellt, das auf eine ernsthafte Schädigung der Mitralklappe schließen ließ. Im Laufe der Jahre war das Leiden immer stärker geworden, bis zu dem Punkt, an dem sich eine Operation nicht mehr umgehen ließ.
    Jetzt wurde Jeoffry Washington in den Hörsaal gerollt und dem versammelten Auditorium vorgeführt. Es handelte sich um einen schmächtigen Farbigen mit scharf geschnittenen Gesichtszügen, leuchtenden Augen und eichenholzfarbener Haut. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und starrte zu den zahllosen Gesichtern hoch, die auf ihn herabsahen.
    Als der junge Farbige wieder hinausgerollt wurde, kreuzte sich sein Blick zufällig mit dem von Thomas. Jeoffry nickte und lächelte. Thomas nickte ebenfalls. Der junge Mann tat ihm leid, aber seine Geschichte war bei aller Tragik keinesfalls ungewöhnlich. Er selbst hatte Hunderte von Patienten mit der gleichen Krankengeschichte behandelt.
    Nachdem Jeoffry verschwunden war, kehrte George Sherman wieder ans Rednerpult zurück. »Mr. Washington war für eine Herzklappentransplantation vorgesehen, doch bei der Voruntersuchung stießen wir auf eine interessante Tatsache. Der Patient war vor etwa einem Jahr an

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