Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion
wärst«, meinte er, »Würde ich nichts von dem edlen Zeug verschenken. Aber du bist mein Freund, nicht wahr? Na also.« Dann schraubte er das Fläschchen wieder zu.
Baskakoff hatte mit viel Mühe die nötigen Leute zum Fassen aufgetrieben. Die andern stießen am Wagen und ruckten, daß dem armen Korporal die Deichsel in den Rücken fuhr. Todd war dabei. Während sie zum Weinschuppen gingen, um die kleinen Fäßchen zu füllen, schlich Pierrard heran und verlangte flüsternd die Füllung seiner Feldflasche.
Lös nahm Todd beiseite. Er wisse doch, sagte er, daß er eine kleine Freundin im Ksar habe. Nun, diese warte auf ihn.
Ob er, Todd, nicht so gut sein wolle, über die Mauer zu springen und dem Mädchen zu sagen, daß er diese Nacht nicht kommen könne?
Todd wiegte den Kopf wie ein jüdischer Trödler, dem jemand einen zerrissenen Regenmantel zu einem übertriebenen Preis angeboten hat. Er stieß einige saugende ›Z‹-Laute aus und meinte tadelnd: »Immer kommen die Leute zu mir, wenn es irgend ein stinkendes Geschäft zu machen gibt. Und wenn ich geschnappt werde, was dann? Ich bin noch ein Neuer, und der Alte kennt mich noch nicht. Na, schließlich ist es gleichgültig, morgen geht es auf den Marsch, da werd' ich schon keine Prison erwischen.«
Lös drückte ihm einen zusammengefalteten Zehnfrankenschein in die Hand, den Todd mißtrauisch betrachtete. Etwas wie Traurigkeit schien in seinem Gesicht aufsteigen zu wollen. Doch dann zuckte er die Achseln und verschwand über die Mauer. »Nicht dort«, wollte Lös rufen, da war der andere schon verschwunden.
In der Bäckerei schwitzte Frank vor dem Backofen.
»Hast kan' Wein, Korporal?« war seine Begrüßung, als Lös eintrat. Lös mußte lächeln. Es schien ihm, als habe er seine bevorzugte Stellung im Posten einzig den Schlüsseln zum Weinkeller zu verdanken. Vor einer Woche hatte sich der Russe Artimov mit dem Ungarn Sekelö geprügelt, weil beide gern in der Verpflegung Ordonnanz geworden wären. Schließlich hatte Sekelö gesiegt. Aber man sah ihn selten. Er kam eigentlich nur, wenn er sehr großen Durst hatte, wusch dann schnell Lös' Wäsche, die Zeno übrig gelassen hatte, um sich hernach dem stillen Trunk ergeben zu können.
Eben als Lös den Wein holen wollte, wankte eine armselige Gestalt zur Türe herein: der kleine Schneider. Er schlotterte. Frank schabte seine Hände ab, die mit Teig überzogen waren.
»Du armes Hascherl«, sagte er, »hast Fieber. Ja, ja, wenn man net g'sund ist, hat man nix zu lachen. Geh, komm her zum Ofen; der Korporal bringt dir ein Wein, den machen ma heiß mit Zucker, und dann kannst schwitzen. Wirst morgen marschieren müssen?«
»Der Schützendorf hat mich fortgeschickt und gesagt, daß ich die ganze Sektion demoralisiere. Aber ich kann doch nichts dafür, daß ich krank bin, und keiner glaubt mir's. Krank kann ich mich auch nicht melden, der Major kommt erst in vierzehn Tagen, und der Sanitäter hat nicht einmal ein Fieberthermometer.«
»Wann wird das Brot fertig sein?«
»Bald, bald, Korporal, aber vergiß mein Wein net.«
Lös nahm den kleinen Schneider mit auf sein Zimmer, brachte ihm heißen gezuckerten Wein und deckte ihn mit zwei alten Mänteln und den Decken zu. Er ging in die Bäckerei zurück, die Lämmer waren fertig gebacken. Er zerteilte sie, verpackte sie in frischgewaschene Säcke. Dann stieg er die Treppe zum Turm empor.
Der Capitaine trug eine alte, verbogene Stahlbrille, die er auf seinen kurzgeschorenen Schädel schob, als Lös eintrat. In einer Ecke packte Samotadji einen kleinen rechteckigen Koffer. Währenddessen vernähte der Capitaine einen Riß an einem alten blauen Hemd.
»Wir sind nicht reich, mein Kleiner«, so empfing er Lös, »und können es uns nicht leisten, kleinen Mädchen neue Kleider zu schenken. Und unsere Ordonnanz ist stets so beschäftigt, daß sie keine Zeit zum Flicken hat. Nun, wir können sie auch nicht allzu hoch bezahlen. Wir müssen eben unsere alten Kleider austragen, weil wir daheim eine Familie haben, die auch leben will. Wir können unserer Ordonnanz nur fünf Franken im Monat geben. Aber er wird belohnt werden, der Samotadji. Wir werden ihn zum Korporal vorschlagen, wenn wir nach Frankreich zurückkehren. Und was bringst du denn da?«
Er betrachtete das helle Lamm eingehend, zupfte eine Faser Fleisch ab und kaute schmatzend daran.
»Du willst mich wohl bestechen, he? Damit ich dich hier lasse? Oder ist es als Versöhnungsopfer gedacht? Hast wohl Angst,
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