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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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noch lange nicht zufriedengestellt; an allem nörgelte er herum. Der Schnitt war miserabel angelegt, die Schwestern reichten ihm die Instrumente nicht richtig, die Assistenten standen ihm im Weg herum, und der Anästhesist war »völlig unfähig«. Wie es der Zufall wollte, geriet Thomas tatsächlich an einen fehlerhaften Nadelhalter, den er mit solcher Wucht gegen die Wand schmetterte, daß er entzweibrach.
    Larry Owen erlebte solcherlei Unbill nicht zum erstenmal. Was ihn dagegen wirklich aufbrachte, war die Art, wie Thomas operierte. Vom ersten Moment an konnte kein Zweifel daran bestehen, daß er völlig erschöpft war. Die Fehler, die ihm unterliefen, wären nicht einmal einem Anfänger passiert. Am schlimmsten aber war das unkontrollierbare Zittern. Zuzusehen, wie Thomas sich mit einer rasiermesserscharfen Nadel über das Herz beugte und das Instrument zu dem winzigen Stück Rosenvene zu lenken versuchte, das er an das Blutstammgefäß nähen wollte, hätte beinahe Owens eigenes Herz stillstehen lassen.
    Vage hatte er gehofft, das Zittern würde im Verlauf des Vormittags vielleicht vergehen. Statt dessen war es nur schlimmer geworden.
    »Wollen Sie, daß ich dieses Stück annähe?« fragte Larry verschiedentlich. »Ich kann von meinem Platz aus etwas besser sehen.«
    »Wenn ich Ihre Hilfe brauche, werde ich Sie darum bitten«, lautete jedesmal die Antwort.
    Irgendwie brachten sie die ersten beiden Fälle mit halbwegs passabel angenähten Umgehungswegen hinter sich, und die Patienten konnten wieder von der Herz-Lungen-Maschine genommen werden. Aber Larry wagte nicht, an den dritten Fall zu denken, einen Mann von achtunddreißig Jahren mit zwei kleinen Kindern. Er hatte die Brust des Patienten geöffnet und wartete darauf, daß Thomas aus dem Casino zurückkehrte. Er schwitzte heftig. Als Thomas schließlich durch die Tür des OP platzte, verknotete sich Larrys Magen vor Angst.
    Anfangs ging alles einigermaßen gut, obwohl Thomas immer noch stark zitterte und seine Frustrationsschwelle eher niedriger zu sein schien als vorher. Das Team, obwohl bereits ermüdet von den beiden vorangegangenen Fällen, versuchte alles, um ihm nicht in die Quere zu kommen. Larry fiel dabei die schwierigste Rolle zu, denn er mußte soviel wie möglich vorausahnen und die unkoordinierten Bewegungen des Chirurgen lenken, ohne daß Thomas sich dagegen wehrte. Der eigentliche Ärger aber begann erst, als sie anfingen, die Umgehungen anzunähen. Larry konnte einfach nicht zusehen, wie Thomas den zitternden Nadelhalter auf das Herz zuführte, und wandte den Kopf ab. »Verdammt noch mal!« brüllte Thomas. Entsetzt sah Larry, daß Thomas sich die Nadel in den eigenen Zeigefinger gestochen hatte und nun seine Hand zurückzog, wobei er auch noch einen der Katheter herausriß, die das Blut des Patienten zur Herz-Lungen-Maschine leiteten. Als hätte jemand einen Wasserhahn aufgedreht, füllte sich die Wunde mit Blut. In Sekundenschnelle waren die sterilen Tücher durchweicht, das Blut tropfte auf den Boden.
    Verzweifelt stieß Larry seine Hand in die Wunde und tastete blindlings nach der Klammer, mit der die Naht an der Vena cava verschlossen war. Glücklicherweise fand er sie auf den ersten Griff und lockerte sie mit einem heftigen Ruck. Der Blutverlust ging zurück.
    »Wenn ich ein besseres Team gehabt hätte, wäre das gar nicht erst passiert«, schnauzte Thomas, riß sich die Nadel aus dem Finger und ließ sie zu Boden fallen. Er trat vom Operationstisch zurück und begutachtete seine verletzte Hand.
    Es gelang Larry, das Blut aus der Wunde abzusaugen. Während er den Katheter der Herz-Lungen-Maschine wieder einsetzte, überlegte er fieberhaft, was er nun tun sollte. Thomas war absolut nicht mehr in der Lage, weiterzuoperieren; ihm das zu sagen hätte aber bedeutet, beruflichen Selbstmord zu riskieren. Schließlich traf er eine Entscheidung. Er konnte die Anspannung einfach nicht mehr ertragen. Nachdem er das Operationsfeld gesichert hatte, ging er zu Thomas, der sich gerade von der Springschwester ein Paar neuer Handschuhe reichen ließ.
    »Entschuldigen Sie, Dr. Kingsley«, sagte er mit aller Autorität, zu der er fähig war, »Sie haben einen anstrengenden Tag hinter sich. Es tut mir leid, daß wir nicht mehr auf Draht waren. Sie sind erschöpft, und ich übernehme ab hier. Sie brauchen sich keine neuen Handschuhe anzuziehen.«
    Einen Augenblick lang dachte Larry, Thomas würde ihm eine Ohrfeige verpassen, aber er zwang sich,

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