Gottspieler
Namensschild aus Plastik befestigt war. »Ich bin zu einer statistischen Größe geworden.«
»Vielleicht hilft es dir, wenn ich dir sage, daß dein Mut auf mich abgefärbt hat. Ich bin morgen an der Reihe.«
Roberts Miene wurde ernst und teilnahmsvoll. »Jetzt komme ich mir wie ein Idiot vor. Du hast eine Augenoperation vor dir, und ich mache wegen ein paar Zähnen Theater.«
»Narkose ist Narkose«, meinte Cassi.
»Ich glaube, deine Entscheidung war richtig«, sagte Robert. »Und ich habe das Gefühl, daß deine Operation ein voller Erfolg wird.«
»Und wie stehen deine Chancen?« scherzte Cassi.
»Tja … fünfzig zu fünfzig vielleicht«, antwortete Robert lachend. »He, ich muß dir etwas zeigen.«
Er stand auf und ging zum Nachttisch. Er griff nach einer Mappe und nahm an Cassis Seite auf dem Bett Platz. »Mit Hilfe eines Computers habe ich alle Daten, die wir von unseren PPT-Fällen haben, miteinander in Bezug gesetzt und dabei einige interessante Punkte herausgefunden. Erst mal hingen tatsächlich alle Patienten, wie du vermutet hast, am Tropf. Darüber hinaus waren in den letzten beiden Jahren immer häufiger Patienten betroffen, deren physischer Zustand sich längst stabilisiert hatte. Anders ausgedrückt, der Tod kam völlig unerwartet.«
Cassi nickte.
»Ich habe mit den Daten dann ein wenig herumgespielt und sie alle noch mal eingegeben, mit Ausnahme des Faktors Operation. Daraufhin hat der Computer noch ein paar andere Fälle ausgespuckt, einschließlich eines gewissen Sam Stevens. Er starb völlig überraschend bei einer Herz-Katheterisierung. Er war etwas zurückgeblieben, ansonsten aber in ausgezeichneter körperlicher Verfassung.«
»Hing er am Tropf?« fragte Cassi.
»Ja«, antwortete Robert.
Schweigend tauschten sie einen langen Blick.
»Schließlich und endlich«, sagte Robert, »gab der Computerzu verstehen, daß mehr Männer betroffen waren als Frauen. Und seltsamerweise schien sich darunter eine ungewöhnliche Zahl von Homosexuellen zu befinden. Jedenfalls soweit die beschränkten Informationen zu diesem Punkt einen derartigen Rückschluß zulassen.«
Cassi blickte auf und streifte Robert mit einem Seitenblick. Sie hatten nie ausführlich über dieses Thema geredet, und Cassi verspürte auch jetzt kein großes Bedürfnis danach.
»Ich war heute morgen in der Pathologie«, sagte sie, um das Thema zu wechseln. »Dich habe ich zwar verpaßt, aber dafür konnte ich einen Blick auf die Dias von Jeoffry Washington werfen. Als ich mir die Venenteile um die Einstichstelle der Infusionsnadel genauer angesehen habe, ist mir an der Innenseite ein weißer Niederschlag aufgefallen. Zuerst dachte ich, es könnte sich um Kunststoff handeln, aber er fand sich auf allen Teilen bis auf einen. Glaubst du, das könnte von Bedeutung sein?«
Robert schürzte die Lippen. »Nein«, meinte er schließlich. »Wenigstens klingelt bei mir nichts. Das einzige, was mir dazu einfällt, ist, daß ein solcher Niederschlag entsteht, wenn man einer Bikarbonatlösung versehentlich Calcium beimischt, aber das wäre dann in der Infusionsflasche zu sehen, nicht in der Vene. Ich nehme an, der Niederschlag könnte zwar auch in die Vene geraten, aber er wäre in der Flasche so unübersehbar, daß jeder ihn bemerken würde. Vielleicht fällt mir was ein, wenn ich die Dias betrachte. Doch jetzt genug von diesem morbiden Zeug. Erzähl mir von der Party gestern abend. Was hast du angezogen?«
Cassi faßte sich so kurz wie möglich. Natürlich bestand die Wahrscheinlichkeit, daß Robert so oder so von irgendeinem Klatschmaul darüber informiert werden würde, was sich auf der Party ereignet hatte, aber sie wollte es nicht selbst zur Sprache bringen. In gewisser Hinsicht war sie ohnehin überrascht, daß er sich noch gar nicht zu ihren geröteten Augen geäußerthatte. Sonst zeigte er sich immer so aufmerksam. Aber vermutlich – und verständlicherweise – war er vollauf mit seiner bevorstehenden Operation beschäftigt. Ehe sie der Versuchung nachgeben konnte, ihn auch noch mit ihren eigenen Schwierigkeiten zu behelligen, versprach sie, am nächsten Tag wieder hereinzuschauen, und ging.
Larry Owen fühlte sich wie eine zum Zerreißen gespannte Klaviersaite. Thomas Kingsley war an diesem Morgen später als üblich erschienen und hatte ihn vor versammelter Mannschaft heruntergeputzt, weil die Brust des ersten Patienten noch nicht geöffnet war. Obwohl Owen die Prozedur in Rekordzeit nachgeholt hatte, war Thomas damit
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