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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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und stärkeren Menschen gemacht. Ja, ich hatte sie geliebt, und es war eine leidenschaftliche Liebe gewesen, aber vor allem hatte sie die Fähigkeit gehabt, das Beste aus mir herauszuholen. Ich war neurotisch und unsicher gewesen, einer der ganz wenigen auf der Universität, die eine finanzielle Unterstützung für das Studium bekommen hatten, und dann war ich ihm begegnet, diesem fast perfekten himmlischen Wesen, das irgendetwas in mir gesehen hatte. Wie hatte das sein können? Wie konnte ich grässlich und wertlos sein, wenn ein so fabelhaftes Wesen mich liebte?
    Jane war mein Fels in der Brandung. Und dann ist sie krank geworden. Mein Fels fing an zu bröckeln. Und ich mit ihm.
    Ich fand die Fotos aus diesem längst vergangenen Sommer. Von Lucy waren keine dabei. Die hatte ich klugerweise schon vor Jahren weggeworfen. Wir hatten auch unsere Lieder gehabt  – Cat Stevens, James Taylor –, so süßliches Zeug, dass einem schlecht davon wird. Ich kann sie mir kaum anhören. Immer noch nicht. Bis heute. Ich passe auf, dass sie gar nicht erst in die Nähe meines iPods kommen. Wenn sie im Radio laufen, wechsele ich blitzschnell den Sender.
    Ich blätterte einen Stapel Bilder aus jenem Sommer durch. Auf den meisten war meine Schwester. Eins war drei Tage vor ihrem Tod entstanden. Doug Billingham, ihr damaliger Freund, stand neben ihr. Er kam aus einer reichen Familie. Mom hatte es natürlich toll gefunden. Im Camp war eine seltsame Mischung aus privilegierten und armen Kindern aufeinandergetroffen. Oberschicht und Unterschicht waren wild durcheinandergewürfelt. Und genau das war Iras Absicht, genau das wollte Lucys vergnügungssüchtiger Hippie-Dad.

    Margot Green, noch ein Kind aus gutem Hause, war mittendrin. Das war sie immer gewesen. Sie war der heiße Feger im Camp gewesen, und das hatte sie auch weidlich ausgenutzt. Sie war blond und vollbusig und wusste das einzusetzen. Sie war immer mit älteren Jugendlichen ausgegangen, zumindest bis sie Gil begegnet war, und den Normalsterblichen um sie herum kam Margots Leben wie eine Fernsehshow vor, ein Melodram, dem wir alle fasziniert folgten. Ich sah ihr Foto an und stellte mir vor, wie sie mit durchschnittener Kehle ausgesehen haben musste. Ich schloss für einen Moment die Augen.
    Gil Perez war auch auf dem Foto. Und deshalb war ich hier.
    Ich hielt das Foto ins Licht und sah es mir genauer an.
    Oben war mir etwas eingefallen. Ich bin Rechtshänder, aber wenn ich Gil aus Spaß auf den Arm geschlagen hatte, hatte ich das mit links getan. Ich hatte es getan, um die eklige Narbe nicht zu berühren. Natürlich war sie verheilt, trotzdem hatte ich Angst gehabt, sie zu berühren. Vielleicht hatte ich gefürchtet, sie könnte reißen und das Blut würde heraussprudeln. Also habe ich Gil immer mit der linken Hand auf den rechten Arm geschlagen. Ich kniff die Augen zusammen und hielt das Foto näher davor.
    Unter dem T-Shirt sah man die Narbe hervorschauen.
    Der Raum fing an, sich zu drehen.
    Mrs Perez hatte behauptet, die Narbe ihres Sohnes wäre auf dem rechten Arm gewesen. Aber dann hätte ich ihn mit rechts geschlagen und folgerichtig seine linke Schulter getroffen. Aber das hatte ich nicht. Ich hatte ihn mit links geschlagen … und zwar auf die rechte Schulter.
    Da hatte ich den Beweis.
    Gil Perez’ Narbe war auf dem linken Arm.
    Mrs Perez hatte gelogen.
    Und jetzt musste ich herausfinden warum.

7
    Als ich am nächsten Morgen ins Büro kam, hatte ich noch eine halbe Stunde Zeit, bis Chamique Johnson, das Opfer, im Zeugenstand erscheinen musste. Ich ging meine Notizen noch einmal durch. Um neun reichte es mir. Also rief ich Detective York an.
    »Mrs Perez hat gelogen«, sagte ich.
    Er hörte sich meine Erklärung an.
    »Gelogen?«, wiederholte York, als ich fertig war. »Finden Sie den Begriff nicht etwas hart?«
    »Wie würden Sie es nennen?«
    »Vielleicht hat sie sich einfach geirrt?«
    »Sie hat sich darin geirrt, an welchem Arm ihr Sohn eine große Verletzung erlitten hatte?«
    »Klar, wieso nicht? Sie hatte ja schon gesehen, dass er es nicht war. Das ist doch ganz normal.«
    Das konnte ich mir nicht vorstellen. »Haben Sie was Neues in dem Fall?«
    »Wir glauben, dass Santiago in New Jersey gewohnt hat.«
    »Haben Sie seine Adresse?«
    »Nein, aber wir haben seine Freundin. Zumindest glauben wir, dass sie seine Freundin war. Auf jeden Fall eine Bekannte.«
    »Wie haben Sie die gefunden?«
    »Über das Wegwerfhandy. Sie hat angerufen und wollte ihn

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