Gottspieler
gerichtet zu werden, trieb ihn an den Rand des Wahnsinns. Gott sei Dank begann das Percodan, das er vorhin genommen hatte, allmählich zu wirken.
»Ich wüßte gern, wer Ihnen diese absurde und lächerliche Lüge zu Gehör gebracht hat«, gelang es ihm so ruhig wie möglich zu sagen.
»Das spielt keine Rolle. Worauf es ankommt -«
»Für mich spielt es eine Rolle«, unterbrach Thomas Ballantine. »Wenn jemand derart böswillige Verleumdungen in die Welt setzt, sollte er dafür zur Verantwortung gezogen werden. Lassen Sie mich raten: George Sherman.«
»Ganz und gar nicht«, erwiderte Ballantine. »Was mich aber an etwas anderes erinnert: ich habe mich mit George über den bedauerlicher Zwischenfall gestern abend unterhalten. Ihre Anschuldigungen waren ihm absolut schleierhaft.«
»Jede Wette«, sagte Thomas sarkastisch, »alle Welt weiß, daß George Cassi heiraten wollte, bevor sie mich kennengelernt hat. Und dann war ich selbst so dumm, ihnen die beste Gelegenheit zu geben, indem ich so viele Abende in der Klinik verbracht habe …«
»Das hört sich nicht gerade nach hieb- und stichfesten Beweisen an«, sagte Ballantine. »Meinen Sie nicht, daß Sie vielleicht überreagieren?«
»Absolut nicht«, schnappte Thomas und hätte beinahe auf den Boden gestampft. »Sie haben sie doch selbst auf Ihrer Party zusammen gesehen.«
»Alles, was ich gesehen habe, war eine sehr schöne junge Frau, die nur Augen für ihren Mann hatte. Sie können sich glücklich preisen, Thomas. Cassi ist ein ganz besonderer Mensch.«
Thomas war versucht, aufzustehen und zu gehen, aber Ballantine fuhr fort.
»Ich glaube, daß Sie sich selbst zu hart rannehmen, Thomas. Sie arbeiten zu viel. Du meine Güte, was wollen Sie denn eigentlich beweisen? Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann Sie das letztemal einen Tag freigenommen haben.«
Thomas wollte ihm ins Wort fallen, aber Ballantine brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Jeder braucht mal Urlaub. Darüber hinaus haben Sie auch eine Verpflichtung gegenüber Ihrer Frau. Ich habe zufällig erfahren, daß Cassi sich einer Augenoperation unterziehen muß. Finden Sie nicht, daß sie Anspruch auf einen Teil Ihrer Zeit hat?«
Thomas war jetzt relativ sicher, daß Ballantine mit Cassi gesprochen hatte. So unglaublich es klang, sie mußte mit ihren Räuberpistolen auch zu ihm gerannt sein. Nicht genug, daß sie seine Mutter gegen ihn aufhetzen wollte, sie hatte sich auch mit seinem Chef in Verbindung gesetzt. Plötzlich wurde ihm klar, daß sie ihn zerstören konnte. Sie konnte die Karriere ruinieren, die er sein ganzes Leben lang aufgebaut hatte.
Glücklicherweise war sein Selbsterhaltungstrieb stärker als sein Zorn. Er zwang sich, kalt und logisch zu denken, während Ballantine seinen Vortrag mit den Worten: »Ich möchte Ihnen vorschlagen, daß Sie endlich einmal Urlaub nehmen« beendete.
Thomas wußte, daß dem Direktor nichts lieber gewesen wäre, als ihn aus dem Haus zu haben, während das Lehrpersonal ihm seine OP-Zeit kürzte, aber er brachte es tatsächlich fertig zu lächeln.
»Schauen Sie«, sagte er ruhig, »ich glaube, das Ganze hat sich etwas verselbständigt. Vielleicht habe ich wirklich zu hart gearbeitet, aber nur, weil gar so viel zu tun war. Was nun Cassandras Auge angeht, so ist es ganz selbstverständlich, daß ich ihr mehr Zeit widmen werde, sobald sie sich operieren läßt. Aber es ist wirklich allein Obermeyers Aufgabe, ihr zu sagen, was sie bezüglich Ihrer Netzhaut tun oder lassen soll.«
Ballantine wollte etwas sagen, aber Thomas ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Ich habe Ihnen zugehört, jetzt müssen Sie mich auch meinen Standpunkt vertreten lassen. Kommen wir zu diesen Tabletten, die ich angeblich im Übermaß nehme. Sie wissen, daß ich keinen Kaffee trinke, weil er mir nicht bekommt, und deswegen schlucke ich hin und wieder eine Dexedrine, zugegeben. Die Wirkung, das wissen Sie, ist nicht anders als die von Kaffee, außer daß man das Zeug nicht mit Milch oder Sahne verdünnen kann. Ich weiß, daß sich mit Tablettenkonsum gewisse gesellschaftliche Implikationen verbinden, besonders wenn eskapistische Gründe vorliegen, aber ich greife nur gelegentlich zu einer Pille, um effektiver arbeiten zu können. Auch Percodan oder Talwin nehme ich von Zeit zu Zeit. Seit meiner Kindheit habe ich einen Hang zur Migräne. Ich bekomme sie nicht oft, aber wenn, dann ist Percodan oder Talwin das einzige, was hilft. Mal das eine, mal das andere. Und
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